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Frankreichs Kritik an Großkonzerne​nSchämt Euch, Nestlé und Pepsi!

Frankreichs Regierung will, dass Lebensmittelkonzerne ihre Preise senken. Dadurch soll die Inflation nachlassen. Doch die Großen machen nicht mit.​

Geld verdienen kommt für Nestlé vor Solidarität Foto: Pond5/imago

Paris taz | Zum Kampf gegen die Verteuerung der Lebensmittel gibt es keine Alternative. Das hat Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire mehreren Großunternehmen bei einem Treffen mit den Verbänden des Sektors in Erinnerung gerufen. Er ist offenbar ziemlich ungehalten über die mangelnde „Solidarität“ der Branche, die seine Autorität und die Glaubwürdigkeit seiner Politik zur Inflationsbekämpfung untergräbt.

Bereits im Mai hatte er industriellen Lebensmittelproduzenten und -ketten mit einer „Name and shame“-Kampagne gedroht, falls sie nicht freiwillig ernsthafte Initiativen ergreifen sollten, die Preise zu senken. Nun hat Le Maire damit Ernst gemacht. Und nannte die Namen der Konzerne, die nicht mitwirken – und sich darum gehörig schämen sollten. Es sind die Großen der Branche: Nestlé, Unilever, Pepsi. Diese „sehr großen Multinationalen unternehmen nicht genug. Sie könnten viel mehr tun“, beschwerte sich Le Maire.

Auch Handelsministerin Olivia Grégoire ist mit der Preispolitik der Konzerne nicht zufrieden. Sie hatte wie andere Regierungsmitglieder den Kon­su­men­t*in­nen noch vor dem Sommer versprochen, bis zur „Rentrée“ (dem Schulbeginn nach den Urlaubswochen) Anfang September würden vor allem die Nahrungsmittel und andere wichtige Versorgungsprodukte (Hygiene, Schulmaterial) wieder günstiger. Nun aber ist weitgehend das Gegenteil der Fall: Die Teuerungsspirale dreht sich weiter. Die Verbraucherpreise legten im August um durchschnittlich 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu. Im Juli hatte die Rate noch bei 5,1 Prozent gelegen.

Was die Regierung außer der öffentlichen Anprangerung gegen steigende Preise unternehmen kann, ist unklar. Sie hofft aber nun, dass bei den früher als vorgesehen startenden Verhandlungen zwischen Produzenten und Supermärkten eine Einigung erzielt wird, dank der die Preise von 5.000 Produkten im Endverkauf nicht weiter steigen, sondern eher gesenkt werden.

Auch die Branche wünscht sich was von der Regierung

Umgekehrt wünschen sich die Supermärkte ein Entgegenkommen der Regierung. Diese hat ein Gesetz verabschieden lassen, das ab 2024 die Ermäßigungen bei Sonderaktionen für Körperpflege- und Hygieneartikel auf maximal 34 Prozent begrenzt.

Das sei nicht im Interesse der Verbraucher*innen, erklärte beim Treffen mit Le Maire der Verbandsvorsitzende der Branche, Alexandre Bompard vom Konzern Carrefour: „Bisher konnte ich ein Waschmittel mit einem Rabatt von 50 oder 60 Prozent anbieten.“ Das aber sei ab Januar nicht mehr erlaubt. Darum dürfe dieses „schlechte Gesetz“, von dem in Wirklichkeit nur die drei Marktführer Henkel, Unilever und Procter & Gamble profitierten, nicht wie vorgesehen in Kraft treten, wünschen die Supermärkte in einem Schreiben an die beiden Parlamentskammern.

Im Juli 2023 waren in Frankreich die Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vorjahr um 12,7 Prozent gestiegen. Als Folge davon sank der Verbrauch: um 7,9 Prozent im Vergleich zum Juli 2022. Es sind vor allem die Haushalte mit geringem Einkommen, die unter der Inflation leiden.

