Freihandelsabkommen unterschrieben: Der Kampf um Ceta geht weiter

Nach tagelangem Hin und Her unterzeichnen EU und Kanada das Abkommen. Der Streit um Ceta ist damit noch lange nicht vorbei.

Justin Trudeau und Donald Tusk

Die Freude über die finale Unterschrift sprang den Beteiligten geradezu aus den Augen Foto: reuters

BRÜSSEL taz | Die Erleichterung stand ihnen im Gesicht geschrieben. Als der kanadische Premier Justin Trudeau und die EU-Spitzen am Sonntag um 13.58 Uhr in Brüssel das Ceta-Abkommen unterzeichneten, ging nicht nur ein schier endloser Verhandlungsmarathon zu Ende. Auch der europäische Streit über den Freihandel fand einen – vorläufigen – Abschluss.

„Dies ist ein fantastischer Tag für Kanada und ein fantastischer Tag für Europa“, jubelte die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland. „Wir setzen heute Standards, die die Globalisierung für die nächsten Jahrzehnte bestimmen werden“, betonte Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Wie weggeblasen schien da die Sorge, dass der EU nichts mehr gelingt – nicht einmal mehr ein Handelsabkommen.

Sieben Jahre hatten die Europäer und die Kanadier über das „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ verhandelt. Sieben Tage hatten dann die Belgier alles blockiert. Weil Wallonien noch Sorgen um ihre Landwirte und Bedenken gegen den geplanten Investorenschutz hatte, schien die gesamte EU wie gelähmt. Der wallonische Regierungschef Paul Magnette stieg über Nacht zum Helden der Ceta-Gegner auf.

„Viele reagierten, als wollte ich das Ende Europas, das Ende der Globalisierung“, fasste Magnette das Ceta-Drama in einem Interview mit der „Tagesschau“ zusammen. „Aber das wollte ich gar nicht.“ Ihm sei es nur um Klarstellungen und Sicherheitsklauseln gegangen, die nun als Anhänge in das Abkommen eingehen. Der Vertrag selbst bleibt unverändert.

Es bleibt ein neoliberales Abkommen

Ceta bleibt damit im Kern das neoliberale Abkommen, als das es konzipiert worden war. Mit mehr als 1.500 Seiten greift es tief in die Wirtschafts- und Sozialpolitik ein. Die zwölf Seiten starke, nachträglich eingefügte Auslegungserklärung erscheint demgegenüber als demokratisches Feigenblatt, die das Misstrauen der Belgier und vieler anderer EU-Staaten dokumentiert.

In dieser Erklärung bekennen sich Europäer und Kanadier zu einem „freien und fairen Handel in einer lebendigen und zukunftsorientierten Gesellschaft“. Ceta wird als „modernes und progressives“ Abkommen bezeichnet, das die gemeinsamen Werte sowie Sozial- und Umweltstandards achte. Die Erklärung enthält auch Klauseln zum „Recht auf Regulierung“ und zur Daseinsvorsorge.

Jetzt müssen 40 regionale und nationale Parlamente über die Anwendung von Ceta entscheiden

Allerdings ist umstritten, ob diese Klauseln genauso bindend und rechtsverbindlich sind wie der Vertragstext selbst. Zudem sieht das Abkommen weiterhin eine eigene Gerichtsbarkeit für private Investoren vor. Kritiker sehen darin eine Paralleljustiz, die den Rechtsstaat aushebelt. Auf Druck Belgiens soll diese Frage nun vom höchsten EU-Gericht in Luxemburg geklärt werden.

Das Abkommen muss außerdem noch vom Europaparlament abgesegnet werden, damit es wie geplant vorläufig in Kraft treten kann. Dies ist für Januar geplant. Danach muss Ceta noch von allen 28 EU-Staaten ratifiziert werden, einschließlich der mehr als 40 regionalen und nationalen Parlamente. Dabei könnte es erneut Probleme geben. So haben die Wallonen bereits erklärt, dass sie Ceta in der vorliegenden Form, mit einem Investor-Schiedsgericht, nicht zustimmen werden. Das Abkommen ist also unterzeichnet – der Kampf darum jedoch noch lange nicht beendet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.