piwik no script img

Folgen des US-EinreiseverbotsTrump entlässt Justizministerin

Nach ihrer Kritik am Einreisestopp entlässt der US-Präsident die kommissarische Ministerin Sally Yates. Auch Obama und Diplomaten stellen das Gesetz infrage.

Hatte das Einreiseverot kritisiert: die ehemalige kommissarische Justizministerin Sally Yates Foto: dpa

Washington afp/rtr | US-Präsident Donald Trump geht mit harter Hand gegen die Gegner seiner umstrittenen Einwanderungspolitik vor. Am Montag entließ er die kommissarische Justizministerin und Generalstaatsanwältin, Sally Yates, wie das Weiße Haus mitteilte. Ausgetauscht wurde auch der kommissarische Leiter der Einwanderungs- und Zollbehörde. Von den Protesten und dem Chaos, das seine Einreiseverbote für Flüchtlinge und Bürger muslimischer Länder auslösten, zeigte sich Trump unbeeindruckt.

„Die amtierende Justizministerin, Sally Yates, hat das Justizministerium verraten, indem sie sich geweigert hat, die Rechtsverordnung zum Schutz der Bürger der Vereinigten Staaten umzusetzen“, erklärte das Weiße Haus. Der Präsident „entbindet Frau Yates von ihren Aufgaben“.

Yates hatte die Rechtmäßigkeit des Einreiseverbots infrage gestellt. Ihren Anwälten im Ministerium untersagte sie, das Dekret bei Anfechtungen vor Gericht zu verteidigen. Yates gehörte noch der Vorgängerregierung unter Barack Obama an. Der designierte Justizminister Jeff Sessions ist noch nicht durch den Senat bestätigt. Als Nachfolger von Yates wurde Staatsanwalt Dana Boente aus dem Bundesstaat Virginia ernannt.

Der Chef der Einwanderungs- und Zollbehörde, Daniel Ragsdale, wurde ebenfalls entlassen, wie Heimatschutzminister John Kelly mitteilte. Zum Nachfolger wurde Thomas Homan ernannt. Die Wechsel werde dabei helfen, die neuen Einwanderungsregelungen umzusetzen, erklärte Kelly.

US-Diplomaten kritisieren Trumps Einreise-Erlass

Trump hatte am Freitag verfügt, dass Bürger aus den Staaten Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien 90 Tage lang keine Visa erhalten. EU-Bürger können betroffen sein, wenn sie zusätzlich die Staatsbürgerschaft eines dieser Länder besitzen. Allen Flüchtlingen ist die Einreise in die USA für 120 Tage untersagt, syrischen Flüchtlingen sogar auf unbestimmte Zeit.

Mitarbeiter des US-Außenministeriums haben in einem internen Schreiben Kritik an dem von Präsident Donald Trump verhängten Einreiseverbot geübt. Das Dokument wurde über einen sogenannten Dissens-Kanal verbreitet, über den abweichende Meinungen zum Minister und zu anderen führenden Mitarbeitern des Ministeriums geschickt werden können. Darin wird argumentiert, dass Trumps Erlass kontraproduktiv sei und dem Ansehen der USA im Ausland schaden könne.

„Das Ergebnis wird kein Rückgang der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten sein, sondern weniger internationales Wohlwollen gegenüber Amerikanern und eine Gefahr für unsere Wirtschaft“, heißt es in dem Dokument, das die Nachrichtenagentur Reuters am Montag einsehen konnte. Die Beziehungen zu den betroffenen Staaten würden sich verschlechtern und die anti-amerikanischen Vorbehalte wachsen. Besonders betroffen wären auch jene Menschen, die aus humanitären Gründen wie medizinische Behandlung in die USA kommen wollten. Daneben widerspreche diese Politik den amerikanischen Grundwerten.

Trumps Sprecher Sean Spicer sagte, ihm sei das Dokument bekannt. „Haben diese Karriere-Bürokraten etwa ein Problem“, fragte er. „Ich glaube, sie sollten das Programm akzeptieren oder sie können gehen.“

872 Flüchtlinge dürfen ins Land

Trotz der von US-Präsident Donald Trump erlassenen Einreiseverbote lassen die USA in dieser Woche 872 Flüchtlinge ins Land. Dies geht aus einem internen Dokument des Heimatschutzministeriums hervor, das die Nachrichtenagentur Reuters einsehen könnte.

Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte am Montag die Ausnahmen. Dabei handele es sich um Personen, denen die Niederlassung in den USA bereits zugesagt worden sei und die sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erlasse Trumps in Transitbereichen befunden hätten.

