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Frauenberatungsstellen im NordenTarifsteigerung sorgt für Kürzung

Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein befürchten, dass dieses Jahr 10.000 Beratungsstunden wegfallen. Es fehlt das Geld für die Tarifsteigerung.

Bis zu 10.000 Stunden Beratungszeit weniger: Schleswig-Holsteins Frauenberatungsstellen sehen einem schwierigen Jahr entgegen Foto: dpa | Marc Müller

Neumünster taz | Rund 12.000 Frauen, Mädchen und Angehörige suchen jährlich Hilfe in den Frauenberatungsstellen in Schleswig-Holstein. In diesem Jahr könnten einige von ihnen vor geschlossenen Türen stehen, warnt der Landesverband der Beratungsstellen in Schleswig-Holstein (LFSH): Bis zu 10.000 Stunden Beratungszeit könnten wegfallen, weil das Land die erwartbaren Tarifsteigerungen nicht ausgleicht.

„Wir begrüßen eine angemessenere Bezahlung von Fachkräften – aber wenn das Land diese nicht mitfinanziert, ist das de facto eine Kürzung der Beratungskapazitäten“, sagt Geschäftsführerin Katharina Wulf.

Das Sozialministerium, das für Frauenhäuser und Beratungsstellen zuständig ist, wisse um die Sorgen und erkenne die schwierige Lage der Beratungsstellen an, die – wie zahlreiche andere Vereine und Initiativen aus dem sozialen Bereich – unter der angespannten Haushaltslage leiden, heißt es auf Anfrage der taz.

Die Zahl von 10.000 Stunden kann die Ministeriumssprecherin aber nicht bestätigen. Ihrer Einschätzung nach werde die Reduzierung wohl geringer ausfallen: „Einige Beratungsstellen haben darauf hingewiesen, dass das Beratungsangebot um einige Stunden reduziert werden müsse.“

Haushaltsberatungen im Januar

Anders als in anderen Bundesländern, wo die Beratung und der Schutz für Gewaltopfer teils als freiwillige Leistung, teils über die reale Belegung finanziert werden, sind in Schleswig-Holstein die Landeszahlungen fest über das Finanzausgleichsgesetz verankert.

Im abgelaufenen Jahr erhielten Frauenhäuser und Beratungsstellen für gewaltbetroffene Frauen rund 8,4 Millionen Euro, davon entfielen 1,8 Millionen auf die Beratungsstellen. Vereinbart wurde zwischen den Frauenfacheinrichtungen und dem Land auch, dass der Betrag jährlich um 2,5 Prozent steigt. Weitere knapp 570.000 Euro stammen aus anderen Landestöpfen.

Aus Sicht der Frauenberatungsstellen reicht diese Summe aber nicht – und 2,5 Prozent mehr seien angesichts von steigenden Kosten für Mieten, Energie und vor allem Personal nicht genug: „Wir sehen die Ankündigungen des Landes, die Tarifsteigerungen nicht in die Finanzierung aufnehmen zu wollen, sehr kritisch“, sagt Melanie Groß, Vorstandsmitglied des LFSH.

Die Haushaltsberatungen gehen im Januar los. Der Landtag des stark verschuldeten Schleswig-Holstein hat für das vergangene und auch das laufende Jahr eine Haushaltsnotlage erklärt und sie mit den Folgen der Coronapandemie und des andauernden Ukraine-Kriegs erklärt, muss aber alle Entscheidungen danach überprüfen, ob sie nicht gegen die Regeln des Bundesverfassungsgericht-Urteils verstoßen.

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2 Kommentare

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  • Das gibt es in vielen Bereichen, die vulnerable Kliebtel betreffen. In Bremen, für den Bereich Geflüchteten- und Migrationsberatung gibt es ebenfalls die Ansage, dass trotz TVL-Tarifrunde nur das gleiche Budget wie im vorigen Förderzeitraum zur Verfügung gestellt wird. Was letztlich auf Stellenkürzungen bzw. zwangsweise Stundenreduzierung hinausläuft. Also das Angebot reduziert. Wobei: es gibt ja eh genug unbesetzte Stellen, für die kein Fachpersonal gefunden wird.

    Ansonsten ist die im Artikel zitierte Ministeriumssprecherin wohl eine ganz helle Leuchte: wenn sie von verschiedenen Stellen hört, dass diese ihre Beratungsangebote um ein paar Stunden einkürzen müssen… dann bedeutet das über das Jahr tausende wegfallende Stunden die nicht mit der Beratung gewaltbetroffener Frauen verbracht werden können.

  • Das Geld fehlt nicht, es fehlt der politische Wille Frauen angemessen zu schützen und zu unterstützen.