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Fonds Sexueller MissbrauchKein Thema für Lisa Paus

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Der Fonds Sexueller Missbrauch steht vor dem Aus. Dabei war lange bekannt, dass die Hilfseinrichtung ein großes finanzielles Loch hat.

Protestieren gegen das Ende des Fonds Sexueller Missbrauch: Matthias Katsch, Kerstin Claus, Tamara Luding Foto: Michael Kappeler/dpa

D er Vorteil des Fonds Sexueller Missbrauch (FSM) ist seine Niedrigschwelligkeit: Menschen, die als Kinder und Jugendliche sexuelle Gewalt erlebt haben, können Geld für Therapien, medizinische Hilfsmittel, Beratungen, durch Traumata verpasste Ausbildungen beantragen, ohne dass sie dafür gesundheitliche Atteste vorlegen müssen. Das fällt demnächst weg, der Fonds steht vor dem Aus. So können Betroffene nur noch bis August dieses Jahres einen Antrag auf Hilfsgelder einreichen, die der Fonds bis Ende 2028 auszahlt.

Nun kommt diese Nachricht nicht überraschend. Seit Jahren ist bekannt, dass der Fonds eine millionenschwere Finanzierungslücke hat, der Bundesrechnungshof forderte bereits im vergangenen Frühjahr seine rasche Abwicklung. Damals schon hatten die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus und die Opferverbände darauf hingewiesen, dass mit dem Aus des Fonds nicht nur den Betroffenen großer Schaden zugefügt würde, sondern der Staat seine Pflicht zur Fürsorge vernachlässigte. Die grüne Noch-Familienministerin Lisa Paus indes hatte versichert, dass eine „Einstellung des FSM nicht vereinbart worden“ sei – um jetzt doch sein Ende bekannt zu geben.

Ja, so einfach kann man es sich machen, wenn man aus der Regierungsverantwortung auf die Oppositionsseite wechselt. Wenn der Familienministerin das so große wie schwierige Thema sexuelle Gewalt tatsächlich wichtig gewesen wäre, hätte sie viel Zeit gehabt, sich um eine Anschlussfinanzierung des Fonds zu kümmern. Es ist – neben der Kindergrundsicherung – eine weitere folgenreiche Pleite, die Paus in ihrer Amtszeit verursacht hat. Von der Ministerin dürfte vor allem eines bleiben: die berühmte Differenz zwischen verbaler Aufgeschlossenheit und anhaltender Verhaltensstarre.

Zu guter Letzt sickerte am Sonntag durch, dass die Grüne auf den letzten Metern ihrer Amtszeit für zwei Vertraute attraktive Stellen schaffen ließ. So kann man staatliche Fürsorge auch interpretieren.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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6 Kommentare

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  • Über die Finanzierung eines solchen Projektes entscheidet ja nicht Frau Paus sondern das Finanzministerium oder nicht?



    Wie viel hätten denn für den Fortbestand dieses Projektes gefehlt, Zahlen zu nennen wäre hier mal ganz hilfreich gewesen.



    Beratungen, Therapien und medizinische Hilfe bekomme ich in Deutschland auch ohne diesen Fonds kostenfrei, wenn ich ein entsprechendes Attest habe.



    Und zuguter letzt: wenn kein Geld da ist (uns es ist nunmal momentan an vielen Ecken und Enden kein Geld da), dann ist eben kein Geld da, da kann auch eine Frau Paus nichts dran ändern

  • Um wieviel Euro geht es bei dem Fonds? Das Wichtigste wurde vergessen.

  • Für mich als Grünen-Wähler ist das alles, was hier beschrieben wird einfach nur traurig! Zumal ja auchKretschmann vor 2 Jahren die kath. Kirche gelobt hatte, sie habe mehr od. weniger den missbrauch gut aufgearbeitet. Das gegenteil ist der Fall. Kretschmann - immer stets mit dem Klerus in Kontakt, hat noch nie eine Betroffenengruppe getroffen. Das habe ich Schwarz auf Weiß auf dem Staatsministerium!

  • Wen wundert's. Ich kann mich nicht erinnern, dass Frau Paus als Bundesministerin irgendetwas auf Reihe bekommen hat.

    • @Manfred MIlde-Büttcher:

      Die Versorgung ihrer engen Mitarbeiter hat sie auf die Reihe bekommen, ihr Sprecher bekommt eine neugeschaffene Stelle in Paris bei der Botschaft. Gute Beziehungen muss man haben ...

    • @Manfred MIlde-Büttcher:

      Sie war wirklich eine Fehlbesetzung!