Frauenrechte in den Niederlanden: Ganz schön doll
Einst verbrannten sie Korsetts, jetzt sind die Dolle Minas zurück. Warum so viele junge Frauen das Gefühl haben, für ihre Rechte kämpfen zu müssen.
D as Jahr 2025 ist erst ein paar Wochen alt, als die Niederlande von der eigenen Frauenbewegung überrascht werden. Am 23. Januar stehen im Süden Amsterdams trotz Regen und Wind ein paar Dutzend Menschen um das Denkmal Wilhelmina Druckers, einer Pionierin des niederländischen Feminismus. In ihrer Mitte: Dunya Verweij, 78, eine der prägenden Aktivistinnen der frühen Dolle-Mina-Bewegung. Sie hebt ein altes Korsett hoch, zündet es an – genauso wie vor 55 Jahren. Der Stoff flammt auf, die Umstehenden jubeln.
„Die Dolle Minas sind zurück!“, titeln die Medien wenig später. Eine spontane Pressemitteilung reicht, um die ikonische Gruppe der 1970er Jahre wieder sichtbar zu machen. Und der Moment trifft einen empfindlichen Nerv. Frauen verdienen im Durchschnitt noch immer 17 Prozent weniger als Männer, berichten die Fernsehsender. Viele fühlen sich auf den Straßen unsicher, unabhängig von der Tageszeit. „Ihr werdet noch von uns hören“, sagt Verweij in die Kameras.
Geplant war dieses Comeback nicht. Kurz nach Neujahr erhält Verweij einen Anruf ihrer früheren Mitstreiterin Claudette van Trikt. Ob sie an einem Zoom-Gespräch mit der Filmemacherin Sia Hermanides teilnehmen wolle, über ihre gemeinsame Zeit als Aktivistinnen? Die beiden Frauen sind bis heute eng befreundet – „und immer Dolle Mina geblieben“, wie Verweij sagt.
In dem Gespräch geht es schnell nicht nur um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart: Um den Versuch, das Recht auf Abtreibung infrage zu stellen, um die sexuelle Doppelmoral, „die wir nicht aus der Welt bekommen konnten“, um eine wiedererstarkende patriarchale Bildsprache in sozialen Medien: „So stumpfsinnig, so archaisch!“ Und es geht um die bevorstehende zweite Vereidigung Donald Trumps. „Wenn Diktatoren an die Macht kommen, geraten Frauenrechte als Erstes unter Druck“, sagt Verweij. „Dann merkst du, wie Dinge, die du für unantastbar hieltest, weich wie Butter werden.“
1970 Die Dolle Mina-Bewegung richtete sich in den frühen 1970er Jahren gegen jegliche Form von Frauen-Benachteiligung. Entstanden im Umfeld der niederländischen Student*innenbewegung, trat sie am 23. Januar 1970 erstmals in Erscheinung: 15 Frauen und fünf Männer, darunter die Amsterdamer Anthropologie-Studentin Dunya Verweij, besetzten eine wirtschaftswissenschaftliche Hochschule bei Utrecht, an der Frauen nicht zugelassen waren. Am selben Tag verbrannten sie am Denkmal ihrer Namensgeberin Wilhelmina Drucker ein Korsett– zwei Jahre, nachdem in den USA Hunderte von Feministinnen aus Protest gegen die „Miss America“-Wahl BHs angezündet hatten.
1.500 Frauen schlossen sich innerhalb weniger Monate in verschiedenen Städten der Student*innen-Bewegung an. Mit kreativen Aktionen machten sie sich schnell einen Namen: Sie demonstrierten für öffentliche Frauen-Toiletten, gegen die Diskriminierung unverheirateter Mütter auf dem Wohnungsmarkt. Sie verteilten Kondome, um auf die rigide kirchliche Sexualmoral aufmerksam zu machen: Die Frauen tauchten als Spermazellen verkleidet am Sitz des päpstlichen Nuntius in Den Haag auf um gegen das Verbot von Verhütungsmitteln zu protestieren. Das Recht auf Abtreibung forderten sie mit dem Slogan „baas in eigen buik“ („Chef im eigenen Bauch“). Dolle Minas besetzten die Redaktion einer Frauenzeitschrift oder pfiffen Männern auf der Straße hinterher.
