Frauenförderung in Hannover: Peniskostüm im Geiste
Beim Verkehrsbetrieb „üstra“ in Hannover tragen Busfahrer einen Rock, um den Beruf für Frauen attraktiver zu machen. Das ist so gaga.
„Luftig“ finden die Männer ihren Dienstrock, der aussieht wie ein Kilt und den sie ausdrücklich freiwillig tragen, „positiv angenehm“ und „wirklich sehr geil“, so beschreiben sie das in einem Video der Hannoverschen Allgemeinen. „Wir wissen jetzt, wie Frauen sich fühlen“, sagt einer der Stadtbahnfahrer. Das ging natürlich flott.
„Wir wollten Rollenklischees und Berufsbilderklischees aufbrechen“, sagt Claudia Kudlinski, Projektleiterin von „üstra rockt“. Man brauche nicht nur „Lippenbekenntnisse“, sondern auch „Kultur- und Verhaltensänderungen“, um bestimmte Berufe für Frauen attraktiver zu machen. Das ist alles natürlich sehr richtig. Die „üstra“ hat dazu auch eine ganze Liste konkreter Maßnahmen zur Frauenförderung, darunter Weiterbildungsangebote und eine feste Quote. Immerhin gibt es demnächst 600 Stellen neu zu besetzen.
Die Rock-Aktion ist nur eine zusätzliche Show, um mehr Aufmerksamkeit zu kriegen – was ja offensichtlich funktioniert. “Üstra-Fahrer zeigen Bein“, berichtet die Hannoversche Allgemeine, “Männer, die mit Röcken fahren“ titelt ndr.de und “Mutig! Wir haben Bock auf Rock!“ schreibt bild.de. Auch alle Wortspiele mit „die Hosen anhaben“ sind schon gemacht. Es läuft.
Frauen, so schön!
„Der schönste Grund, warum Männer Rock tragen, sind Frauen“ ist der Werbespruch zur Kampagne. Das ist so gaga. Als gäbe es nichts Lustigeres, als wenn Männer einen Rock tragen. Genau so sinnvoll hätten die Herren Busfahrer sich eine Slipeinlage auf die Stirn kleben können. Frauenkram und so.
Natürlich ist es bemerkenswert, wenn ein Verkehrsunternehmen seine cismännlichen Busfahrer dazu kriegt, in der Öffentlichkeit freiwillig Röcke zu tragen. Cross-Dressing als PR ist aber auch nur mittelmäßig subversiv, wenn der Rock mit derselben Geste getragen wird wie ein Peniskostüm bei einem Junggesellenabschied.
Da wird es der Personalabteilung aber die Schuhe ausziehen, wenn die angeworbenen Frauen dann – huch – in Hosen zum Bewerbungsgespräch erscheinen. Oder wenn sich jetzt haufenweise Schotten bewerben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“