Frauenberatungsstellen im Norden: Tarifsteigerung sorgt für Kürzung
Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein befürchten, dass dieses Jahr 10.000 Beratungsstunden wegfallen. Es fehlt das Geld für die Tarifsteigerung.
„Wir begrüßen eine angemessenere Bezahlung von Fachkräften – aber wenn das Land diese nicht mitfinanziert, ist das de facto eine Kürzung der Beratungskapazitäten“, sagt Geschäftsführerin Katharina Wulf.
Das Sozialministerium, das für Frauenhäuser und Beratungsstellen zuständig ist, wisse um die Sorgen und erkenne die schwierige Lage der Beratungsstellen an, die – wie zahlreiche andere Vereine und Initiativen aus dem sozialen Bereich – unter der angespannten Haushaltslage leiden, heißt es auf Anfrage der taz.
Die Zahl von 10.000 Stunden kann die Ministeriumssprecherin aber nicht bestätigen. Ihrer Einschätzung nach werde die Reduzierung wohl geringer ausfallen: „Einige Beratungsstellen haben darauf hingewiesen, dass das Beratungsangebot um einige Stunden reduziert werden müsse.“
Haushaltsberatungen im Januar
Anders als in anderen Bundesländern, wo die Beratung und der Schutz für Gewaltopfer teils als freiwillige Leistung, teils über die reale Belegung finanziert werden, sind in Schleswig-Holstein die Landeszahlungen fest über das Finanzausgleichsgesetz verankert.
Im abgelaufenen Jahr erhielten Frauenhäuser und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen rund 8,4 Millionen Euro, davon entfielen 1,8 Millionen auf die Beratungsstellen. Vereinbart wurde zwischen den Frauenfacheinrichtungen und dem Land auch, dass der Betrag jährlich um 2,5 Prozent steigt. Weitere knapp 570.000 Euro stammen aus anderen Landestöpfen.
Aus Sicht der Frauenberatungsstellen reicht diese Summe aber nicht – und 2,5 Prozent mehr seien angesichts von steigenden Kosten für Mieten, Energie und vor allem Personal nicht genug: „Wir sehen die Ankündigungen des Landes, die Tarifsteigerungen nicht in die Finanzierung aufnehmen zu wollen, sehr kritisch“, sagt Melanie Groß, Vorstandsmitglied des LFSH.
Die Haushaltsberatungen gehen im Januar los. Der Landtag des stark verschuldeten Schleswig-Holstein hat für das vergangene und auch das laufende Jahr eine Haushaltsnotlage erklärt und sie mit den Folgen der Coronapandemie und des andauernden Ukraine-Kriegs erklärt, muss aber alle Entscheidungen danach überprüfen, ob sie nicht gegen die Regeln des Bundesverfassungsgericht-Urteils verstoßen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen