Freihandelsabkommen mit USA: TTIP weiter mit Stolpersteinen

Die EU-Kommission will keine umstrittenen privaten Schiedsgerichte für Investoren mehr. Ein öffentlicher Handelsgerichtshof soll nun her.

DemonstrantInnen fordern "Keine Sonderklagerechte für Konzerne"

Die EU-Kommission will private Schiedsgerichte verhindern: ein Erfolg für DemonstrantInnen Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Die Proteste haben etwas bewirkt: Die EU-Kommission will die privaten Schiedsgerichte im geplanten Freihandelsabkommen TTIP und allen Folgeabkommen abschaffen. An ihre Stelle soll ein neuer, öffentlicher und transparenter Handelsgerichtshof treten, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Kritikern geht der Vorschlag, der noch nicht mit den USA abgesprochen wurde, nicht weit genug.

Das alte, in den 50er Jahren von Deutschland eingeführte System der privaten Streitschlichtung (ISDS) leide unter einem „fundamentalen Mangel an Vertrauen“, sagte Malmström. Angesichts der massiven Proteste habe sich die EU-Kommission für ein neues System entschieden.

Die Klagerechte für Investoren sind der umstrittenste Teil von TTIP, über das EU und USA seit 2013 verhandeln. Kritiker warnen, dass Konzerne mithilfe der Klauseln etwa gegen Regierungen vorgehen könnten, die Umwelt- oder Verbraucherschutzgesetze verschärfen wollen. Befürworter argumentieren, dass die Klagerechte nötig seien, um Investoren gegen diskriminierende Auflagen von Regierungen zu schützen.

Malmström plant nun, zunächst einen bilateralen Gerichtshof zwischen den USA und der EU einzurichten. In einem zweiten Schritt soll dann der Aufbau von Handelsgerichten für Investoren folgen. Das bereits fertig verhandelte Abkommen mit Kanada, Ceta, soll jedoch nicht geändert werden. Ein Problem, da viele US-Unternehmen Töchter in Kanada haben und von dort ihre Geschäfte mit Europa abwickeln können – mit dem alten ISDS. Ein weiterer Stolperstein ist die harte Haltung der USA. Bisher lehnen sie jede Änderung am „bewährten“ ISDS ab.

Wider die Geheimniskrämerei

„Niemand kann noch behaupten, dass dies noch eine Privatjustiz sei“, betonte Malmström. Die künftigen Handelsrichter sollen öffentlich berufen werden und auch öffentlich verhandeln. Damit entfalle die bisherige Geheimniskrämerei. Auf die Frage, wozu denn überhaupt Sondergerichte für private Investoren nötig seien, antwortete Malmström ausweichend: In den USA gebe es kein Gesetz gegen die Diskriminierung ausländischer Unternehmen.

Ska Keller, Grüne

„Ausländische Investoren behalten ihre Extraklagerechte“

Die Reaktionen fielen durchwachsen aus. EU-Parlamentarier von Union, SPD und FDP begrüßten die Vorschläge. Der öffentliche Druck habe eine „radikale Kurswende“ in der EU-Handelspolitik bewirkt, erklärte Parlamentsberichterstatter Bernd Lange (SPD). Die Gefahr von Interessenkonflikten sei nun gebannt, weil die Schiedsleute künftig hauptamtlich tätig sein müssten und keine zusätzlichen Beraterverträge abschließen dürften.

Grünen und Umweltschutzverbände zeigten sich unzufrieden. „Ausländische Investoren behalten ihre Extraklagerechte, während jedes inländische Unternehmen und jeder Bürger sich an ein normales Gericht wenden muss“, kritisierte Grünen-Parlamentarierin Ska Keller.

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