Aus dem Dokument geht auch hervor, dass von Freitagabend bis Montagmorgen 348 Reisende trotz gültiger US-Visa ihren Flug Richtung USA nicht antreten konnten. Ihnen sei der Zutritt zu den Maschinen verwehrt worden. Mehr als 200 Menschen wurde demnach bei Ankunft in den USA die Einreise verweigert.

Obama und Merkel äußern sich

Trotz der chaotischen Folgen seines Dekrets und der Proteste verteidigte Trump seine Maßnahme: Mit seinem Dekret laufe „alles gut“, beteuerte er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Bereits zuvor hatte er erklären lassen, die Einreiseverbote richteten sich nicht gegen Muslime.

In den Sturm des Protests stimmten weitere prominente Stimmen ein. Ex-Präsident Obama ließ verbreiten, er sei grundsätzlich gegen jede Diskriminierung von Menschen „aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Religion“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, der Anti-Terror-Kampf rechtfertige keinen „Generalverdacht“ gegen Muslime.

In den USA protestierten am Wochenende tausende Menschen gegen das Dekret. Demonstrationen gab es aber auch außerhalb der USA. Zehntausende Menschen protestierten am Montag im Zentrum von London. Die britische Premierministerin Theresa May bekräftigte ungeachtet dessen ihre Einladung an Trump zu seinem Staatsbesuch in Großbritannien.

In den USA wurden mehrere Klagen lanciert, darunter aus der muslimischen Gemeinde. Ebenso verurteilten die Generalstaatsanwälte von 16 der 50 US-Bundesstaaten das Dekret als „verfassungswidrig, unamerikanisch und unrechtmäßig“. Der Chefankläger des Nordweststaates Washington, Bob Ferguson, reichte Klage ein.

Lässt Terror zu einer Wunde werden

Auch mehrere Kongressmitglieder von Trumps Republikanischer Partei sprachen sich gegen den Erlass aus. Dieser könne „im Kampf gegen den Terror zu einer Wunde werden, die wir uns selbst zugefügt haben“, warnten die prominenten Senatoren John McCain und Lindsey Graham. Trump warf ihnen daraufhin vor, „schwach in der Einwanderungspolitik“ zu sein.

Proteste kamen auch aus den direkt von den Einreiseverboten betroffenen Ländern. Der Internationale Luftfahrtverband Iata forderte die US-Regierung auf, Klarheit über die neuen Regeln zu schaffen.

Mehr als hundert Reisende wurden in den vergangenen Tagen bei der Ankunft an US-Flughäfen festgehalten, mehrere hundert weitere wurden an der Abreise in die USA gehindert. Manche der Betroffenen hatten sogar eine „Green Card“, also ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht in den USA.

Für die Vereinten Nationen erklärte ein Sprecher, die Organisation habe von der US-Regierung die Zusicherung erhalten, dass ihre aus muslimischen Ländern stammenden Mitarbeiter weiter ohne Einschränkungen zum UN-Hauptsitz in New York reisen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Wenn er so weitermacht, entlässt er noch halb Amerika...

    • @571 (Profil gelöscht):

      So ist es wohl geplant...

  • „verraten“, welch verräterischer Terminus. Wenn sich eine Justizministerin der Verfassung verpflichtet fühlt.

     

    Wenn mich nicht alles täuscht, werden „Terroranschäge“ in den USA fast ausschließlich von ausgegrenzten/gemobbten (Ex-)Schülern, sog. Amokläufern, begangen. Dieses Land ist so überaus hasserfüllt und gewalttätig.

  • Trump macht nix anderes als das, was seine Wähler von ihm erwarten. Er führt die US-Regierung so, wie sich seine Wähler einen mächtigen Unternehmer vorstellen nach der "Hire and Fire"-Methodik. Diese doch etwas veraltete Form der Unternehmensführung stellt er seinem Publikum ja auch in seiner Realilty-Show „The Apprentice“ dar.

     

    Die Justizministerin wäre ja eh in ein paar Tagen gegangen. Und die Diplomaten?

    Tja, das ist für uns in Deutschland schon schwerer verständlich, Die Diplomaten zu den Nazi-Zeiten durften bei uns ja auch in der BRD im Dienst bleiben. Dass ein Regierungschef Leute rausschmeißt, die ihm stinken, ist offenbar in Deutschland ein schwerer Affront.

  • Am Beispiel von der Entlassung der kommissarischen Justizministerin lässt sich ershen, wie das Trump-Regime in nächster Zeit Abertausende von Kritikern rausschmeißen will.

    • @ehmstz:

      Würden sie einen Übergangsminister akzeptieren, der die neu gewählte Regierung blockiert?

