Freigelassene israelische Geiseln: Hoffnung und eine Prise Humor
Vom Historiker Alex Dancyg gab es seit dem 7. Oktober kein Lebenszeichen. Nun berichten freigelassene Geiseln, er habe sie mit Geschichten unterhalten.
![Eine junge Frau hält ein Plakat mit dem Foto eines alten Mannes in den Händen, neben ihr steht ein weiterer junger Mann Eine junge Frau hält ein Plakat mit dem Foto eines alten Mannes in den Händen, neben ihr steht ein weiterer junger Mann](https://taz.de/picture/6680560/14/Israel-Hamas-Geiseln-1.jpeg)
Seit mehr als sechs Wochen fehlte jedes Lebenszeichen von ihm. Nun scheint es Hoffnung für Alex Dancyg zu geben. Der 75-Jährige wurde am 7. Oktober von der Terrormiliz Hamas aus dem Kibbuz Nir Oz in den Gazastreifen verschleppt. Während der derzeitigen Feuerpause haben die Terroristen mehr als 80 israelische und ausländische Geiseln freigelassen.
In israelischen Medien berichtete der Schwiegersohn von Alex Dancyg, einige der Freigelassenen hätten erzählt, er sei am Leben. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut. Er unterhalte die von der Hamas gefangenen Menschen mit Vorträgen. In den sozialen Medien kommentierten Freund:innen und Bekannte dies als „positive Nachricht“ – mit einer Prise jüdischen Humors.
Warum? Dancyg ist Historiker und arbeitete für die Gedenkstätte Yad Vashem. Dort kümmerte er sich vor allem um die polnischsprachige Bildungsarbeit. Er ist auch in Deutschland und in der internationalen Wissenschaftscommunity für seine Expertise und seine Vorträge bekannt. Sein Schwiegersohn sagte einem israelischen Radiosender: „Zumindest hat er nun ein gefangenes Publikum.“ Mit Aussagen wie: „Das ist der richtige Spirit“ oder „in einer schrecklichen Situation ist dies ein charmanter Moment“ reagierten Nutzer:innen in den sozialen Medien, gefolgt von ein wenig Schmunzeln, vielen Wünschen, dass er schnell freikomme, sowie Unterstützungsbekundungen.
Alex Dancygs Sohn Yuval war im November im Berliner Haus der Wannseekonferenz zu Gast, wo sein Vater als Wissenschaftler gerne gesehen war. Yuval Dancyg machte in Deutschland, Polen – sein Vater stammt aus Polen – und Italien auf das Schicksal seines Vaters sowie der anderen Geiseln aufmerksam. Die Familie machte sich große Sorgen, da er herzkrank ist und regelmäßig Medikamente braucht. Dancyg forderte Anfang November: „Verhandelt mit Katar. Verhandelt mit der arabischen Welt, damit die Geiseln freikommen.“ Dies ist in den vergangenen Tagen gelungen, wenigstens ein Teil der Geiseln ist wieder in Freiheit.
Keine Rückkehr ins Kibbuz Nir Oz
Die Familie Dancyg hat wie ein Wunder den brutalen Überfall der Hamas auf den Kibbuz Nir Oz überlebt. Zurück kann sie aber nicht – und das ziemlich sicher für lange Zeit. Die Häuser sind zerstört, der Ort von den Terroristen unbewohnbar gemacht.
Yuval Dancyg mahnte damals wie heute Politiker:innen, mehr Tempo zu machen. Diplomatie brauche zwar Zeit, aber: „Uns läuft die Zeit davon“, sagte er in Berlin. Der 75-jährige Alex Dancyg ist noch immer in Geiselhaft. Ob er zu einer der nächsten Gruppen gehören wird, die von der Terrormiliz Hamas freigelassen werden, ist derzeit völlig unklar. Aber Geschichten wie diese sind nicht nur für diejenigen, die Alex Dancyg kennen, ein kleines Zeichen der Hoffnung.
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