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Förderung der EnergieforschungKopernikanische Wende

Mit vier Großprojekten soll die Wissenschaft den Umbau der Energiewirtschaft flankieren. Vor allem langfristige Projekte werden gefördert.

Soll kurzfristige Frequenzschwankungen ausgleichen: ein aus 25.000 Akkus zusammengesetzter Batteriespeicher. Foto: dpa

Die Energiewende bekommt jetzt ihr Forschungsprogramm. Unter dem Titel „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Förderprogramm gestartet, das in den nächsten zehn Jahren bis zu 400 Millionen Euro für neue Ansätze in der Energieforschung vergibt. Ein besonderer Aspekt liegt auf der Beteiligung der Zivilgesellschaft, die aber auch schon Schwächen beim bisherigen Prozess ausgemacht hat.

„Die Energiewende als große gesellschaftliche Aufgabe kann nur erfolgreich sein, wenn die Wissenschaft Antworten auf noch viele Fragen liefert“, erklärte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka bei der Vorstellung der Kopernikus-Projekte vorige Woche in Berlin.

Als ein Beispiel führt sie die noch unterentwickelten Technologien der Energiespeicherung an. Wenn böse Hacker das Stromnetz in Deutschland lahmlegen würden, dann könnte zwar auf dezentrale Speicher zugegriffen werden. Aber dieser Notstrom fließt für gerade einmal 45 Minuten. Dann ist es zappenduster. „Die Frage an die Wissenschaft heißt also“, so die Ministerin, „wie kommen wir zu höhere Speicherkapazitäten?“

Und der Fragenkatalog zur Realisierung der Energiewende ist lang. Erarbeitet hat ihn das „Forschungsforum Energiewende“, eine Plattform mit rund 90 Organisationen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die Wanka nach ihrem Amtsantritt 2013 eingesetzt hat. Gemanagt wird die Plattform von der Akademie für Technikwissenschaften „Acatech“. „Damals machten 180 Hochschulen jede für sich ein bisschen Energieforschung“, stellt die Ministerin fest. Für eine Großaufgabe wie die Energiewende war das wenig brauchbar.

Das Ziel: Prioritäten in der Energieforschung durch langfristige Projekte zu setzen. Dafür wurde jetzt das neue Instrument der Kopernikus-Projekte kreiert, während kurzfristige Projekte über die „Hightech-Strategie“ der Bundesregierung abgewickelt werden.

„Große Projekte, die zudem gesamtgesellschaftlich wirken wollen, brauchen einen langen Atem“, sagt die Forschungsministerin. Die Antworten sollen im Zeitraum 2025 bis 2035 vorliegen. Die Kursvorgabe der CDU-Politikerin: „Ich will, dass die Forschung das Maximale zur Energiewende leistet“.

Keine Lösungswege, sondern Optionen

Den Erwartungsdruck auf die Wissenschaft versuchte der Energieforscher Robert Schlögl bei der Kopernikus-Präsentation gleich wieder zu dämpfen. „Es ist nicht die Aufgabe der Wissenschaft, die Energiewende zu lösen, sondern wir sind dazu da, um Optionen zu entwickeln“, stellte der Chemiker am Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft klar. An unterschiedlichen Orten auf der Welt werde die Energiewende – der Umstieg von der ressourcenfressenden zur nachhaltigen Energiegewinnung – auf unterschiedliche Weise ablaufen. Schlögl: „Es wird nicht die eine, sondern viele Lösungen geben müssen.“

So wie Astronom Nikolaus Kopernikus zu seiner Zeit das Tor zu einem neuen Weltverständnis aufstieß (auch damals mit starkem Sonnenbezug), so sollen die vier nach ihm benannten Projekte neue Forschungs- und Anwendungshorizonte eröffnen. Die Themen: Energiespeicherung, Netzausbau, Industrieprozesse und Systemintegration. Beim Speicherthema soll vor allem zum Problem der Stromumwandlung geforscht werden. Neue Nutzungspfade für den „Überschussstrom“ aus Wind- und Solarkraft gilt es zu finden.

