Neues Arbeitsmarktgesetz: Frankreich plant Ein-Euro-Jobs

Paris kopiert einen Teil der deutschen Hartz-Reformen. Die konservative Rechte will so gegen „Profiteure“ der öffentlichen Fürsorge vorgehen.

Nahaufnahme Präsident Macron.

Vom Nachbarn kopiert: Präsident Macron will mit Zwang mehr Menschen in den Arbeitsmarkt bringen Foto: Markus Schreiber/ap

PARIS taz | Die Abgeordneten der Regierungsparteien haben mit Unterstützung der Stimmen der konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) am Dienstagabend ein Arbeitsmarktgesetz verabschiedet, das – so die optimistische Bezeichnung der Zielsetzung – zur „Vollbeschäftigung“ führen soll.

Die unmittelbare Absicht dabei ist, die statistisch ausgewiesene Arbeitslosenrate zu verringern. Diese ist mit derzeit rund 7,2 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung weiterhin viel höher als in Deutschland. Vielleicht war dies mit ein Grund, weshalb sich die französische Staatsführung an Maßnahmen zur Arbeitsmarktförderung im Nachbarland, besser bekannt als Hartz-Reformen, orientieren möchte?

Während einige Punkte der Gesetzesvorlage rein formalen Charakter haben, wie zum Beispiel die Umbenennung der Arbeitsämter von „Pôles emploi“ in „France travail“, gibt eine Reform der finanziellen Unterstützung der Erwerbslosen weiterhin viel zu reden.

Wer von diesen keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr bekommt, erhält grundsätzlich ein Existenzminimum, das seit 2007 unter der Abkürzung RSA (Revenu de solidarité active) bekannt ist.

Leistungsempfänger sollen Gegenleistung bringen

Eine Einzelperson ohne Arbeitseinkommen bezieht rund 600 Euro, ein Paar mit einem Kind etwa das Doppelte. Das war für die RSA-Empfänger bisher mit einer (moralischen) Verpflichtung verbunden, Möglichkeiten für eine Erwerbstätigkeit oder eine Fortbildung zu nutzen.

Vor allem in rechten bürgerlichen Kreisen existiert indes die Vorstellung, dass es unter den RSA-Empfängern zu viele „Profiteure“ gebe, die diese finanzielle Hilfe beziehen, ohne auch nur die geringste Anstrengung um eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu unternehmen, und sich so oft definitiv aus der Berufswelt entfernen.

Da auch Präsident Emmanuel Macron noch in seiner letzten Wahlkampagne gefordert hat, die Leistungsbeziehenden müssten „ihren Teil der Anstrengung“ liefern, nahmen ihn die LR-Abgeordneten beim Wort, indem sie verlangten, für das RSA müsse einen Gegenleistung – im Stil der Ein-Euro-Jobs – erbrecht werden.

Das wurde nun umgesetzt: Grundsätzlich muss für das RSA in Zukunft eine (unbezahlte) „Aktivität“ zur Wiedereingliederung von 15 Stunden pro Woche belegt werden. Nur wer daran aus gesundheitlichen Gründen oder wegen der Betreuung von Kindern gehindert ist, wäre eventuell von dieser Verpflichtung ausgenommen. Worin genau diese Aktivitäten bestehen, bleibt noch sehr vage.

Kritik von Gewerkschaften und Opposition

Gewerkschaften und linke Oppositionsparteien protestieren gegen eine Form von „Fronarbeit“. Frankreichs Ombudsfrau für Bürgerrechte, Claire Hédon, befürchtet, dass diese Reform die Armut noch weiter verschärft und viele Unterstützungsberechtigte davon abhalten könnte, diese RSA-Leistungen zu beantragen.

Fraglich bleibt auch, wie ernst es die Regierung mit der im Gesetz vorgesehenen besseren individuellen Betreuung der Erwerbslosen meint. Mehr Geld und mehr Personal für diese Aufgabe hat sie nämlich nicht vorgesehen.

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