piwik no script img

Folgen der harten SanktionenRussland droht die Pleite

Wegen der harten Sanktionen könnte der russische Staat bald zahlungsunfähig sein. Davon wären auch deutsche Banken und Versicherer betroffen.

Der Rubel rollt nicht mehr: Wegen der Sanktionen droht Russland der baldige Zahlungsausfall Foto: Arno Burgi/dpa

Berlin taz | Bislang galt der 17. August 1998 als der schwärzeste Tag in der Wirtschaftsgeschichte des modernen Russlands. Damals musste die Regierung wegen knapper Kassen die Bedienung der Binnenschulden einstellen und den Rubel zur Abwertung freigeben. Die Währung büßte binnen weniger Wochen 75 Prozent ihres Werts ein, russische Banken bedienten ihre Schulden nicht mehr, IWF und Weltbank stellten ihre Unterstützung für das Riesenreich unter Präsident Boris Jelzin ein.

Ein ähnliches Szenario droht derzeit unter anderen Vorzeichen erneut: Ging es damals um riesige Staatsschulden und geringe Devisenreserven, sind es heute vor allem die Sanktionen wegen des kriegerischen Überfalls auf die Ukraine, die Russland alsbald in die Pleite treiben dürften.

Das Land verfügt derzeit zwar über Devisenreserven in Höhe von über 600 Milliarden US-Dollar, kann aber wegen der Sanktionen gegen mehrere russische Banken und die Zentralbank nur schwer Zahlungen tätigen. Deshalb ist es höchst ungewiss, ob Gläubiger im Ausland an ihr Geld kommen werden.

Derzeit stehen 49 Milliarden Dollar an Staatsanleihen in Dollar und Euro offen. Bereits am 16. März müsste das Land Zinsen in Höhe von über 100 Millionen Dollar überweisen. Dann bleibt noch eine Gnadenfrist von 30 Tagen.

Kreditwürdigkeit im Ramschbereich

Am 4. April läuft zudem eine Anleihe über 2 Milliarden Dollar aus. „Wir sehen einen Zahlungsausfall als wahrscheinlichstes Szenario“, schrieb die US-Investmentbank Morgan Stanley. Auch die großen Ratingagenturen machen Anlegern wenig Hoffnung. Fitch, Moody’s und S&P sehen Russlands Kreditwürdigkeit inzwischen im sogenannten Ramschbereich.

Unter einer Pleite würden auch deutsche Investoren leiden, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. In der Eurozone spielten die russischen Banken eine wichtige Rolle für die Liquidität.

Das zeigt auch eine Aufstellung der Finanz-NGO Urgewald vom Mittwoch. Danach haben deutsche Banken und Versicherer stark in die russische Öl- und Gasindustrie investiert. Die Deutsche Bank sei so – immer europaweit – viertgrößter Finanzierer der russischen Öl- und Gasindustrie, die Commerzbank zweitgrößter Finanzierer der russischen Kohleindustrie und die Allianz größter Investor in russische Staatsanleihen.

Deutsche Banken und Versicherer mit Geld in Russland

Firmen wie Gazprom, Lukoil, Rosneft oder Novatek seien von Deutschland aus durch Kredite und Risikoübernahmen im großen Maße unterstützt worden. Dabei hätten insbesondere Deutsche Bank sowie Commerzbank betont, ihr Engagement in Russland seit der Krim-Annexion 2014 zurückgefahren zu haben.

Die russische Zentralbank versuchte bereits mehrfach, bei den Sanktionen gegenzuhalten. Die neueste Maßnahme vom Mittwoch zeigt, wie knapp Devisen im Land sind: Russen dürfen danach nicht mehr als 10.000 Dollar von Fremdwährungskonten abheben.

Die Ukraine kann indes im Kampf gegen die russische Invasion auf frisches Geld zählen. Laut der Zentralbank in Kiew hat der Internationale Währungsfonds IWF am Mittwoch grünes Licht für eine Notfallfinanzierung in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar gegeben. Die Weltbank hatte bereits am Montag einem 723 Millionen Dollar schweren Hilfspaket für die Ukraine zugestimmt. (mit Agenturen)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 4G
    47491 (Profil gelöscht)

    Wow, so schnell geht der Kriegskasse das Geld aus. Ist ja großartig. Also nur noch wenige Tage und...



    Moment... deutsche Sparer sind betroffen?!

    Alles zurück!



    Lasst sofort alle Sanktionen fallen und entsagt der Ukraine unsere Unterstützung.



    Ja, läuft gerade schlecht für die Ukraine. Muss die sich mal zusammenreissen und in diplomatische Verhandlungen treten. Habe ich gerade erst von Korrespondent Eric gelesen.

    So schlimm ist Putin auch nicht.



    Ein lupenreiner Demokrat, wie Schröder schon wusste. Mit dem kann man ganz vernünftig reden, während er seine alte Sowjetunion wieder aufbauen will.

    Ich meine, da sterben jetzt Menschen. Das ist schon irgendwie tragisch auf eine Art. Und ja, wenn Putin seine Zusagen einhält, wird er danach die anderen europäischen Länder angreifen.

    Aber man muss mal Prioritäten setzen.



    Es geht UM UNSER GELD.



    Da muss der Rest warten. Hauptsache der nächste Quartalsabschluss stimmt.

    Hoffentlich merken die anderen Medien auch noch, worum es wirklich geht.



    UM UNSER GELD.



    Statt weiter über irgendwelche verreckenden.. ähm, Menschen zu reden, die doch völlig unwichtig sind.



    UNSER GELD ist wichtig.

    *Wer bissige Satire findet, darf sie behalten.

    • @47491 (Profil gelöscht):

      "Hauptsache der Quartalsabschluss stimmt" ist doch nur die eine Hälfte des Refrains, "Geringverdiener dürfen nicht zusätzlich belastet werden" die andere.

  • Putin, zu Nichts in der Lage aber zu allem fähig.

    Einen Krieg vom Zaum zu brechen, ohne Not, mit konstruiertem Grund, Milliarden Schäden verursachen.



    Es darf keinerlei Zweifel geben wer für die Schäden bezahlt.

    Egal wie Verhandlungen ausgehen, der Druck auf den Aggressor muss bleiben bis er und seine Entourage



    von der Macht verschwunden respektive vor Gericht gebracht sind. Oder soll der einfache Bürger in der EU die Zeche für die Flüchtlinge, für die Wiederaufbaukosten, für die enorm gestiegenen Preise und Verwerfungen bezahlen?



    Wie Grotesk jetzt die Neutralität der Ukraine, jetzt will man gar keinen Regime Change, jetzt die Ukraine nicht in der Nato! Als hätte der Kanzler das nicht schon im persönlichen Gespräch auf sechs Meter Distanz dem Diktator



    fast schon indirekt zugesagt. Die EU hatte den "Kriegsherrn" geradezu hofiert.

    Nein! So geht das nicht! Der Diktator muss zu Rechenschaft gezogen werden mit all jenen - wie CDU Merz so schön adressierte - der Bande die sich die Rohstoffe des Landes unter den Nagel gerissen haben um sich selbst zu bereichern.



    Wie sagte einst Göring zu Hitler, als dessen Absicht Russland zu überfallen dem gewahr wurde ; " ...wollen wir doch aufhören Va banque zu spielen", worauf der entgegnete: " ich habe immer Va banque gespielt". Da scheint sich die Geschichte umzudrehen, der Va banque Spieler sitzt jetzt im Kreml. Und sein Vorhaben war so aussichtslos wie kostspielig.



    Die Welt kann sich so etwas nicht mehr leisten. Die Menschheit kaempft ums Ueberleben und dieser Kampf wird von skrupellosen Banditen ruecksichtslos zur eigenen Bereicherung und Machtgier ausgenutzt.

    Im Uebrigen soll die Familie des Diktators sich im sicheren Schweizer Kanton Tessin befinden.

  • Da erhebt sich doch die Frage, ob Russland am Ende noch genug Geld haben wird, um Reparationszahlungen an die Ukraine zu leisten?



    Jaja, weiß schon. Ganz blöde Frage von mir. Natürlich wird die russische Armee dafür sorgen, dass die Ukraine am Ende eben doch kapitulieren muss.



    Dann wird stattdessen die Ukraine für die Kosten aufkommen, die Russland hatte: Wegen des Verbrauchs an Munition, Bomben und Raketen. Sowie Schadenersatz für die abgeschossenen Flugzeuge und Panzer.



    Und das bitte schnell, denn die nächsten militärischen Spezialoperationen können nicht ewig warten (Moldawien, Georgien, . . . )!

  • Wieviel Geld überweisen wir *jeden Tag* für Gas?