2025 Ab Mitte der 1970er Jahre wurden die Aktionen, an denen oft auch kleine Gruppen von Männern teilnahmen, spärlicher und hörten schließlich auf. Richtungskämpfe zwischen marxistischen und anarchistisch gesinnten Minas forderten ihren Preis. Doch im Umfeld der Bewegung entstanden zahlreiche feministische Initiativen, aus denen sich Strukturen bildeten, die fortbestanden – bis die Dolle Minas dann 2025 in einer landesweiten Bewegung ihre Wiederkehr feierten.
Irgendwann fällt ihnen in dem Gespräch auf Zoom auf, dass es genau 55 Jahre her ist, dass die Minas erstmals ein Korsett verbrannten. „Eine schöne Zahl. Die sollten wir nicht verstreichen lassen“, sagen sie. Nach dem Gespräch beginnen sie zu mobilisieren – ohne zu ahnen, was sie damit auslösen würden. Frauen schreiben ihnen, sie wollen mitmachen. Andere fragen, was sie tun können. Redaktionen melden sich.
„Am 24. Januar begann das Ding zu piepen und hat nicht mehr aufgehört“, sagt Verweij einige Monate später und deutet auf ihr Telefon, das in ihrer Wohnküche im Dorf Heerde liegt, mitten zwischen Wäldern. Es ist Frühherbst, und aus einer spontanen Aktion ist längst eine Bewegung geworden: Rund 3.000 Frauen und einige Männer treffen sich in 37 lokalen Gruppen, mehr als 90.000 Follower sind es auf Social Media.
Dunya Verweij, 78, Dolle Mina
Das nötige Momentum erhielten die wieder auferstandenen Dolle Minas durch den Internationalen Frauentag. „Der 8. März steht vor der Tür. Hey, Ladies! Da müssen wir etwas tun – wie haben wir das damals noch gemacht?“, rief jemand nach der Aktion am Denkmal. Verweij, die erfahrene Aktivistin, lacht glucksend.
Rund um die Vorbereitung des Marsches entstehen neue Kontakte zu Gruppen und NGOs. Dass die Rückkehr der Minas nach mehr als einem halben Jahrhundert so große Resonanz findet, hat Gründe: Die anhaltend niedrigeren Durchschnittslöhne von Frauen, das durch MeToo geschärfte Bewusstsein für sexuelle Ausbeutung und Einschüchterung sowie fundamental-christliche und konservative Kräfte, die das Recht auf Abtreibung und Gleichstellung zunehmend unter Druck setzen.
Vor allem aber rückt ein Thema für die Aktivistinnen in den Mittelpunkt: Femizide. Rund 40 bis 50 Frauen werden in den Niederlanden jedes Jahr getötet, im Schnitt eine alle acht Tage – es ist eine der höchsten Pro-Kopf-Raten in Europa. Während Spanien bereits 2004 ein Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt einführte und Italien inzwischen nachgezogen hat, fehlt es in den Niederlanden bis heute an klarer Gesetzgebung und konsequenter Aufmerksamkeit.
Die Debatte verschärft sich im Juli 2025, als in der Provinz Nordbrabant innerhalb weniger Tage zwei Frauen von ihren (Ex-)Partnern getötet werden. Von da an steht das Thema Femizid im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. In Rotterdam marschieren daraufhin jeden Sonntag Hunderte durch die Straßen, die Dolle Minas mittendrin. Andere Städte schließen sich an. Als wenig später in Amsterdam eine 17-Jährige auf dem Heimweg erstochen wird, weiten sich die Proteste aus.
