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Frauen-Kampfsport in der KriseZu wenig Action und Strahlkraft

Der „Superfight“ zwischen Zhang Weili und Valentina Shevchenko macht die strukturellen Probleme des Frauen-MMA sichtbar.

Titelverteidigerin Valentina Shevchenko (l.) dominierte den Kampf gegen Zhang Weili Foto: Ed Mulholland/ Imagn Images

Es war einer der größten Frauen-Kämpfe des letzten Jahrzehnts, nicht nur im MMA, sondern im gesamten Kampfsport: Die Chinesin Zhang Weili ging eine Gewichtsklasse nach oben, um gegen die Titelträgerin Valentina Shevchenko anzutreten. Die weltweit größte MMA-Organisation UFC verkaufte den Kampf in New York als „Superfight“. Doch was als „Non-stop-Action-Kampf“ vermarktet wurde, hielt dem Versprechen nicht stand.

Das Fliegengewicht reicht bis knapp 57 Kilogramm und wurde in der UFC bisher von der Kirgisin Shevchenko dominiert. Die 37-Jährige ist für ihr technisch eindrucksvolles Thaiboxen und in den letzten Kämpfen zunehmend starken Bodenkampf bekannt. Eine Gewichtsklasse unter ihr, im Strohgewicht, zeigt Weili als Titelinhaberin eine ähnliche Dominanz.

Um einen zweiten Titel zu erkämpfen, sprang die dynamische Chinesin eine Klasse nach oben und legte sich dafür deutlich mehr Muskelmasse zu. Doch Shevchenko dominierte den Kampf über die volle Distanz, bearbeitete Weili über 25 Minuten mit harten Kicks und Knien zum Körper und blieb den starken Schlagkombinationen ihrer Gegnerin stets fern. Trotz der Einseitigkeit war es ein taktischer, oft langsamer Kampf. Das Publikum im Madison Square Garden empfand das als langweilig.

Die UFC wollte Frauen für lange Zeit nicht in das Oktagon lassen

Oft ist das die Kritik, die an Kämpfen von Frauen geübt wird: zu wenig Action, nicht genügend Knock-outs, kein großer Schlagabtausch. Während Knock-outs in den Kämpfen der Männer keine Seltenheit sind, bleiben sie bei den Frauen die Ausnahme. Noch dazu ist die Zahl der Kämpferinnen deutlich geringer als die der Männer. Darin gleichen sich nicht nur der MMA- und Boxsport, sondern auch das Ringen, Judo und Kickboxen.

Star gesucht

Die UFC, insbesondere aber deren Präsident und Trump-Vertrauter Dana White, wollten Frauen für lange Zeit überhaupt nicht in das Oktagon lassen. Auf die Frage, wann man Frauen in der Organisation kämpfen lässt, sagte White 2011 noch demonstrativ: „Niemals.“ Zwei Jahre später stand die Judoka Ronda Rousey im ersten weiblichen UFC-Kampf und löste einen Hype aus, der sie in den Folgejahren und ungeachtet aller Geschlechtergrenzen zu einem der bekanntesten Gesichter im internationalen Sport machte.

Ein solcher überlebensgroßer Star fehlt der UFC heute. Zwar sind Shevchenko, Weili und Mackenzie Dern große Namen in der UFC, reichen jedoch nicht an die Strahlkraft Rouseys heran. Dazu gibt es im Vergleich zu den acht Gewichtsklassen der Männer nur drei für die Frauen. Auch das ist ein Grund, warum Frauen unterrepräsentiert sind. So traten im UFC-Event 322 am vergangenen Wochenende in vierzehn Kämpfen nur dreimal Frauen gegeneinander an.

Dabei gäbe es durchaus Potenzial, weitere Gewichtsklassen einzuführen. Die aktuelle Titelträgerin im Bantamgewicht – die US-Amerikanerin Kayla Harrison – kann aufgrund ihrer Statur kaum die Grenze von 61,3 Kilogramm erreichen und muss sich im Vorfeld stark dehydrieren. Jeder Versuch, das Gewicht zu erreichen, ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden. Zusätzliche Gewichtsklassen können das Problem lösen und die Gesundheit der Athletinnen als auch deren Performance selbst verbessern.

Doch im Kampfsport ist der weibliche Talentpool deutlich kleiner als in anderen Sportarten. Zwar unterstützt die UFC die Invicta Fighting Championships, eine Organisation ausschließlich für Frauen-MMA, doch selbst diese kann gerade einmal fünf Gewichtsklassen mit Kämpferinnen füllen. Dem könnte die UFC mit einem deutlich stärkeren, auf Frauen ausgerichteten Marketing entgegenwirken und Nachwuchskämpferinnen fördern.

Doch dass Dana White so etwas umsetzt, ist unwahrscheinlich. Auf Pressekonferenzen weiß er oft nicht einmal die Namen der Kämpferinnen. Und wie viel Interesse kann er schon an Feminismus und Emanzipation haben, wenn er mit Trump befreundet ist? Seine Frau ohrfeigte White einmal in der Öffentlichkeit.

Als einziger nächster großer MMA-Kampf der Frauen gilt Kayla Harrison, die gegen die Brasilianerin Amanda Nunes antreten will. Zwar gibt es noch keine offizielle Ankündigung, doch wird der Kampf bereits als einer von vielen für das kommende Spektakel im Weißen Haus gehandelt. Am kommenden Unabhängigkeitstag wollen Trump und White das größte UFC-Event auf dem Rasen des Regierungssitzes veranstalten. Sicher ist, dass die Frauen wieder nur in der zweiten Reihe stehen werden – wenn überhaupt.

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