Folgen des Klimawandels: Deutsche Meere heizen sich auf
Nord- und Ostsee sind deutlich wärmer als früher. Das gilt auch für Deutschland insgesamt und die ganze Erde – 2023 war ein Rekordjahr.
Im September war das Meer sogar so warm wie nie zuvor seit Messbeginn 1969. Die Temperaturen an der Wasseroberfläche lagen mit durchschnittlich 11,1 Grad etwa 0,6 Grad über dem langjährigen Mittel. Noch wärmer war es nur 2022 und 2014.
Die Ostsee heizt sich noch schneller auf: Sie war im vergangenen Jahr durchschnittlich 9,2 Grad warm – mehr als 0,7 Grad über dem langjährigen Mittel. So handelt es sich um das siebtwärmste Jahr seit dem Beginn der Datenreihe in 1990.
Die Wissenschaftler*innen des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie analysieren die Temperaturen von Nord- und Ostsee wöchentlich. Dafür nutzen sie Satellitendaten, die sie mit Messungen von Stationen und Schiffen kombinieren.
An Land war es 2023 sogar so heiß wie noch nie zuvor seit Messbeginn 1881. Das Temperaturmittel lag laut dem Deutschen Wetterdienst bei 10,6 Grad und damit um 2,4 Grad über dem Wert der international gültigen Vergleichsperiode 1961 bis 1990. „Der Klimawandel geht ungebremst weiter“, so Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt beim Wetterdienst. „Wir müssen intensiv in Klimaschutz einsteigen und uns an Schäden durch Wetterextreme anpassen.“
2023 weltweit heißestes Jahr
Deutschland hat 2023 zwar deutlich weniger Kohlendioxid ausgestoßen als im Vorjahr. Das lag allerdings zu einem großen Teil an der Wirtschaftsflaute, nicht nur an nachhaltiger Klimapolitik, wie der Thinktank Agora Energiewende analysiert hat.
Die Temperaturen erreichten im vergangenen Jahr auf der gesamten Erde einen neuen Rekord, lagen laut dem EU-Klimawandeldienst Copernicus im Durchschnitt bei 14,98 Grad. Damit überschritten sie das typische Niveau vor Industrialisierung um 1,48 Grad.
Neben dem Klimawandel, den der Mensch durch die Treibhausgas-Emissionen ausgelöst hat, spielen auch natürliche Faktoren eine Rolle. Dazu gehört zum Beispiel das Klimaphänomen El Niño, das globale höhere Temperaturen mit sich bringt und sich alle paar Jahre mit seinem kühlenden Gegenstück La Niña abwechselt.
Die 1,5-Grad-Grenze scheint damit gefährlich nah. Schon Anfang 2024 könnten zwölf zusammenhängende Monate im Schnitt darüber liegen, warnt Copernicus. Das bedeute aber noch nicht den dauerhaften Eintritt in eine Welt mit mehr als 1,5 Grad Erderhitzung.
„Die Wetterextreme, die wir beobachtet haben, bezeugen dramatisch, wie weit wir mittlerweile von dem Klima entfernt sind, in dem unsere Zivilisation sich entwickelt hat“, sagte Copernicus-Chef Carlo Buontempo. „Wenn wir unser Klimarisiko-Portfolio erdolgreich verwalten wollen, müssen wir unsere Wirtschaft dringend dekarbonisieren und gleichzeitig Klimadaten und -wissen nutzen, um uns auf die Zukunft vorzubereiten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr