Europäer sollen mehr recyceln: Aussicht auf weniger Müll
Mehr Recycling, weniger Verbrennung und kaum noch Deponien: Der Umweltausschuss des EU-Parlaments fordert ambitionierte Ziele.
Der Ausschuss fordert, dass bis 2030 der in Europa produzierte Siedlungsabfall zu 70 Prozent recycelt werden muss. Bisher ist es nicht einmal die Hälfte. Nur noch fünf Prozent dürften demnach künftig auf Deponien entsorgt, höchstens 25 Prozent verbrannt werden. Getrennte Sammlungen soll es nicht nur für Verpackungen aus Plastik oder Metall geben, sondern auch für Biomüll.
Einen kleinen Schritt zu mehr Abfallvermeidung sind die Parlamentarier auch gegangen: Bis 2030 sollen sowohl die Mengen an Müll im Meer als auch an Lebensmittelabfällen um die Hälfte reduziert werden. Zudem wurde eine Quote beschlossen, um Mehrwegsysteme zu stärken: Von den 70 Prozent Abfall, die 2030 recycelt werden sollen, müssen fünf Prozent wieder verwendet werden. Das heißt, nicht alle Verpackungen sollen geschreddert, geschmolzen und zu neuem Material verarbeitet, sondern ein kleiner Teil soll einfach mehrfach benutzt werden.
Die Beschlüsse des Ausschusses seien „sowohl pragmatisch als auch ehrgeizig“, sagte Simona Bonafè, Berichterstatterin im Parlament für das Kreislaufwirtschaftspaket. Die italienische Abgeordnete (Partito Democratico) hatte sich Respekt dabei erworben, die mehr als 1.000 Änderungsanträge an den Gesetzesentwürfen der Kommission zu moderieren.
Deutschland soll weniger Müll verbrennen
Das Ergebnis sei „sehr gut“, urteilt Axel Singhofen, Umweltexperte der Grünen-Fraktion im EU-Parlament. Vor allem für die Länder, die bisher auf Deponien setzten, seien die Vorgaben ehrgeizig; aber auch Deutschland mit seinen Überkapazitäten an Müllverbrennungsanlagen müsse sich anstrengen.
Thomas Fischer, Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, ist weniger begeistert. Die Vorschläge gingen in die richtige Richtung, aber „konkrete und ambitionierte Ziele, um Abfall zu vermeiden und Mehrweg zu stärken“, fehlten. Die Vorgabe an die Mitgliedsstaaten, Lebensmittelabfälle zu begrenzen, sei nicht bindend, die vorgeschriebene Quote von fünf Prozent zur Wiederverwendung von Abfällen zu niedrig.
„Außerdem ist es nicht sicher, dass sich das Parlament den Formulierungen des Umweltausschusses auch anschließt“, so Fischer. Voraussichtlich im März werden alle Parlamentarier über eine gemeinsame Position abstimmen. Zwar sind sie dabei bislang in der Regel den Empfehlungen des Umweltausschusses gefolgt, doch ist noch offen, ob das unter dem neuen Parlamentspräsidenten Antonio Tajani so bleibt. Danach muss das Parlament mit Rat und Kommission verhandeln. Bis zur schönen neuen Kreislaufwirtschaft in Europa wird es also noch etwas dauern.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung