Forderung nach höherem Mindestlohn: Ein bisschen Fairness
DGB und Linke wollen einen höheren Mindestlohn und höhere Sozialstandards bei Hamburgs öffentlichen Aufträgen festschreiben.
![Ein Bauarbeiter geht durch einen Gang der Elbphilharmonie. Ein Bauarbeiter geht durch einen Gang der Elbphilharmonie.](https://taz.de/picture/3865814/14/baustelle_elbphilharmonie_marcus_brandt_dpa-1.jpeg)
Möglich werden solche Dumping-Angebote häufig durch schlechte Bezahlung, durch Leiharbeit, Pseudo-Selbständigkeit und Kettenbefristungen. Eine Neufassung des Hamburgischen Vergabegesetzes aus dem Jahre 2006 sei daher „dringend“ geboten, so Karger. Der DGB Hamburg hat nun ein Eckpunktepapier mit den wichtigsten Forderungen für ein modernes Vergabegesetz vorgelegt.
Öffentliche Aufträge stehen für nahezu ein Fünftel der gesamten wirtschaftlichen Leistung in Deutschland. Erst Anfang Dezember hat sich der rot-rot-grüne Senat in Berlin auf einen Kompromiss verständigt, mit dem das dortige Vergabegesetz geändert werden soll. Darin enthalten sind Vorgaben für soziale und ökologische Kriterien, die künftig bei öffentlichen Beschaffungen berücksichtigt werden sollen. Das Vergabeentgelt in Berlin soll sich am Tarifvertrag der Länder für die Landesbeschäftigten orientieren und würde dann laut DGB mit 12,50 Euro Mindestlohn deutschlandweit am höchsten liegen. Unternehmen, die öffentliche Aufträge übernehmen wollen, müssen sich zudem an Tarifverträge halten.
Im Unterschied zum DGB fordert die Linke in Hamburg, dass Auftragnehmer der Stadt einen Mindestlohn von 14 Euro an ihre Beschäftigten zahlen müssen. In einem Antrag forderte die Fraktion der Linken den Senat schon am 4. Dezember auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Vergabegesetzes vorzulegen. Die Bürgerschaft wird darüber am heutigen Mittwoch entscheiden.
Katja Karger, Vorsitzende DGB Hamburg
Die rot-grünen Bürgerschaftsfraktionen reagierten am gestrigen Dienstag eilig auf die Vorstöße von Linken und DGB: Die Regierungsfraktionen haben einen Zusatzantrag zu dem der Linken formuliert. Danach soll der Hamburger Mindestlohn „schrittweise“ auf zwölf Euro pro Stunde steigen, also weniger als in Berlin und deutlich weniger als von der Linken gefordert. Außerdem wollen SPD und Grüne im Landesvergabegesetz verankern, dass „soziale, beschäftigungspolitische, umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Kriterien“ bei öffentlichen Vergaben „stärker berücksichtigt werden“. Um diese Kriterien genauer zu fassen, fehlte den Koalitionären offenbar die Zeit.
Die Hamburger Behörden haben in der Vergangenheit oft auf den Modellcharakter des Hamburgischen Vergabegesetzes verwiesen. Bereits jetzt beinhaltet es Punkte, die fairen Handel und Umweltverträglichkeit betreffen. Die sozialen und arbeitsmarktpolitischen Kriterien reichen allerdings bislang nicht über die Minimalnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf hinaus.
Damit wollte der Senat vor allem Forderungen aus Wirtschaftsverbänden entgegenkommen, die Firmen und Arbeitnehmer aus osteuropäischen EU-Staaten beschäftigen. Die im bisherigen Gesetz geforderte Tariftreue bezieht sich daher nur auf Rechtsverordnungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Allgemeinverbindlicherklärungen nach dem Tarifvertragsgesetz und Leiharbeitsmindestlohn. Das ist aus Sicht der Hamburger Gewerkschaften zu wenig.
Außerdem mangelt es – keineswegs allein in Hamburg – an Kontrollen. Hierfür ist weitgehend der Zoll zuständig. Dieser gilt allerdings als stark überlastet und wurde von der Bundesregierung in der Vergangenheit mit anderen Aufgaben wie etwa der Schwarzgeld-Kriminalität überfrachtet.
In seinem Eckpunktepapier fordert der DGB daher auch effektive Kontrollen und abschreckende Sanktionen. Katja Karger: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Stadt Lohndumping und das Unterlaufen von internationalen arbeits- und sozial-rechtlicher Standards mit öffentlichem Geld finanziert.“
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