Frauen fordern Quote in Fußballgremien: Ein Drittel des Platzes!
Neun prominente Frauen aus dem Fußball fordern eine 30-Prozent-Quote beim DFB und in den Klubs. Die ersten Reaktionen fallen ernüchternd aus.
Zunächst schickten sie sich nur hin oder wieder Whatsapp-Nachrichten, SMS oder E-Mails. Der Unmut über fehlende Geschlechtergerechtigkeit oder mangelnde Beteiligung an den Entscheidungsprozessen im kriselnden Profifußball bestand bei neun prominenten Frauen schon länger. Nun konfrontieren sie den deutschen Fußball mit acht Forderungen. Es geht um Gleichheit, die Unterstützung von Frauen im Berufsfeld Fußball und die angemessene Anerkennung von Spielerinnen.
Und sie wollen mitreden: Es könne nicht sein, dass immer noch mehr als 90 Prozent der wichtigen Positionen von Männern besetzt sind. „Die Vielfalt der Spieler*innen auf dem Platz und bei den Menschen, die sich für den Fußball begeistern, spiegelt sich nicht in seinen Führungsgremien wider“, heißt es in einem Positionspapier, das Almuth Schult (Torhüterin beim VfL Wolfsburg), Bibiana Steinhaus (Schiedsrichterin), Claudia Neumann (ZDF-Kommentatorin), Gaby Papenburg (Präsidentschaftskandidatin für den Berliner Fußball-Verband), Helen Breit (Vorsitzende der Fanorganisation „Unsere Kurve“), Jana Bernhard (Geschäftsführerin der Sponsorenvereinigung S20), Katja Kraus (Geschäftsführerin Jung von Matt Sports), Katharina Kiel (Geschäftsführerin talentzone) und Sandra Schwedler (Aufsichtsratsvorsitzende FC St. Pauli) vorgelegt haben.
„Der Fußball funktioniert bislang nach eigenen Regeln, und es gibt jetzt erstmals Druck von außen. Den wollen wir erhöhen“, erklärt Katja Kraus gegenüber der Zeit: „Die Funktionärsebene ist ein hermetisches System, das sich um sich selbst dreht und auch sich selbst nährt.“ Kraus sagt, sie könne sich vorstellen, im DFB Verantwortung zu übernehmen.
Der gerade zurückgetretene Präsident Fritz Keller schlug in seiner Abschiedserklärung einen „auf Vertrauen und Zuverlässigkeit aufbauenden Führungsstil, insbesondere unter Einbeziehung von Diversitätsgedanken“ vor.
„Wir sind keine terroristische Zelle“
Die ersten Reaktionen aus der DFB-Zentrale deuten darauf, dass das noch lange auf sich warten lässt. Erschreckend empfanden es die Initiatorinnen, dass der kontaktierte Verband der ohnehin nur als Videoassistentin tätigen Bibiana Steinhaus nahegelegt habe, sich doch sehr genau zu überlegen, ob sie Teil einer solchen Initiative sein will. Katja Kraus: „Wir sind schließlich keine terroristische Zelle, sondern Frauen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit engagieren.“
Ihre Forderung: 30 Prozent Frauen in Präsidium, Vorstand und Geschäftsführung bei Verbänden bis 2024, aber auch in Aufsichtsräten eines jeden Profivereins zu installieren. Jeder Klub soll bis dahin im Vorstand oder in der Geschäftsführung mindestens eine Frau haben. „Mit den von uns angestrebten mindestens 30 Prozent sind wir da noch relativ niedrig rangegangen. Doch selbst 30 Prozent übersteigen die Vorstellungskraft von vielen“, sagt die frühere Sat.1-Moderatorin Gaby Papenburg.
Verlangt werden zudem Programme zur Chancengleichheit, Gehaltstransparenz, bessere Rahmenbedingungen, eine geschlechtergerechte Sprache auf allen Ebenen des Fußballs und eine konsequente Sanktionierung jeder Form von Sexismus und Diskriminierung.
„Der wirtschaftliche und kulturelle Nutzen gemischtgeschlechtlicher Teams ist in der Arbeitswelt hinlänglich nachgewiesen“, heißt es weiter. Einzelne Protagonistinnen wie DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg, DFB-Direktorin Heike Ullrich oder die bei der Uefa für Frauenfußball zuständige Exnationalspielerin Nadine Keßler würden häufig als Argument genutzt, dass erfolgreiche Karrieren für Frauen durchaus möglich sind. „Aus der Exotik entsteht allerdings keine Kraft. Und auch kein struktureller Unterbau“, warnt die Initiative. Es gebe viele Frauen, „die die Kompetenz, die Erfahrung und die Integrität mitbringen, um Führungspositionen zu übernehmen.“ Ihnen müsste endlich die Chance gegeben werden, sich zu beweisen.
Laut der Studie „Equal Play 2019“ wird die Hälfte der im Sport beschäftigten Frauen aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt. „Das ist ein verheerender Zustand, den es unmittelbar zu verändern gilt“, hält das Positionspapier fest.
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