      Trump hatte doch gar keine andere Wahl.

       

      Stellen wir uns doch einfach mal vor in 4 Jahren blockiert der abgewählte Justizminister der Trump-Ära den Anti-Diskriminierungs-Erlass des neuen (schwarzen weiblichen) Präsidenten.

      Besonders wenn der/die/das gewählt wird weil er im Wahlkampf die Entdiskriminierung von Minderheiten verspricht.

       

      Ich denkt ihr müsst euch nicht an politische Regeln halten weil ihr "die Moral" auf der Seite habt.

      Le Pen, AFD, Trump und all die anderen Spinner denken genau das selbe.

  • naja, keiner sollte prahlen vor allem die UK nicht, als d und A im KOsovokonflikt 100.000 nahmen die Engländer 175 Flüchtlinge auf. die sind alle nicht besser

  • DÜMMER geht NIMMER! Wer solche "Sicherheitsmaßnahmen" ergreift, dem ist nicht mehr zu helfen. Sie werden genau das Gegenteil dessen bewirken, was - zumindest vorgeblich - damit bezweckt wird. Aufruhr in der islamischen Welt. Muslime die sich an weltweit den Pranger gestellt sehen. Wie das zu mehr Sicherheit für die USA führen soll, bleibt wohl für immer das Geheimnis von Mr. President.

  • Können wir bitte endlich die verbliebenen U.S. Basen auf deutschem Boden schließen und die dort stationierten Truppen endlich ausweisen? Ich fühle mich ehrlich gestanden nicht sonderlich wohl bei dem Gedanken dass dieser verrückte eine derartige Militärpräsenz auf unserem Staatsgebiet hat. Denn der Umstand, dass Trump jedes Mittel recht ist um seine schwachsinnige Meinung durchzusetzen dürfte mittlerweile jedem aufgegangen sein.

  • Mir kommt es manchmal so vor, als ob Trump seine irren Schritte nur deshalb tut, um in seinem Sinne einen Säuberungsprozess unter den unmittelbaren Untergebenen einzuleiten. Umso unsinniger er vorgeht, desto klarer wird, wer ihm loyal respektive kadavergehorsam ist. Darin negiert er geradezu das, was als politisch vernünftig gelten könnte. Auch wenn diese Justizministerin für ihn längst überfällig war, hat er nur auf diese Gelegenheit gewartet. Trump geht wie ein echter Diktator vor. Bleibt nur zu hoffen, dass ein Teil der Staatsanwaltschaft in den USA schon traditionell die Präsidentendekrete angeht und verweigert.

    • @lions:

      Tja, die USA haben im Blindflug ihres veralteten Wahlsystems trotz aller Vorwarnungen, die keiner ignorieren konnte, einen Tea-Party-Mann ins White House gewählt, der sich in seinem megalomanen Narzissmus als direkter Vollstrecker des angeblichen Volkswillens vermarktet: seine Missachtung des Parlaments wurde schon in der Antrittsrede deutlich - die Zitate kann man sich sparen - jetzt etabliert er seine Form der agitatorischen Diktatur. Mal sehen, wie lange der Kampf dauert... die US-Amerikaner organisieren zum Glück schon sichtbar den Protest: die nächsten Jahre werden dennoch leider sehr schockierende Ereignisse zeitigen, denn ein Impeachment dauert viel zu lange.

    • @lions:

      Säuberungen sind kein Selbstzweck. Es stellte sich also die Frage nach dem Motiv.

      • @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

        Macht!

    • @lions:

      Es sind nicht nur die unmitelbar Untergebenen. Sondern er zielt auch auf die "Karriere- Beamten", das verhasste System. Ansonsten, ja, er wird überall seine Leute, auch seine Familie reinbringen. Man möchte einfach "viel Spass" wünschen, wenn es nicht weltweite Auswirkungen hätte.

       

      Aber.

      Die Kritiker, von Obama bis zu Presse, sollten sich an den Fakten orientieren, dass Staatsangehörige (jetzt doch mit vielen Ausnahmen) ausgeschlossen sind, die Religion spielt offen keine Rolle.

       

      Der Länderauswahl liegen noch andere Kritierien zugrunde. Die nicht minder schlecht sind.

      • @fly:

        Trump hat von Anfang an gesagt, dass er verfolgte Christen trotzdem aufnehmen will, auch so kann die Zahl der jetzt angenommenen Flüchtlinge zu erklären sein. (Übrigens sind die noch nicht drin, wenn ich das richtig verstehe, sondern werden erwartet.) "lassen die USA in dieser Woche 872 Flüchtlinge ins Land"...

      • @fly:

        Die da wären?