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Freizeitbahn verliert RechtsstreitDraisine von den Gleisen gekickt

Ein Bundesgericht erklärt die Bahn in Schleswig-Holstein für unzulässig. Der Betreiber müsste Loks fahren lassen, hatte das Land gefordert.

50.000 Leute fahren jährlich mit der lauenburgischen Draisine Foto: Erlebnisbahn Ratzeburg

HAMBURG taz | Kurz vor dem Entgleisen steht die Erlebnisbahn Ratzeburg. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag die Revision von Betreiber Oliver Victor gegen eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig zurückgewiesen. Somit hat Schleswig-Holsteins Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) die Genehmigung für den Draisinenbetrieb auf der knapp 14 Kilometer langen Trasse zwischen Ratzeburg und Hollenbek im Naturpark Lauenburgische Seen zu Recht widerrufen.

Damit droht ein sieben Jahre währender Rechtsstreit zwischen dem Landesbetrieb und dem Freizeitunternehmer ein böses Ende zu nehmen. „Das Urteil ist eine Katastrophe für mich“, sagt Victor, der auch Auswirkungen auf andere Draisinenbetreiber in Deutschland befürchtet. Allerdings will er die schriftliche Urteilsbegründung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts abwarten, die erst in einigen Wochen vorliegen werde.

Victor hatte die stillgelegten Gleisanlagen 1999 gepachtet und vier Jahre später gekauft. Seitdem hat sich die Erlebnisbahn zur meistbefahrenen Draisinenstrecke in Schleswig-Holstein entwickelt. In den Sommermonaten verlustieren sich um die 50.000 Menschen mit mehreren Arten von Draisinen auf der Trasse, vor allem Familien und Schulklassen.

In den drei Bahnhöfen in Ratzeburg, Schmilau und Hollenbek gibt es diverse Freizeitangebote, Gastronomie und Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen, Baumhäusern und ausrangierten Schlafwagen. An die 50 Leute beschäftigt Victor im Sommer, im Winterhalbjahr sind es zehn bis zwölf. „Und das steht alles vor dem Aus“, fürchtet er nun.

Land wiederrief Genehmigung

Weil Victor auf der Strecke keine Züge, sondern nur Draisinen fahren lässt, widerrief das Land die 2009 erteilte Genehmigung. Der Vorwurf des dem Verkehrsministerium unterstehenden LBV lautet, Victor mangele es an der „eisenbahnunternehmerischen Zuverlässigkeit“, weil er „weiterhin nur Freizeitaktivitäten“ anbiete.

Der LBV behauptet jedoch, dass die Erlebnisbahn keineswegs gefährdet ist. „Der Draisinenbetrieb wird ohne Änderungen weiter möglich sein“, erklärte am Freitag LBV-Direktor Torsten Conradt. Auch handele es sich um einen Einzelfall, Auswirkungen auf andere Draisinenbetreiber seien „nicht anzunehmen“. Victor findet das „scheinheilig“. Er will jetzt die gerade begonnene Saison erst mal fortsetzen – in der Hoffnung, sie nicht bald schon wieder beenden zu müssen.

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7 Kommentare

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  • Tja - im einst Rudermekka Ritzbüttel - Draisinieren - Radfahren & Übers-Wasser-Gehen!



    Kann nicht gutgehen. Liggers.

    Im Ernst: Im Käseblatt meiner Jugend:



    www.ln-online.de/L...ach-Gerichtsurteil

    Mal nachlesen.*



    kurz - Veel Wind för dee Hoffdör.

    unterm——*



    Auch wenn da hück - “Friede sei mit euch“ - auf dem schon immer staatstragenden Teil aufliegt.



    Aber tazis labben ja auch mit LÜGT - in the neighborhood^!^ - Geht’s noch^?^



    Coffie für Kai - kerr! Reicht wohl nicht!



    Gaahrp & rein tonn katolsch warrn.

    & Däh! —Beifang - OVG SH - Schleswig -



    ——ausgiebig für Leseratten jur.;)



    openjur.de/u/892524.html



    (Kissen bereitlegen - für Koppdown!;)



    Liggers.

    • @Lowandorder:

      Ergänz mal -

      “…Richterin Philipp sagte, Victor sei dann zwar kein Eisenbahninfrastrukturunternehmen mehr, aber noch zivilrechtlicher Nachbar. Als solcher kann er sich nun mit den Kommunen auseinandersetzen, wenn Veränderungen geplant sein sollten.“

      Da - (nur) “…noch zivilrechtlicher Nachbar“ - liegt der Hase im Pfeffer.



      Die durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für die Strecke & die (vergeblich) angestrebte Genehmigung begründeten - öffentlich-rechtlichen Privilegien! Entfallen.



      Ersatzlos. Newahr. Normal.

      Was immer das genau für den Kläger bedeutet. Draisinieren aber inclusive.



      Get it? Fein. (gilt auch für tazis auf Schmalspur;)( - kerr.

      • @Lowandorder:

        &! mal dazu aE einer aus der Lamäng:

        Unlängst vorm Tresen mein Vermieter - vonBerufSohnmitPferden:"…er kenne sich da aus. Er habe es auch mal mit Jura versucht!“



        “Ja. Versucht haben das viele!“



        Mein Anwalt warf sich übern Tisch &



        Empfahl - …öh Contenance. Liggers!;))



        Dat wüßt ich ever. Normal - Schonn.

  • Meine Sorgen möchte ich haben

    Einer dpa-Meldung vom 19. März zufolge habe Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) nach Auffassung der SPD eine seiner wichtigsten Behörden nicht im Griff. Im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) herrschten Mißmanagement und Personalmangel, kritisierten kürzlich die SPD-Landtagsabgeordneten Beate Raudies und Kai Vogel.

    Es scheinen dann in dieser Monsterbehörde dann doch wohl noch überzählige Kapazitäten vorhanden zu sein, um sich neben maroden Brücken, schlaglöcherübersähten Straßen usw. jahrelang auch noch mit solch schicksalsschweren und für die Zukunft dieses Landers entscheidenden Problemen wie dem hier geschilderten zu befassen. Da kann man nur mit Tucholsky seufzen: „Meine Sorgen möchte ich haben“...

  • Irgendwas wird in dem Artikel verschwiegen, oder der LBV widerspricht sich selbst. Wie kann der den Draisinenbetrieb untersagen und gleichzeitg behaupten er wäre nicht gefährdet?

    • @doda:

      Ja, da bin ich nach dem Lesen auch ratlos. Die Begründung dieser Aussage hätte noch in den Artikel gehört. So bringt das nichts

    • @doda:

      und wofür braucht das Land eine stillgelegte Bahnstrecke, für den Güterlastbahnverkehr?