Forderung nach Partizipationsgesetz: Mehr Vielfalt in der Verwaltung
Linkspartei, SPD und Grüne fordern ein Partizipationsgesetz nach der Wahl – und müssen auf die FDP hoffen.
„Schöne Worte allein reichen nicht“, sagt die integrationspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Gökay Akbulut. Sie fordert ein Partizipationsgesetz, das der Bundesverwaltung verbindliche Vorgaben macht. Ein entsprechendes Positionspapier hat Akbulut soeben vorgelegt. Nach der Bundestagswahl soll daraus ein Gesetzesentwurf erarbeitet und in den neuen Bundestag eingebracht werden.
Laut dem Papier, das der taz vorliegt, sollen bei ausgeschriebenen Stellen so viele Menschen mit Migrationsgeschichte eingeladen werden, wie es dem Anteil der Bevölkerung entspricht – aktuell 26 Prozent. Außerdem sollten Bewerbungsverfahren anonymisiert werden und Partizipationsbeauftragte über die Gleichbehandlung aller Bewerber:innen und Mitarbeiter:innen wachen. Zudem müsse ein Partizipationsgesetz auch jene von Diskriminierung Betroffenen berücksichtigen, auf die das Label „Migrationshintergrund“ nicht zutreffe.
Die Forderung nach einer festen Quote, wie sie die Parteikollegin und Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach Anfang des Jahres ins Spiel brachte, stellt Akbulut in dem Positionspapier nicht auf. Sie schließt die Quote aber auch nicht aus: „Das Entscheidende ist, dass wir verbindliche und überprüfbare Maßnahmen ergreifen, damit die Verwaltung die Vielfalt der Bevölkerung endlich besser widerspiegelt“, sagte Akbulut der taz. Das müsse aber keine Quote sein.
Mehrheit für Quote unsicher
Ob sich dafür eine politische Mehrheit finden ließe, darf jedoch bezweifelt werden. Die Union ist dagegen. Mit den Grünen, die in ihrem Wahlprogramm ein Partizipations- und Teilhabegesetz versprechen, wäre eine Quote zu machen. Die integrationspolitische Sprecherin im Bundestag, Filiz Polat, bezeichnete sie gegenüber der taz gar als „Herzstück“ eines entsprechenden Gesetzes.
Auch die SPD hat laut der Linken-Abgeordneten Akbulut Zustimmung signalisiert. In ihrem Wahlprogramm verspricht die Partei ein „Partizipations- und Integrationsgesetz, das staatliche Institutionen zu einem Prozess der interkulturellen Öffnung verpflichtet“. Allerdings ist die Quote in der SPD umstritten. In Berlin hat der rot-rot-grüne Senat das Partizipationsgesetz letztlich ohne fixe Quote verabschiedet, weil die SPD verfassungsrechtliche Bedenken hegte. Trotzdem lobt es Gökay Akbulut als „Modell“ für ein Bundesgesetz.
Bleibt die Frage, wie Grüne, SPD und Linke bei der Bundestagswahl abschneiden. In Umfragen kommen die drei zusammen nur knapp über 40 Prozent. Gökay Akbulut hofft auf die FDP. „Ich bin zuversichtlich, dass die Liberalen einem Partizipationsgesetz zustimmen“. Das Wahlprogramm gibt dazu wenig Anlass. Beim Thema Diversität heißt es: „Statt starrer Quoten setzen wir uns für Selbstverpflichtungen ein.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag