Frauenrechte in Afghanistan: Ohne Schutz
Afghanischen Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt wurden und Anzeige erstatteten, droht Vergeltung. Denn die Taliban ließen viele Täter wieder frei.
![Mädchen schaut um die Ecke. Mädchen schaut um die Ecke.](https://taz.de/picture/5265813/14/28962328-1.jpeg)
„Schon vor der erneuten Herrschaft der Taliban ist die Lage von Frauen und Mädchen furchtbar gewesen: Neun von zehn Frauen haben in ihrem Leben mindestens einmal körperliche Gewalt erlebt,“ berichtet Theresa Bergmann von der deutschen AI-Sektion.
Doch jetzt sei das ohnehin unzureichende medizinische und psychologische Unterstützungssystem kollabiert: „Frauenschutzhäuser sind geschlossen worden, es gibt keinen Pro-bono-Rechtsbeistand mehr, keine medizinische Hilfe.“ Viele Frauen, die zuvor Schutz gefunden hätten, seien seitdem auf der Straße gelandet, manche gar von den Taliban inhaftiert worden.
AI-Generalsekretärin Agnès Callamard forderte von den Taliban, die Wiedereröffnung von Notunterkünften zuzulassen. Die internationale Gemeinschaft sollte Frauenhäuser langfristig finanzieren.
AI-Expertin: Mehr Druck auf die Taliban nötig
Bergmann forderte von der neuen Bundesregierung: „Das im Koalitionsvertrag festgelegte Aufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen muss zügig umgesetzt werden.“ Es brauche internationalen Druck auf die Taliban, sodass sie ihre eigenen Zusagen zum Schutz der weiblichen Bevölkerung erfüllten.
Die Taliban suchen internationale Anerkennung und scheinen sich bewusst zu sein, dass sie dafür Frauen und Mädchen besser behandeln müssen als in ihrer ersten Regierungszeit (1996–2001), als ihnen zum Beispiel der Zugang zu Bildung verwehrt wurde. Erst am Freitag hatte die Taliban-Regierung ein Dekret zu Frauenrechten vorgelegt, das Zwangsheiraten verbietet.
Als AI die Taliban jetzt mit dem Bericht konfrontierte, erklärte deren Sprecher Suhail Shaheen laut AI: „Es gibt nach den Regeln des Islam keinen Platz für Gewalt gegen Frauen und Mädchen.“ Sie könnten sich an die Gerichte wenden, die sich ihrer Beschwerden annähmen.
Früher konnten sich Frauen beim Frauenministerium beschweren, das die Taliban aber abschafften. Doch jetzt dürfen Frauen in vielen Regionen nur noch mit männlicher Begleitung das Haus verlassen, womit eine Klage etwa gegen einen solchen Begleiter unmöglich ist.
Taz-Talk zu Flucht und Überleben in Afghanistan mit taz-Korrespondent Thomas Ruttig und Lena-Lotte Agger und Theresa Breuer von Luftbrücke Kabul am Freitag, 10.12.21, 19 Uhr, auf taz.de/talk
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen