Paris fordert Preissenkungen fürs Essen: „Name and shame“ gegen Inflation

Frankreichs Regierung fordert niedrigere Preise von der Lebensmittelbranche. Die Führung erwägt auch eine „name and shame“-Kampagne für Preistreiber.

Eine Baguettestange auf einer Waage

Wenn selbst die Kosten für das französische Nationalheiligtum steigen, wird es kritisch Foto: Bruno Levesque/imago

PARIS taz | Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat bei einem Treffen am Donnerstag die großen Supermarktketten eindringlich ersucht, mit einer Mäßigung ihrer Preise für die End­ver­brau­che­r*in­nen die Inflation zu bremsen. Die Handelskonzerne reichen indes die Schuld für die Teuerung an die Lebensmittelindustrie und anderen Produzenten weiter, die wiederum auf zu hohe Gewinnmargen der Ketten verweisen.

Warum sind in Frankreich die Treibstoffe teurer als im spanischen und deutschen Tankstellen? Und warum fahren die Konsumenten aus französischen Grenzgebieten in deutsche Supermärkte, um billiger einzukaufen? Mit Reportagen zu solchen Fragen machen derzeit französische Medien Druck auf die Staatsführung, die bisher mehr oder weniger hilflos zugeschaut hat, wie die Preise steigen – und proportional dazu der Ärger der Verbraucher*innen.

Insgesamt ist die Teuerung nicht höher als anderswo. Dennoch wächst in Frankreich der Druck, weil die Bevölkerung im Zusammenhang mit der Krise wegen der Rentenreform generell aufgebracht und im Speziellen über die inflationsbedingt sinkenden Kaufkraft wütend ist.

Die Regierung möchte den Forderungen entgegenkommen, hat aber – abgesehen von rein rhetorischen Auftritten – nicht viel Interventionsmöglichkeiten. Eine strikte, gesetzliche Preisbildung oder ein Preisdeckel für bestimmte Verbrauchsgüter steht nicht zur Debatte. Wie immer versucht die Staatsführung eher, mit punktuellen Subventionen Menschen mit niedrigen Einkommen oder besonders betroffenen Berufskategorien unter die Arme zu greifen.

Alle haben Ausreden

Das aber reicht vor allem auf die Dauer nicht aus. Das belegt das Beispiel der Treibstoffe, die auf dem Höhepunkt der Hausse der Erdölpreise während Monaten mit einer staatlichen Subvention um 20 Cent verbilligt worden waren. Diese Aktion ist zu Ende und im Ergebnis sind die Benzin- und Dieselpreise enorm gestiegen und teurer in Frankreich als nebenan. Ein Vertreter der Erdölindustrie wollte dafür in den Medien die kürzlichen Streiks der Ren­ten­re­form­geg­ne­r*in­nen verantwortlich machen.

Auch bei den hohen Lebensmittelpreisen werden als Grund die (mittlerweile wieder sinkenden) Energiekosten angegeben. Ungeachtet aller Rechtfertigungen für die gesetzlich freie Preisbildung wollen die Supermarktketten den Forderungen nach Mäßigung nur entgegen kommen, wenn die Hersteller ebenfalls mit günstigeren Lieferungen mitmachen. Beim Treffen mit Le Maire meinte darum der Chef der Supermärkte Intermarché und Netto, Thierry Cotillard: „Wir haben schon Anstrengungen bezüglich unserer Margen gemacht, jetzt müssen die Industriellen auch zur Preissenkung beitragen.“

Das ist laut Le Maire nicht zu viel verlangt, weil namentlich die Kosten für den Seetransport rund zehn Mal billiger geworden seien oder auch die Getreidepreise wieder sinken. Doch alle scheinen gute Ausreden zu haben. So erklären beispielsweise die Lebensmittelkonzerne, dass sie bloß die vorher gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise weitergeben würden. Der Vorsitzende des Verbands der Lebensmittelindustrie ANIA, Jean-Philippe André, sagte vor dem Treffen im Radio, er sei es Leid, das „Märchen von Superprofiten“ zu hören.

Nicht so Minister Le Maire: Er droht jedenfalls, gegebenenfalls via Steuern „auf Kosten der Verbraucher erzielte unzulässige Gewinne“ einzuziehen. Dazu wolle er die Finanzinspektion seines Ministerium damit beauftragen, die Gewinnmargen unter die Lupe zu nehmen. Seine Staatssekretärin Olivia Grégoire hat zudem auf RTL auch eine „name and shame“-Kampagne erwogen, mit der jene Konzerne öffentlich angeprangert würden, die sich nicht an der Preismäßigung beteiligen. Es ist nicht sicher, ob diese Drohungen reichen, um die große Wut der Konsumenten über die „Inflationsprofiteure“ zu besänftigen.

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