Fotojournalist im Irak festgenommen: „Ich habe mich abschieben lassen“
Der Fotograf Hinrich Schultze wurde in Erbil, Nordirak, am Flughafen festgehalten – nicht sein erstes Zusammentreffen mit den Sicherheitsbehörden.
taz: Herr Schultze, sind Sie wieder frei?
Hinrich Schultze: Ja, ich bin im Schanzenviertel und frei.
Wo wurden Sie festgehalten?
Auf dem Flughafen von Erbil, Nordirak. Ich war mit der gleichen internationalen Friedensdelegation unterwegs wie die Fraktionsvorsitzende der Linken, Cansu Özdemir, und andere, die auch festgehalten wurden, allerdings schon in Düsseldorf.
Warum wurden Sie erst in Erbil aufgehalten?
Ich war ausnahmsweise mal früh dran und saß schon in Düsseldorf im Flugzeug, als die Polizisten kamen und die anderen festhielten. Das Flugzeug startete dann ohne sie.
Was passierte in Erbil?
Einige von uns wurden schon vor der Passkontrolle mitgenommen, die hatten die Beamten wohl vom Gesicht her erkannt. Woher die Behörden im Irak wissen, wer in Hamburg zum Beispiel Asta-Vorsitzende ist – keine Ahnung. Die meisten wurden aber wie ich nach der Ausgabe der Visa aufgegriffen.–
Was wurde Ihnen über den Grund der Festnahme mitgeteilt?
Nichts. Ein paar Herren kamen auf uns zu, einige stark tätowiert, andere muskelbepackt, andere in schicken Anzügen. Sie sagten nur, wir sollten mitkommen und brachten uns in einen abgelegeneren Teil des Flughafens. Da hielten sie uns von 14 Uhr bis 4 Uhr morgens fest.
Sie wurden nicht verhört?
Nein. Irgendwann wurden die Herren etwas freundlicher und gaben uns Wasser und ein halbes Huhn. Wahrscheinlich, weil es internationale Nachfragen gegeben hatte. Am Schluss boten sie uns an, dass wir überallhin fliegen könnten mit Quatar Airlines, wenn es nur nicht im Irak sei.
Und da haben Sie Deutschland gewählt.
Ja. Ich habe mich quasi abschieben lassen.
Hatten Sie Angst?
Nein, höchstens um die türkischen Teilnehmer unserer Delegation. Was sollten die mit uns anderen machen außer uns abzuschieben?
Sie wurden nicht zum ersten Mal in der Region von den Behörden festgehalten.
Nein, das passiert öfters. Ich bin als Journalist oft in der Region unterwegs. So um 2015, 2016 wurde man ständig aufgegriffen, auch wenn man nur einkaufen war. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft es war, meistens wird man ja nach einigen Stunden freigelassen.
Was glauben Sie, warum das Regime Ihnen so misstraut?
Ich denke, es geht um militärische und wirtschaftliche Interessen. Im Nordirak herrscht ja eine Art Krieg, die Türkei ist gegen die Kurden einmarschiert. Dörfer wurden bombardiert, Zivilisten sind betroffen. Dabei werden auch deutsche Waffen eingesetzt. Wenn es um Krieg oder gegen Russland geht, halten Deutschland und die Türkei zusammen.
Glauben Sie, dass der deutsche Geheimdienst sich auch für Sie interessiert?
Gemeldet hat der sich nicht bei mir, aber das heißt ja nichts. Meine geschätzte Kollegin Marily Stroux, mit der ich bei der taz sowie der Agentur Panfoto zusammengearbeitet habe, wurde ja auch jahrelang observiert. Journalisten sind grundsätzlich verdächtig für Regime, die was zu verbergen haben.
Wollen Sie wieder nach Kurdistan reisen?
Ich arbeite als Journalist kontinuierlich an Themen, zu denen ich weiter berichten will. Seit 2015 wurden in Kurdistan viele Städte zerstört, auch traditionelle Wohnformen und Kulturstätten verschwinden nach und nach. Mir ist es wichtig, so viel wie möglich zu dokumentieren, solange es noch da ist.
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