Frankreichs Präsident an Boris Johnson: Nein zu neuem Brexit-Abkommen
Bei seinen Charme-Offensiven in Paris und Berlin gibt sich der britische Premier Johnson dennoch „optimistisch“. Kanzlerin Merkel habe ihn „ermutigt“.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat beim Besuch des britischen Premierministers Boris Johnson der Neuverhandlung des Brexit-Abkommens eine Absage erteilt. Zwar bestehe die Möglichkeit, Änderungen an der von Johnsons Vorgängerin Theresa May verhandelten Einigung vorzunehmen, sagte Macron am Donnerstag in Paris. Er betonte jedoch: Innerhalb eines Monats werde kein neues Austrittsabkommen gefunden werden, das sich von dem bereits bestehenden groß entferne.
Johnson betonte, dass er eine Einigung für den Austritt seines Landes aus der EU erzielen wolle. „Ich möchte ein Abkommen“, sagte Johnson bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron vor dem Élyséepalast. Er sei durch sein Treffen mit Merkel „sehr ermutigt“ worden und denke, dass eine gute Einigung möglich sei, so Johnson.
Den Zeitraum von 30 Tagen für Änderungen hatte am Mittwoch erstmals Bundeskanzlerin Angela Merkel genannt. Am Donnerstag hatte sie ihre Aussage allerdings präzisiert: Der Zeitraum sei nur sinnbildlich gemeint gewesen, sagte Merkel am Donnerstag in Den Haag. „Ich habe gesagt, was man in drei Jahren oder in zwei Jahren schaffen will, das kann man auch in 30 Tagen schaffen“, führte Merkel aus. „Besser gesagt, müsste man sagen: Das kann man auch bis zum 31. Oktober schaffen.“ Zu diesem Datum möchte Großbritannien aus der EU austreten.
Bei Johnsons Besuch in Berlin war es auch um den Backstop gegangen. Diese Garantieregelung für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland stößt auf heftigen Widerstand in Johnsons konservativer Regierungspartei. Sie sieht vor, das Großbritannien in der Zollunion mit der EU bleibt, bis eine bessere Lösung gefunden ist.
„Freundschaft und Partnerschaft“
Johnson möchte den Backstop aus dem Abkommen streichen, die EU lehnt das ab. Merkel zeigte sich offen für Alternativen zu der Garantieregel, forderte jedoch, London müsse eine Lösung präsentieren. Johnson drohte bisher, die EU notfalls auch ohne ein Abkommen zu verlassen. Das No-Deal-Szenario sei eine politische Entscheidung des Premierministers, betonte Macron. „Das ist nicht unsere Entscheidung.“
Johnsons Vorgängerin Theresa May war dreimal mit dem Austrittsabkommen im britischen Parlament gescheitert.
Trotz seiner Absage streckte Macron seinem Besucher symbolisch die Hand aus: Niemand werde bis zum vereinbarten Austrittstermin Ende Oktober warten, ohne zu versuchen, eine „gute Lösung“ zu finden, sagte er zu Johnson. Der plädierte dafür, den Brexit „vernünftig und pragmatisch sowie im Interesse beider Seiten“ zu regeln und damit nicht bis zum 31. Oktober zu warten. „Lassen Sie uns nun damit weitermachen, unsere Freundschaft und Partnerschaft zu vertiefen und zu intensivieren.“
An den Finanzmärkten kam Hoffnung auf, dass nun doch Bewegung in den festgefahrenen Brexit-Streit kommt. Das Britische Pfund stieg im Wert.
Der Brexit wird auch Thema auf dem G7-Gipfel im französischen Biarritz sein. Von Samstag bis Montag treffen hier die Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industriestaaten zusammen. Erstmals trifft Johnson dann als Premierminister auf seinen Unterstützer, den US-Präsidenten Donald Trump. Viele Beobachter befürchten, dass Johnson den Gipfel als Bühne für provokante Auftritte nutzen könnte.
(mit Agenturen)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut