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Forderung nach VerfassungsschutzeinsatzPegida unter Beobachtung

Verstoßen die Organisatoren von Pegida gegen das Grundgesetz? Das soll nach Meinung von SPD-Politiker Stegner der Verfassungsschutz prüfen.

„Nach allem, was wir bisher wissen, wird Pegida gezielt von Rechtsextremisten gesteuert und unterwandert“, sagt Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte Foto: reuters

Berlin dpa | Der Verfassungsschutz sollte sich nach Ansicht von SPD-Vize Ralf Stegner die Organisatoren der Pegida-Bewegung genau anschauen. „Verfassungsfeindliche Bestrebungen müssen vom Verfassungsschutz beobachtet werden“, sagte er der Welt. „Zu prüfen wäre beispielsweise, ob die Organisatoren von Pegida verfassungsfeindlich agieren.“

Zum Jahrestag hatte das Bündnis am Montag 15 000 bis 20 000 Anhänger in Dresden mobilisiert. Eine etwa gleich große Zahl an Menschen protestierte unter dem Slogan „Herz statt Hetze“ gegen rechte Stimmungsmache. Für einen Eklat sorgte der deutsch-türkische Autor und Rechtspopulist Akif Pirinçci. Wegen des Satzes „Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“ ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Es geht um den Verdacht der Volksverhetzung.

Nach dieser Hassrede kam aus den Reihen der Union die Forderung, Polizei und Justiz sollten konsequenter vorgehen. „Polizei und Staatsanwaltschaft müssen vor Ort ermitteln und können während der laufenden Demo einschreiten“, sagte der CSU-Rechtsexperte Hans-Peter Uhl der Rheinischen Post.

Der ehemalige AfD- und heutige Alfa-Chef Bernd Lucke warf der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung vor, bewusst den Tabubruch zu suchen. Die AfD sei auf strammem Rechtskurs, sagte er der Frankfurter Neuen Presse.

Nützliche Idioten

Der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter analysierte in einem Interview der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung), bei Pegida gebe es zum einen durch nichts zu entschuldigende Extremisten. „Aber leider Gottes gibt es drum herum immer noch eine Peripherie von Leuten, die da mitlaufen, ohne sich Gedanken zu machen, wo sie mitlaufen und wem sie damit eine große gesteigerte öffentliche Resonanz bieten.“ Die besorgten Bürger seien noch da, „aber sie sind allmählich in ihrer Naivität als nützliche Idioten kaum mehr zu überbieten“.

Scharfe Kritik kam erneut auch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Vielerorts versuchten Rechtsextremisten, Einfluss auf sogenannte GIDA-Veranstaltungen zu nehmen, und wollten sich ans Steuer setzen, sagte der CDU-Politiker der Sächsischen Zeitung. „Sie sprechen eine Sprache des Hasses, und verachten dabei alles, was nicht ihrer Meinung ist.“

Gezielte Unterwanderung von rechts

Auch der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte sieht eine rechtsextreme Radikalisierung der Protestbewegung. „Nach allem, was wir bisher wissen, wird Pegida gezielt von Rechtsextremisten gesteuert und unterwandert“, sagte er den Ruhr Nachrichten.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), fordert Sonderkommissionen der Polizei, um der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung entgegenzutreten. Bei Straftaten oder volksverhetzenden Äußerungen sei der Rechtsstaat gefragt, sagte Özoguz am Mittwoch im rbb-Inforadio. „Was wir unbedingt brauchen, ist, (...) dass wir schneller in der Aufklärung sein müssen, dass wir wirklich ja Sonderkommissionen brauchen, dass man einfach das Gefühl bekommt: Da reagiert der Staat, da ist er da, der Rechtsstaat wehrt sich.“

Genau dieses Gefühl habe sie bei Gesprächen mit Kommunalpolitikern und Freiwilligen im sächsischen Freital am Dienstagabend nicht gehabt, so die SPD-Politikerin. „Und ich hatte das Gefühl, dass die Leute dort vor Ort auch nicht das Gefühl haben, dass der Rechtsstaat wirklich neben ihnen steht. Und das empfinde ich als ganz bedrohlich.“

In Freital hatte es im Sommer massive fremdenfeindliche Proteste gegen eine Flüchtlingsunterkunft gegeben. Özoguz zollte den Unterstützern Respekt für ihr Wirken, zumal sie täglich Mord- oder andere Drohungen erhielten. Der Freitaler Linken-Stadtrat Michael Richter, der selbst bedroht worden war, hatte Özoguz in die Kleinstadt eingeladen. Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) nahm trotz Ankündigung nicht an dem Gespräch mit der Integrationsbeauftragten teil.

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13 Kommentare

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  • Dafür gibt es gerade keine Kräfte, denn die sind hier gerade damit beschäftigt, Kurden zu jagen!

