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Fridays for Future gegen KonzerneScharfe und stumpfe Waffen

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Die Öffentlichkeit, die Fridays for Future bekommt, hilft nur bedingt. Was Unternehmen trifft, sind nicht Argumente, sonder ein teurer CO2-Ausstoß.

Wut kann viel von unten verändern – die Politik muss aber von oben mitziehen Foto: Unsplash/Markus Spiske

ffentlichkeit ist im Ringen um mehr Klimaschutz ein einschneidiges Schwert: Auf der einen Seite scharf, auf der anderen stumpf. Fridays for Future denken nun darüber nach, es gegen die Unternehmenswelt zu zücken, weil die Politik zu lahm ist. Der Fall Siemens scheint in der Bewegung als Erfolg gewertet worden zu sein, obwohl er keiner ist: Er zeigt, dass Öffentlichkeit auch verpuffen kann.

Jedes Unternehmen setzt sich mit Reputationsrisiken auseinander, also damit, dass die eigene Marke an Glanz und damit an Wert verliert, weil sie mit Sauereien verbunden wird. Das kann fatal sein, muss aber nicht: Die Absatzzahlen von VW sind super, obwohl der Konzern massenweise Kund*innen betrogen hat. Auf jeden Fall steht in Zeiten permanenter Proteste für mehr Klimaschutz mangelnder Klimaschutz auf der Liste der Reputationsrisiken ganz oben.

Wenn zornige Schüler*innen vor dem Werkstor demonstrieren, wenn die Mitarbeiter*innen sich beim Abendessen gegenüber ihren Kinder rechtfertigen müssen, in was für einem Drecks­laden sie arbeiten, wenn die Konzernspitze selbst gar das Gewissen plagt – all das bringt was. Vor allem wenn der Protest nur längst vorhandenes Wissen über Klimasauereien eine Bühne verschafft. Wissen, dass NGOs jahrzehntelang in mühevoller Kleinarbeit recherchiert haben.

Und trotzdem ist das Schwert auch stumpf: Gegen wie viele Unternehmen will man denn demonstrieren? Die Liste derer, die es verdient hätten, ist lang, sehr lang – im Endeffekt können Fridays for Future allenfalls Showprozesse veranstalten. Was die Unternehmenswelt derzeit am meisten bewegt, sind nicht wütende Schüler*innen, sondern die Tatsache, dass CO2-Ausstoß immer teurer wird. Weil Staaten das politisch so beschlossen haben. In dem Spiel sind die Fridays ein Faktor, der den Wandel beschleunigt, in dem Gesetze härter werden, Unternehmen sich ändern und wiederum härtere Gesetze gefordert werden. Aber sie werden gegen global agierende Unternehmen keine Wunder bewirken.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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5 Kommentare

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  • CO2 lässt sich nicht weg lutschen wie ein Bonbon. Es klebt Jahrhunderte an den Zähnen. Man muss die verbleibende Gesamtmenge des CO2 Budgets und das verbleibende Zeitfenster komplett ignorieren, wenn man das Regulativ des Marktes so abfeiert, wie Sie es tun Herr Arzt.

    Mit den Milliarden zur Subventionierung und für die Kaufanreize der z u s ä t z l i c h e n E-Mobilität, den 100 Milliarden zum p a r a l l e l e n Aufbau von "Ersatzindustrie und -gewerbe" nebst Infrastrukturen wird schon heute und für Jahre im Voraus der möglicherweise steigende CO2 Preis an die Unternehmen überwiesen. Mit diesen Milliarden wird h e u t e CO2 z u s ä t z l i c h freigesetzt, obwohl h e u t e der CO2 Ausstoß reduziert werden müsste.

    Es wäre nett, wenn Sie aufhören würden den FfF altväterlich über den Kopf zu tätscheln, und sie an das marktkonforme Wachstums und "Weiter so" Geschwätz aus Politik und Unternehmen zu verweisen.

  • Andererseits sorgen die Unternehmen "hintenrum" dafür, dass CO2 so teuer doch nicht wird: indem sie ihre Proxies in Regierungen positionieren, indem sie die öffentliche Meinung beeinflussen, etc. etc.

    Somit bleibt (abgesehen von Gewalt, und die wollen wir alle nicht) für FfF nicht viel anderes als Öffentlichkeit. Mit der scharfen *und* mit der stumpfen Seite.

    Oder haben Sie eine bessere Idee?

    • @tomás zerolo:

      Die nächste Welle wird gegen die Stumpf-KonsumentInnen anrollen - vor den großen Supermärkten, konzertiert und per TV-Ringschaltung, und parallel in den SozMedien, bundesweit verbreitet.

      • @Dieter HEINRICH:

        Aber nun scheint hier die Luft raus zu sein - wir sehen uns vor dem Supermarkt.....

    • @tomás zerolo:

      Genau.

      Und zum Artikel: nope