Neben den Märschen entstehen Aktionen gegen die ständige Bedrohung von Frauen im öffentlichen Raum – meist angeführt von den Minas. Ihre weißen T-Shirts, den Protesten der 1970er nachempfunden und bedruckt mit dem Slogan „Frauen wollen vorwärts, nicht zurück“, sind überall sichtbar. „Ich weiß, wie es ist, auf der Straße angefasst zu werden, ohne dass ich das will“, ruft während einer dieser Protestmärsche eine Frau ins Mikrofon. Zwischen den Porträts von Femizid-Opfern formiert sich der Demonstrationszug in Rotterdam. An seiner Spitze: Eine energische Frau mit schwarzen Locken, Megafon und Dolle-Mina-Shirt. Joice Alves dos Santos, 43, ist die Initiatorin der Sonntagsmärsche. „Hey hey, ho ho, femicide has to go!“, feuert sie die Teilnehmenden an, oder: „Genug ist genug!“
Zur Dolle Mina wurde Alves Dos Santos, die als Aggressions-Coach mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeitet, im Mai. „Ich wollte bei einem nächtlichen Marsch gegen sexuelle Gewalt mitlaufen, hatte aber keine Gruppe, der ich mich anschließen konnte. Dann stieß ich auf die Dolle Minas, die auch teilnahmen. Ich wusste, dass die in den 1970ern aktiv waren, aber nicht, dass sie sich wiederformiert hatten. Wie sie dieses Comeback findet? „Dass wir heute wieder für die gleichen Themen demonstrieren, wie vor 55 Jahren, ist bizarr. Es bedeutet, dass wir noch immer bitter nötig sind. “
In einem Radio-Interview anlässlich des ersten Marschs hatte dos Santos gesagt: „Warum gehen die Leute in Spanien oder Italien massenhaft auf die Straße, wenn eine Frau ermordet wird, aber in den Niederlanden blieb es bisher still? Darum hat Dolle Mina die Initiative ergriffen. Und selbst auf dieser Demonstration bekamen wir negative Kommentare wie: Ihr Frauen tragt selbst dazu bei, wenn ihr einen Mann so verrückt macht, dass er euch ermordet.“
Alves dos Santos, 43, Dolle Mina
In der Hauptstadt Amsterdam greifen die hiesigen Dolle Minas zu ungewöhnlichen Maßnahmen, um den Ernst der Lage deutlich zu machen. An einem warmen, aber windigen Nachmittag Ende des Sommers, nach wochenlangen Debatten über die Sicherheit von Frauen und Protestmärschen, haben sie sich vor dem Rathaus an der Amstel getroffen. Sie warten auf Melanie van der Horst, die Beigeordnete für Öffentlichen Raum. Die zwölf Frauen sind in Trachten aus dem 17. Jahrhundert gewandet und stellen sich in Zweierreihen auf.
Als die Politikerin kommt, tritt Dunya Verweij vor. Sie trägt einen schwarzen Mantel mit weinroter Schärpe und weißem Kragen – eine Referenz an Frans Banninck Cocq, eine zentrale Figur in Rembrandts weltberühmtem Gemälde „Die Nachtwache“. Sie stellt sich als „Fransina Banninck Cocq“ vor und übermittelt in Gedichtform „eine Botschaft für die bedrängte Stadt“, deren Töchter innerhalb ihrer Mauern nachts nicht sicher seien. „Ohne Sicherheit für Frauen kennt die Stadt keine Freiheit“, folgert Banninck Cocq alias Verweij, und überreicht Van der Horst ein Schwert, das man ausdrücklich nicht als „Waffe der Verwüstung“ verstanden wissen will, sondern als Zeichen einer Art eidgenössischen Verbundenheit. Eingraviert in den Stahl steht: „Stoppt Gewalt gegen Frauen. Dolle Mina 2025.“
„Wir nennen das den Mino Stylo“
In ihrer Küche auf dem Land merkt man Verweij wenige Tage später noch immer an, wieviel Freude ihr diese Aktionen machen. Deren Charakter sei heute wie damals derselbe „Fröhlichkeit, gepaart mit Kreativität und Streitlust: Wir nennen das den ´Mina Stylo´. Wenn wir irgendwo in Erscheinung treten, muss das mit Humor sein. Und es muss die Verhältnisse umdrehen. So wie damals, als wir Männern auf der Straße nachpfiffen.“ Sie blättert in einem Buch mit alten Schwarz-Weiß-Fotografien, das 1975 zum fünften Dolle-Mina- Geburtstag erschien. „Oder hier: dieses Bild mit dem nackten Mann gehörte zu einer Peep-Show von Männern, die wir organisierten.“
Geändert hat sich dagegen der Fokus. Natürlich bleibe das Recht auf Abtreibung ein zentraler Punkt, für den sie auf die Straße gingen, sagt Verveij. Christlich-konservative Oppositionsparteien hatten Anfang Oktober dafür gesorgt, dass ein Vorstoß aus dem EU-Parlament, Schwangerschaftsabbrüche als Menschenrecht festzuschreiben, abgelehnt wurde. Aber auch ein Unsicherheitsgefühl von Frauen im Alltag beschäftige die Dolle Minas, und natürlich: Femizide und häusliche Gewalt.