    Das ging ja mal schnell! Gerade noch bei dem IS-Freund Erdogan, um dem Millionen bzw. Milliarden in den gierigen Rachen zu werfen und heute schon beginnt die Jagd auf Kurden in Deutschland! Merkt Merkel, was sie tut? Widerlich, Flüchtlinge gegen andere politisch verfolgte zugunsten von Erdogan auszuspielen. Wie tief wird Merkel noch sinken? Auf die Reaktion der Kurden bin ich gespannt. Für ein freies Kurdistan, Freiheit für Öcalan - und Erdogan wegen Völkermord nach Den Haag! http://www.mdr.de/sachsen/dresden/festnahme-pkk-mitglied-dresden100.html

    • @DDHecht:

      ...und TdM hat ja auch sonst keine Ambitionen mal genauer rechts nachzuschauen, sonst würde er in seinem Wahlkreis in Meißen anfangen (können zu handeln):

       

      "Initiative Heimatschutz Meißen" https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1562742887298803&id=1561506014089157

       

      "Um diese Art und Weise der Vorgänge zu unterbinden, bilden wir die Interessensgemeinschaft Heimatschutz. Wir werden nun selbst aktiv. Nicht mit Demos oder Spaziergängen, sondern mit „machen und handeln“, so wie es auch die Politik über unsere Köpfe hinweg ohne zu fragen einfach macht."

       

      Daher kann ich über die "scharfe Kritik" von ihm nur den Kopf schütteln:

       

      "Scharfe Kritik kam erneut auch von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Vielerorts versuchten Rechtsextremisten, Einfluss auf sogenannte GIDA-Veranstaltungen zu nehmen, und wollten sich ans Steuer setzen, sagte der CDU-Politiker der Sächsischen Zeitung. „Sie sprechen eine Sprache des Hasses, und verachten dabei alles, was nicht ihrer Meinung ist.“"

       

      Die "guten, bürgerlichen" GIDA-Veranstaltungen... in Meißen sind sie schon weiter...

  • [...] Kommentar entfernt, bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl. Die Moderation

    • @Ricky-13:

      Ich habe nicht den Eindruck, dass die Pegidisten wegen der von Ihnen genannten Gründe demonstrieren. Sie trauen diesen Hanswursten ein viel zu differenziertes Weltbild zu.

      • @Konrad Ohneland:

        Ich denke nicht, dass 20.000 unbescholtene Bürger, die ihren Unmut über die momentane Politik in einer genehmigten Demonstration zum Ausdruck bringen, alles Hanswurste und Nazis sind. Mein Kommentar sollte auch nur klarmachen, dass Berufspolitiker (Volksvertreter möchte ich diese Leute nicht mehr nennen) sich langsam anmaßen, in einer Selbstherrlichkeit die Gesetze und Grundrechte für ihre Zwecke zu missbrauchen und darüber hinaus auch noch den Verfassungsschutz auf den Plan rufen wollen, nur um wieder einmal von den wirklichen Problemen abzulenken. Mit sogenannten Nazis kann man ja immer schön von den wirklichen Problemen in diesem Land ablenken; da ist z.B. die Springerpresse ein Meister drin.

         

        Die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 GG) und die Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) darf nicht eingeschränkt werden, nur weil einige Spinner ihr verrücktes Weltbild an den/die Mann/Frau bringen möchten. Wenn Art. 5 GG und Art. 8 GG erst einmal von unseren "Politikern" ausgehebelt wurden, dann werden auch sämtliche Protestkundgebungen in Deutschland verboten. In einer Demokratie muss man eben auch demokratiefeindlichen Elementen das Recht auf ihre Meinung zubilligen, ansonsten können wir gleich Art. 20 Abs. 1 GG (Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat) in die Tonne werfen. Die Frage ist auch: Sind ein paar Dummköpfe die bei Pegida den Nazi spielen, gefährlicher als Politiker die auf dem Schoß der Wirtschaftsbosse sitzen und unsere Zukunft an den Meistbietenden verkaufen?

        • @Ricky-13:

          Unbescholtene Bürger? Wilde Behauptung!

  • Sehr schön! Es wäre also zu prüfen ob die Organisatoren von PEGIDA verfassungsfeindlich agieren. Da sollte irgendeine Regierungsstelle bitte auch prüfen ob Margarine Fett enthält, weil dafür gibt es ja auch nur Indizien…

    Und unser Innenminister verlangt also das PEGIDA vom Verfassungsschutz untersucht wird.

    Schauen wir mal wem der Verfassungsschutz unterstellt ist, interessant! Dem Bundesamt des Inneren. Und wer ist dessen Leiter? Überraschung! Unser Innenminister Thomas die Misere! Vielleicht sollte er nicht reden, sondern seinen Leuten einfach befehlen etwas zu tun!

    Aber der Verfassungsschutz überwacht ja lieber linke Kiffer oder Bundestagsangehörige die in der falschen (zu weit linken) Partei sind.

    Wacht endlich auf! PEGIDA sind nicht nur Spinner und Konservative mit ‚Überfremdungsangst‘! Diese Leute sind eine echte Gefahr für unsere so hoch gepriesene demokratische Grundordnung!

  • Alles (im Wesentlichen) richtig.

     

    Dennoch stellt sich für mich die Frage, warum seitens unsere Regierung den fremdenfeindlichen Bewegungen und Parteien unentwegt neue Argumente für deren Propaganda geliefert werden. Was ich damit meine? Die Regierung sollte auch in dieser schwierigen Zeit mit offenen Karten spielen und der Öffentlichkeit nichts vorgaukeln. Halb- oder Unwahrheiten werden nämlich über kurz oder lang als solche entlarvt und sind dann von der Gegenseite perfekt nutzbar.

     

    Ein einziges Beispiel aus den letzten Wochen: Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach behauptet, dass durch den Zuzug eine Stärkung unseres Gesundheitssystems zu erwarten sei. Es handele sich nämlich um „dringend benötigte, wichtige zukünftige Beitragszahler“. Ich gehe davon aus, dass auch Herrn Lauterbach die Untersuchungen bekannt sein dürften, die zu diesem Thema in Schweden veröffentlicht wurden. Und selbst in diesem Land, das als Vorbild bezüglich seiner Integrationsbemühungen gilt, weisen die Fakten und Zahlen in eine völlig andere Richtung: Alle Sozialsysteme werden über viele Jahre hochgradig belastet statt entlastet.

     

    Um eines ganz klar zu sagen: Ich bin (auch angesichts dieser schwedischen Untersuchungsergebnisse) ohne wenn und aber für die Aufnahme von Flüchtlingen. Und ich denke, dass diesen Standpunkt auch viele andere Bürger vertreten, die jetzt tagtäglich ihre Hilfsbereitschaft einbringen.

     

    Ich fürchte aber, dass diese Stimmung auch unter ihnen dadurch kippen kann, wenn sich Teile der Bevölkerung schlichtweg hinters Licht geführt fühlen. Darüber sollten die Verantwortlichen auch mal nachdenken.

  • Je länger ich drüber nachdenke, desto stärker komme ich zu der Einsicht, dass die DDR doch das bessere Deutschland war.

    Bewegungen wie Pegida gabs nicht, keine soziale Unsicherheit, Rassismus war auch ein Fremdwort.

    Heute ist alles schön unübersichtlich. Stellen wir uns doch nur vor, es hätte 89 nicht gegeben. Wie friedlich wäre Dresden heute.

    Durch den Kapitalismus ist nur Hass in die Welt gekommen. Früher war's friedlicher, auch wenns vielleicht platt klingt. Wahr ist's dennoch

  • Die LfV sind keine Autorität.

    Wenn sie "keine relevanten Anhaltspunkte für extremistische Einstellungen" erkennen können, dann ermutigt das Pegida.

    Wenn die feststellen, dass alle 15.381 Teilnehmer aggressiv verfassungsfeindlich sind, und den Sturz des politischen Systems anstreben, was macht dann der VS?

    Nichts.

    Wir müssen alles selbst machen.

  • Genau diese Forderung nach Verfassungsschutz ist die sinnloseste, die es gibt.

    der VS ist doch der Erfüllungsgehilfe der Nazis und rassistischen Mörder. und sabotiert alle Ermittlungen. Der Veldensteiner Kreis versammelt die ganzen Kader aus den Innenministerien, Parteistiftungen, dem VS und reaktionären Publizisten.

     

    Es führt kein Weg an der gesellschaftlichen Gegenmacht vorbei: gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit, für ein Verstehen der Konflikte in allen Teilen der Welt und für die gerechte Umverteilung des Reichtungs.

     

    Und an die taz:

    es gibt statt dem Begriff fremdenfeinlich auch den Begriff rassistisch.

    Warum wird das vermieden?

    Die Begründungen sind Ihnen doch schon so lange bekannt.

  • "„Und ich hatte das Gefühl, dass die Leute dort vor Ort auch nicht das Gefühl haben, dass der Rechtsstaat wirklich neben ihnen steht."

     

    Der "Rechtsstaat" steht in Freital auch tatsächlich nicht zur Seite, sicherlich auch nicht Meißen, manchmal, aber nur wirklich sehr selten in Dresden und gar nicht zu sprechen von all den anderen kleinen Gemeinden in Sachsen, in denen das "Volk" agiert und regiert!

     

    Polizei ist maximal irgendwie präsent und die Justiz sehr, sehr träge und unwillig!