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12 Kommentare

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  • Die bösen Konzerne sind natürlich Schuld. Tatsächlich ist es aber so, dass auch Lebensmittel von kleineren Betrieben teurer geworden sind und nicht billiger werden. Vergleicht man die Margen der Konzerne mit jenen der Vor-Corona-Zeit, muss man feststellen, dass diese eben nicht extrem gestiegen sind.

    Was seitdem aber gestiegen ist, ist die Geldmenge (M2 über 20%). Wenn man das im Umlauf befindliche Geld verwässert, sinkt dessen Wert. Das ist eigentlich logisch, wenn auch nicht gleich sichtbar: Zum einen ist der Effekt verzögert, zum anderen muss man Inflation über ein Spektrum von Warengruppen betrachten und sich nicht nur den Verbraucherpreisindex anschauen.

  • Das ist das Problem wen solche Konzerne zu groß werden. Egal in welcher Branche.

  • Was erwarten wir denn von diesen Konzernen? Schliesslich sind wir mitten im Kapitalismus, und da heisst es: solange die Profite wachsen, was jucken uns die Menschen? Wenn der Konsum zurück geht, ja dann... Aber der Konsument ist schliesslich selber Schuld oder?

  • Name and shame also. Was für eine schwachsinnige Aktion. Senken französische Pharmakonzerne im Ausland die Preise, wenn dringend Medikamente benötigt werden, werden Preisreduktionen der französischen Luxusmarken zwecks Inflationssenkung gefordert? So eine Aktion würde ich als Unternehmen auch ins Leere laufen lassen.

  • "Der Markt regelt das."

    Der Staat traut sich nicht einmal, solche Konzerne zu enteignen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Ein einzelner Staat kann multinationale Konzerne auch gar nicht enteignen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Was sollte es bringen, Lebensmittelkonzerne zu enteignen? Ich vermute, Sie kennen die DDR nur aus Büchern oder saßen auf der anderen Seite der Mauer.



      Denken Sie ernsthaft, ein bundeseigener Betrieb "Lebensmittelherstellung" würde irgendwas besser oder gar günstiger können?

      • @Bommel:

        Ja.

        Der "Bundeseigene Betrieb" darf keine Gewinnabsichten verfolgen.

        Das machen aber Nestle, Pepsi und wahrscheinlich auch Coca-Cola. Und die werden nen Teufel tun, ihren Gewinn schmälern zu wollen.

        Und zu deinem Ausritt in den Osten: Auch die VEB wollten, um der Planwirtschaft gerecht zu werden, unbedingt Gewinne erzielen. Daher ist dein Ausritt Fehl am Platz.

        • @Troll Eulenspiegel:

          Dieser "bundeseigene Betrieb" wird sein Plansoll zwar erfüllen, allerdings werden seine Produkte mangelhaft bis unbrauchbar sein sowie ineffizient und teuer und dann noch zu wenig. Das wurde schon oft genug ausprobiert und hat nie funktioniert. Die Privatwirtschaft ist zwar schlecht, die Staatswirtschaft aber deutlich schlimmer.

          • @Luftfahrer:

            ...na so schlimm kann das nicht sein. Sonst wären alle Rentner verhungert.

            Wenn Rente privatwirtschaftlich betrieben würde... ohje....

            • @Troll Eulenspiegel:

              Wir schreiben nicht von der Rente, sondern von der Konsumgüterindustrie. Und da genügt ein Blick in die ex-Sozialistenstaaten. Die haben das ausnahmslos vergeigt und durch deren Inkompetenz dabei Abermillionen verhungern lassen. Die Situation hat sich genau dann verbessert, als kapitalistische landwirtschaftliche Elemente eingeführt wurden und bei deren Abschaffung sofort wieder verschlechtert. Die Wahl zwischen Gewinn für die Lebensmittelindustrie und Hungertod fällt mir nicht schwer.

              • @Luftfahrer:

                Ach, und eine Lebensmittelknappheit lässt sich nur dann lösen, wenn Konzerne Gewinne ohne Ende machen?

                Sehen wir ja, was Pepsi und Nestle gerade machen. Was das eigentliche Thema ist. Und welche Lösungen wir ausarbeiten müssen, um diese Konzerne zu vernichten.