Freihandelsabkommen mit USA: Gabriel doch gegen TTIP-Stopp
Frankreich will die Verhandlungen offiziell beenden. Doch der deutsche Wirtschaftsminister zieht nicht mit, sondern relativiert seine Kritik.
Er hatte sich in der Vergangenheit mehrfach sehr kritisch zum Stand der EU-Diskussionen mit Washington geäußert und dabei auch mit einer Beendigung der Verhandlungen gedroht. Das war jeweils als taktischer Druckversuch interpretiert worden. Doch nun scheint Paris Ernst zu machen, um den Abschluss eines Abkommens auf einer mehrheitlich negativen Basis zu verhindern.
Deutschland hingegen wird sich dieser Forderung nicht anschließen. Ein formaler Abbruch der TTIP-Verhandlungen sei „unnötig“, erklärte Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Zur Begründung sagte er: „Ich glaube, dass die Amerikaner TTIP aktiv beendet haben – durch schlichte Nichtbereitschaft, auf die Europäer zuzugehen.“
Doch während Gabriel am Wochenende noch davon gesprochen hatte, dass TTIP „de facto gescheitert“ sei, gab er dem Abkommen am Dienstag plötzlich doch wieder eine Chance. „Eine Einigung in diesem Jahr ist eine reine Fiktion“, erklärte Gabriel. Nach der US-Wahl könne das Freihandelsabkommen aber durchaus „wieder auf die Tagesordnung“ kommen, so der Wirtschaftsminister, möglicherweise mit einem „neuen Verhandlungsmandat“.
Für seine vermeintliche Absage an TTIP war Gabriel am Montag von Wirtschaftsvertretern und aus der CDU heftig kritisiert worden. Ganz anders in Frankreich: Dort wird die Absage an ein Abkommen, das namentlich beim Schutz der europäischen Konsumenten und Wirtschaftsinteressen viele Fragen aufwirft, weitgehend gebilligt. Auch im konservativen Lager, wo man grundsätzlich Globalisierung und Liberalisierung begrüßt, stößt TTIP in der bisherigen Fassung auf Ablehnung. Völlig dagegen sind die radikale Linke und die nationalistische Rechte (FN und andere). Selbst beim ursprünglich begeisterten Arbeitgeberverband Medef wächst die Skepsis.
Verfassungsbeschwerde gegen Ceta
Einig sind sich Gabriel und sein französischer Kollege hingegen bei Ceta, dem bereits fertig ausgehandelten Abkommen zwischen der EU und Kanada. „Das ist ein Anti-TTIP“, sagte Fekl. „Frankreich unterstützt dieses Abkommen.“ Auch Gabriel warb erneut für Ceta und betonte, dass sich die Europäer dabei in den entscheidenden Punkten durchsetzen konnten.
Sigmar Gabriel
Das sehen viele Bürger allerdings anders: Mehr als 125.000 Menschen haben sich einer Verfassungsbeschwerde der Organisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie angeschlossen, teilten diese am Dienstag mit. Die Klageschrift wird an diesem Mittwoch in Karlsruhe eingereicht. Nach Auffassung der Kläger verstößt Ceta in vier Punkten gegen das Grundgesetz.
So sollten etwa europäisch-kanadische Ausschüsse durch Ceta so weitreichende Befugnisse erhalten, dass sie den Vertrag unter Umgehung der Parlamente auslegen und verändern können. Die in dem Abkommen geplanten Investitionsgerichte würden außerdem eine unzulässige Paralleljustiz mit Sonderrechten für kanadische Investoren einrichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe