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Forscher finden Müll auf Pazifikinsel38 Millionen Teile Plastik

Eine unbewohnte Insel mitten im Pazifischen Ozean wird zum Sinnbild der Vermüllung der Meere. Wissenschaftler sind entsetzt.

Zu dreckig ist der Strand der Insel Henderson. Die Krabbe verkriecht sich lieber in ein Stück angespülten Müll Foto: dpa

Wellington ap | Forscher haben auf einer unbewohnten Pazifikinsel rund 38 Millionen Teile Müll gefunden. Es sei fast ausschließlich Plastikmüll, der an den Stränden der winzigen und abgelegenen Henderson-Insel angeschwemmt worden sei, erklärten die Forscher der Universität von Tasmanien am Dienstag bei der Veröffentlichung ihres Forschungsberichts. Unter anderem hätten sie dort Zahnbürsten, Dominosteine, Spielzeug und Hunderte Schutzhelme in jeder Größe, Farbe und Form entdeckt.

Nirgendwo sonst sei jemals so viel Müll an einer Stelle gefunden worden – und das, obwohl die Insel zu den extrem abgelegenen Pitcairninseln gehört, hieß es in dem Bericht, der in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschien. Die britischen Pitcairn-Inseln liegen ungefähr auf halbem Weg zwischen Neuseeland und Chile und gelten als Unesco-Weltnaturerbe. Sie wurden unter anderem dadurch bekannt, dass sich auf der Hauptinsel im 18. Jahrhundert die Meuterer des britischen Schiffes „Bounty“ ansiedelten.

Die Erstautorin der Studie, Jennifer Lavers, erklärte, Henderson Island liege am Rande eines Strudels aus Meeresströmungen, der als Südpazifischer Wirbel bekannt ist, und der viel Müll aufnimmt und mit sich führt. „Die Menge an Plastik ist wirklich alarmierend“, sagte Lavers. Sie sei teilweise fasziniert gewesen von den vielen Formen und Farben des Plastikmülls, bis ihr dann die Tragödie wieder voll bewusst geworden sei. „Es ist sowohl schön als auch erschreckend.“

Lavers und sechs weitere Wissenschaftler waren im Jahr 2015 dreieinhalb Monate auf der Insel, um Daten für die Studie zu sammeln. Sie stellten fest, dass der angeschwemmte Müll 17,6 Tonnen wog und dass mehr als zwei Drittel davon an den Stränden halb vergraben waren. Lavers sagte, am häufigsten hätten sie und ihre Kollegen Feuerzeuge und Zahnbürsten gefunden, aber auch Gegenstände wie Häuschen aus dem Spiel Monopoly oder Babyschnuller. Eine Meeresschildkröte sei gestorben, weil sie sich in einem angeschwemmten Fischernetz verfangen habe. Eine Krabbe habe sich ein neues Zuhause in einer Kosmetikdose geschaffen.

Indem sie und ihre Kollegen einen Teil des Strandes säuberten, seien sie in der Lage gewesen zu schätzen, dass täglich mehr als 13.000 Müllteile an der Insel angeschwemmt würden, die zehn Kilometer lang und fünf Kilometer breit ist. „Wir müssen unser Verhältnis zum Plastik grundlegend überdenken“, sagte Lavers. „Es ist etwas, das dafür gemacht ist, ewig zu halten. Aber es wird oft nur für ein paar flüchtige Momente verwendet und dann weggeworfen.“

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12 Kommentare

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  • Da tut sich international gar nichts. Der Verbot von ein paar Plastiktüten hier in Europa ist irrelevant. Ehrlicherweise brauchen noch sehr viele Staaten effektive Müllverbrennungsanlagen. Dann wäre das Zeug erstmal "weg". Vermeidung und Rückkehr zu biologisch abbaubaren Stoffen wäre schöner, nur ich glaube nicht mehr dran.

    • @Energiefuchs:

      Irrelevant ist das nicht, 2010 wurden immerhin knapp 100 Milliarden Plastiktüten in der EU rausgegeben: http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2014-01/eu-plastikmuell-entschliessung

       

      Aber die große Masse des Mülls in den Meeren kommt m. W. aus Asien. China und auch Indonesien ist vorne mit dabei, wenn ich‘s recht weiß.

      • @Ruhig Blut:

        Ich bezweifle erheblich, dass zumindest die deutschen Plastiktüten in den Meeren laden, dafür ist unser Recycling zu umfassend.

        Wer schon mal in Drittweltländern unterwegs war, weiss, was dort zu zehntausenden in den Büschen rund um die Städte hängt: hier herrscht noch die Wegwerfmentatlität.

        Jetzt gibt es Papiertüten bei uns, obwohl klar ist, dass die wesentlich energieaufwändiger sind, nicht wiederverwendbar und z.T. schlecht nutzbar, z.B. bei nassen Artikeln. Die sind nicht einfach aus Abfallpapier, Tüten kann man nur aus langfasriger Zellulose machen, die zudem gebunden werden müssen.

