Freihandelsabkommen mit Kanada: Gabriel knickt ein
Der Wirtschaftsminister will beim Ceta-Abkommen den umstrittenen privaten Schiedsgerichten zustimmen – trotz anderslautender Parteibeschlüsse.
BERLIN taz | Sein Manuskript konnte der Wirtschaftsminister am Donnerstag in den Papierkorb werfen: Statt im Bundestag wie geplant über den Haushalt zu sprechen, stellte sich Sigmar Gabriel (SPD) spontan den Fragen der Opposition. Die Abgeordneten interessierten sich für die geplanten Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (Ceta), und in seinen Antworten machte der Vizekanzler deutlich: Den Abkommen wird er zustimmen – auch auf die Gefahr hin, damit über geltende Beschlüsse seiner Partei hinwegzugehen. Aus der SPD erntete er dafür prompt Widerspruch.
Es geht vor allem um die besonders umstrittenen privaten Schiedsgerichte. Vor sie sollen Unternehmen künftig ziehen können, wenn ihre Profite gefährdet sind, weil Staaten neue Gesetze zu Themen wie Umwelt- oder Verbraucherschutz beschließen. Die nationalen Gerichte blieben dann außen vor.
Blockieren will Gabriel die Schiedsgerichte aber nicht – zumindest nicht beim Abkommen mit Kanada, das schon fast fertig verhandelt ist. „Wenn der Rest Europas dieses Abkommen will, dann wird Deutschland dem auch zustimmen. Das geht gar nicht anders“, sagte Gabriel am Donnerstag im Bundestag. Das deutsche „Unwohlsein“ bezüglich der Schiedsverfahren reiche für ein Veto nicht aus.
Das sieht die SPD eigentlich anders. Erst im September hatte der Parteikonvent heftig über die Freihandelsabkommen diskutiert und dem Parteichef dann klare Bedingungen mitgegeben. In dem Beschluss des Gremiums heißt es: „In jedem Fall sind Investor-Staat-Schiedsverfahren und unklare Definitionen von Rechtsbegriffen abzulehnen.“
„Der absolute Knackpunkt“
Zuletzt war Gabriel von dieser Vorgabe schon leicht abgerückt. Der Frage, ob er die Schiedsgerichte verhindern werde, wich er auf einer Pressekonferenz vor zwei Wochen aus. Damals sagte er lediglich, es sei noch „eine ganze Reihe von Veränderungen möglich“.
Nun hat er also erstmals verraten, zumindest dem Kanada-Abkommen im Zweifel trotz der Klauseln zuzustimmen – und damit die Diskussion in seiner Partei neu entfacht. „Die Schiedsgerichte sind der absolute Knackpunkt“, sagte der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow. „Ich setze darauf, dass die Partei und die Öffentlichkeit Druck aufbauen, damit die Bundesregierung das nicht mitmacht. Im Zweifel sollten wir auf das Abkommen besser ganz verzichten.“
Gegenwind bekommt Gabriel auch von Hilde Mattheis, der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion. „Schon in dieser Phase Zustimmung zu den Schiedsgerichten zu signalisieren ist ein Schnellschuss, der in der Partei mit Sicherheit Protest hervorrufen wird. Es geht nicht, die Beschlüsse des Parteikonvents zu missachten.“ Schon direkt nach der Veranstaltung im September habe sie befürchtet, dass Gabriel den Beschluss nicht einhalte. Der Parteichef habe sie damals aber per SMS beruhigt. In der Nachricht habe ihr der Vizekanzler versichert: „Ohne Beschlussfassung in der Partei wird es keine Zustimmung geben. Gruß Sigmar“.
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