Die Dolle Minas der 1970er hätten allerdings mehr auf eine Veränderung der geltenden Gesetzgebung gezielt, während es heute vor allem um zwischenmenschliche Verhältnisse gehe. Verweij schätzt diese erweiterte Perspektive. „Wir kommen ja aus den Geschichtsbüchern. Dort wird man leicht ikonisiert“, lächelt sie. „Das aber bedeutet Versteinerung, denn eine Ikone kann sich nicht mehr entwickeln.“
Überrascht ist sie manchmal von der Resonanz gerade junger Frauen und Mädchen. „Wir bekommen viele Anfragen von Schülerinnen weiterführender Schulen, die Hausarbeiten über Dolle Mina schreiben wollen. Das hätte ich nicht erwartet.“ Letzten Endes sind diese Reaktionen auch das, was aus der einmaligen Comeback-Aktion eine Bewegung hat werden lassen. „Wir haben damit auch eine Verantwortung auf uns genommen“, sagt Verweij.
Die Folgen sind deutlich sichtbar: Viele Kommunen erwägen nun, zentrale Anlaufstellen für die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt einzurichten. Im Herbst stellte die Sozialdemokratin Songül Mutluer ein Gesetzesvorhaben zum Thema Femizid im Parlament vor, das unter anderem vorsieht, die strafrechtlichen Konsequenzen für Stalking zu erhöhen. Und im Dezember ehrt Amsterdam den 100. Todestag Wilhelmina Druckers mit einer Straßenbahn, die das Porträt der feministischen Pionierin zeigt. Für Dunya Verweij, die nun bald 79 Jahre alt wird, und ihre Gruppe ein Grund, in der Tram Flugblätter zu verteilen und einmal mehr das Denkmal aufzusuchen, an dem sie sich immer „wie in einem Déjà-vu“ fühle.
Und immer wieder das Thema Abtreibung. Die Niederlande haben eine der liberalsten Gesetzgebungen dazu in Europa, ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 24. Woche ist legal – aber die Frauen wollen, dass es so bleibt. Ein diesiger Dezemberabend in Breda. 30, 40 Frauen, begleitet von einigen Männern, haben sich auf dem Pflaster des Großen Markts versammelt. Um Punkt sieben Uhr, als die Glocken der Onze Lieve Vrouwekerk zu schlagen beginnen, setzt ein Geräuschteppich aus Trillerpfeifen, Flöten, Percussion-Instrumenten, einem Becken sowie Pfannen und Kochtöpfen ein, der die folgenden anderthalb Stunden nicht mehr aufhören wird. Übertönt wird er immer wieder von einem Megafon, das reihum geht und aus dem beständig die alte Dolle-Mina-Forderung schallt: „Baas in eigen buik“: Boss im eigenen Bauch. Abtreibung wird in den Niederlanden zwar de facto straffrei durchgeführt, steht aber weiterhin als Paragraf im Strafgesetzbuch. Auf die Rückseite ihrer T-Shirts haben die Frauen geschrieben: „Mind your own uterus!“
Niederlande In den Niederlanden werden jedes Jahr etwa 40 bis 50 Frauen getötet, im Durchschnitt eine alle acht Tage. Das Land gehört damit zu den Staaten mit den höchsten Pro-Kopf-Raten in Westeuropa. Einen eigenen Straftatbestand „Femizid“ gibt es bisher nicht.