        • @Mitch Miller:

          Ich nehme schon an, dass einiges von dem, was die Leute hier in Wäldern, Feldern und Fahrbahnrandstreifen entsorgen, schließlich über die Flüsse ins Meer gelangt. Aber klar, im Vergleich ist der Plastikmüll aus Deutschland kaum der Rede wert. Allerdings kommen wohl auch nur 80% des Mülls vom Land. Keine Ahnung ob deutsche Schiffe weniger rumsauen als andere.

          Vom Umstieg auf Papiertüten halte ich gar nix, nicht nur wegen dem Energieaufwand bei der Herstellung sondern v. a., weil der weltweite Holzverbrauch ohnehin viel zu hoch und Forstwirtschaft in den wenigsten Ländern nachhaltig ist.

          Da es aber viel leichter sein dürfte, die Hersteller zum Umstieg auf andere Materialien zu zwingen, als bei Produzenten und Konsumenten einen generellen Verzicht durchzusetzen, denke ich, dass Weiterentwicklung und Verbreitung von abbaubaren Kunststoffen der sinnvollste Weg sind.

  • Die Vermüllung der Meere und Strände mit Plastikabfällen ist überall zu beobachten und sie ist massiv. So auch an der dem Wind zugewandten Strand von Calhau auf der kapverdischen Insel Sao Vicente, über 700km enfernt vom Festland. http://www.cabo-verde-foto.com/Foto-Display-1-d.aspx?ID=4059

    Eine Gruppe von Schülern hat den Plastikmüll untersucht http://www.cabo-verde-foto.com/Foto-Display-1-d.aspx?ID=4057

    und gefunden, dass die Masse des Mülls aus den Flüssen Westarikas kommt.

    Besonders beunruhigend ist der nicht sichtbare Teil der Verschmutzen. Der helle Sand besteht bereits zu 2% aus winzigen Plastikpellets, die Eingang in die Nahrungskette haben und Weichtiere und Fische beinträchtigen.

    Hier der Bericht der Schüler: http://www.heinegymnasium.de/termine/termin-info/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=112

  • Zitat: "Nirgendwo sonst sei jemals so viel Müll an einer Stelle gefunden worden".

     

    Was soll denn dieser Stuss?? Die Strände von Hawaii werden seit 15 Jahren mit Baumaschinen vom Plastikmüll befreit, damit die Touris dort ungestört Paradies spielen können. Nach dieser Umweltschutz-Massnahme dauert es natürlich erstmal wieder so ca. eine Woche bis die Caterpillar-Raupen wieder zum Einsatz kommen.

     

    Ach ja, apropos Paradies, die Malediven gibt es natürlich auch noch. http://i.dailymail.co.uk/i/pix/2014/09/30/1412067854975_wps_4_MANDATORY_BYLINE_PIC_FROM.jpg

  • Erstaunlicherweise bietet Google-Street View die Möglichkeit, sich den Strand von Henderson Island auf dem Stand des Sommers 2013 anzuschauen.

     

    Zunächst landete ich an der Nordseite der Insel und hatte schon das Wort "Lügenpresse" auf den Lippen: https://www.google.de/maps/@-24.3397022,-128.3276535,3a,75y,122.57h,91.14t/data=!3m6!1e1!3m4!1sj986FkesCHZIhqvMdXfYZA!2e0!7i13312!8i6656

     

    Dieser Strandabschnitt an der Ostseite der Insel bebildert den Inhalt des Artikels dann allerdings sehr augenfällig: https://www.google.de/maps/@-24.3506902,-128.3062565,3a,75y,304.71h,68.41t/data=!3m6!1e1!3m4!1sDP4KKtvMEiMCL6pSrKBrsQ!2e0!7i13312!8i6656

    • @Marzipan:

      Besten Dank für den interessanten Link!

       

      Weiß irgendwer, ob die Google-Street-View-Aufnahmen von Google beauftragt wurden oder ob sie jemand gemacht und dann Google angeboten hat?

      • @M.Schneider:

        Ich denke, Sie können davon ausgehen, dass die Aufnahmen im Rahmen des Google-Street-View- Projektes gemacht wurden. Zunächst mal steht die Datumsangabe zusammen mit "Street View", vor allem aber wurden zur gleichen Zeit auch auf einer weiteren Pitcairn-Insel die für Street View typischen Straßenaufnahmen angefertigt.

      • @M.Schneider:

        Na vor einigen Jahren fuhren hier ja überall die Street-View-Autos rum, um alles abzulichten. Ob Google für Street View zusätzlich Fotos von anderen veröffentlich (so wie bei Google Earth, wo jeder Fotos hochladen kann), glaube ich eigentlich nicht.

    • @Marzipan:

      Danke!