Deutschland Auch in Deutschland fehlt eine eigene Femizid-Definition. Mehr als 100 Frauen werden jährlich von ihren aktuellen oder ehemaligen Partnern getötet; die Taten werden statistisch unter „Partnerschaftsgewalt“ geführt. Zwar wächst der politische Druck, doch konkrete Gesetzesinitiativen stehen aus.
Spanien Das Land gilt europaweit als Vorreiter. Seit 2004 existiert ein umfassendes Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt, ergänzt durch spezialisierte Gerichte, nationale Statistiken und weitreichende Schutzmaßnahmen. Die jährlichen Femizid-Zahlen liegen zwischen 50 und 60.
Italien Die Fallzahlen sind ebenfalls hoch, mehrere aufsehenerregende Fälle haben zuletzt politischen Druck erzeugt. Das Land hat verschiedene Gesetzesverschärfungen beschlossen, darunter schnellere Verfahren und zusätzliche Schutzmaßnahmen. Doch die Umsetzung bleibt lückenhaft und der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt gilt weiterhin als unzureichend.
Julie Spoorendonk, 39, hat sich ganz nach dem Vorbild der 1970er diesen Spruch sogar in großen Lettern auf den Bauch gemalt und tanzt nun mit hochgezogenem T-Shirt gegen die Kälte an. Sie gehört zur lokalen Gruppe in der Stadt an der belgischen Grenze. Früher hat sie Flugblätter für politische Parteien ausgeteilt oder sich für Tierrechte engagiert, in letzterem Feld arbeitet sie auch. In einem feministischen Podcast hörte sie, die Dolle Minas seien zurück. „Ich habe große Bewunderung für sie und möchte gerne in ihre Fußstapfen treten“, sagt sie. Dass sie hier 2025 noch immer für das Recht auf straffreie Abtreibung demonstrieren müsse, sei „superübel“, so Spoorendonk. „Andererseits ist es schön, mit so vielen Gleichgesinnten hier zu kämpfen.“
„Mein Bauch ist kein Gesetzesartikel“
Eine Frau, die sich als „Trish Dolle Mina“ vorstellt, ist eine der auffälligsten Frauen in der Menge, die sich inzwischen fast verdoppelt hat. Sie steckt in einem überdimensionierten grünen Schuhkarton. Auf dessen Vorderseite erinnert der Spruch „Mein Bauch ist kein Gesetzesartikel“ an die Tatsache, dass Abtreibung - wie in Deutschland auch – immer noch eine juristische Straftat darstellt.
Trish, die als Lehrerin arbeitet und Mutter von zwei Töchtern Anfang 20 ist, war ein Baby, als Dunya Verweij und ihre Mitstreiterinnen 1970 auf der Bildfläche erschienen. Aufgewachsen im liberalen Geist der Niederlande jener Zeit, hielt sie die Errungenschaften in puncto Frauenrechte lange für selbstverständlich. „Als ich eine Stelle in Australien hatte, wurde mir bewusst, dass das nicht so ist. Und auch in den Niederlanden müssen wir diese Rechte nun wieder verteidigen.“ Nach der Femiziddebatte des Sommers schließt sie sich den Dolle Minas an.
Die Kundgebung auf dem Großen Markt in Breda ist fast zu Ende an diesem Dezembertag, als aus dem benachbarten Café ein angetrunkener Mann kommt. Er bleibt stehen, schaut auf die tanzende Menge und setzt ein langgezogenes „Buuuh“ an, das immer schwächer wird und bald verebbt. Nur Sekunden später streckt eine Passantin, die mit ihren schlohweißen Locken wohl auf die 80 zugeht, ihm einen Daumen entgegen. Und dann wechselt das Megafon ein letztes Mal: Vier Mädchen, um die 17 Jahre alt, nehmen es entgegen. Während die Geräuschkulisse ein letztes Mal anschwillt, beginnen sie erst zaghaft, dann immer lauter zu skandieren: „Boss im ei-gen-en Bauch! Boss im ei-gen-en Bauch!“
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