„Aus Strom chemische Bindungen zu machen, ist aber sehr schwer“, weiß Schlögl aus seiner chemischen Grundlagenforschung. „Die Wissenschaftler beschäftigen sich bisher kaum damit, weil diese extrem langwierigen Untersuchungen für sie nicht besonders attraktiv sind“. Also braucht es einen Anreiz.

Wasserspaltung mittels der Elektrolyse

Beim Pfad „Power to Gas“, etwa der Umwandlung von Windstrom in Methan, gibt es zwar erste technische Pilotprojekte. Hier steht die Umsetzung in großtechnische Maßstäbe an. „Wir haben fundamentale Dinge noch nicht verstanden“, betont Schrögl. Die Wasserspaltung per Elektrolyse wurde zwar schon 1870 entdeckt. „Aber wir sind immer noch nicht in der Lage, dies in großem Stil zu machen“.

Die Suchbewegung der Energiewende-Forscher soll auch den Marsch in Sackgassen verhindern. Beispiel Photosynthese. Wie in der Natur die Pflanzen das Sonnenlicht über chemische Prozesse für ihr eigenes Wachstum einsetzen können, ist zwar eine geniale Ökotechnik. „Sie ist aber grauslich ineffizient und nur für den Eigenverbrauch ausgelegt“, bemerkt Max-Planck-Forscher Schlögl. Die Solarzelle ist bei der Energieausbeute zehnmal effizienter und daher die bessere Option für Speichertechniken.

Bis Anfang Januar können sich jetzt Energieforscher in Konsortien um die vier Kopernikus-Projekte bewerben. Für jedes Projekt stehen dann von BMBF-Seite pro Jahr bis zu 10 Millionen Euro bis 2025 zur Verfügung. Mit wachsender Anwendungsnähe sollen später weitere Fördergelder aus dem Wirtschafts- und Energieministerium sowie Eigenmittel der Industrie hinzukommen. „Die Industrieforschung kommt in einer späteren Phase“, sagt Holger Lösch von der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Aber wir wollen von Anfang an dabei sein“. Der Wirtschaft geht es vor allem um den Innovationsstandort Deutschland und die internationalen Marktchancen.

Die Decarbonisierung fehlt

Aber es gibt auch Kritik an Prozess und Programm. Hans-Josef Fell, als ehemaliger Grünen-Bundestagsabgeordneter der politische „Vater“ des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und heute Präsident der Energy Watch Group (EWG), äußerte sich auf Anfrage der taz skeptisch zum Wende-Anspruch von „Kopernikus“.

So werde beim Industrieprojekt verlangt, auch die „Rolle von flexibel betriebenen konventionellen Kraftwerken“ zu betrachten. Dazu Fell: „Von Decarbonisierung keine Spur.“ Auch der „weitgehende Ausschluss des innovativen Mittelstands und der Start-ups“ bei den Beratungen dürfte sich seiner Meinung nach bei der Projektvergabe fortsetzen.

Zudem sei das Umfeld der politischen Energiewende längst gekippt. Es sei bedauerlich, „dass dieses Forschungsprojekt der Bundesregierung bei der Bundesregierung selbst überhaupt keinen Widerhall finden“ werde. Fell: „Alle politischen Aktivitäten laufen weiterhin auf die Behinderung und Abschaffung der Akteursvielfalt und das Bremsen der Erneuerbaren Energien hinaus.“

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22 Kommentare

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  • Solange der Verbrauch nicht drastisch eingeschränkt wird, werden die Probleme nicht zu lösen sein.

  • "Unter dem Titel „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Förderprogramm gestartet, das in den nächsten zehn Jahren bis zu 400 Millionen Euro für neue Ansätze in der Energieforschung vergibt."

     

    Na, wenn dabei noch mehr solche Hirngespinste rauskommen:

    http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.windenergie-windkraftdrachen-im-hoehenflug.e463dd91-305e-4429-bf78-04008d69b463.html

     

    dann sagt schon mal Lebewohl zu den 400 Millionen.

     

    Wann hört endlich die hoffnungslose Überfinanzierung des Forschungssektors auf? Das Geld wird anderswo dringender benötigt und sinnvoller ausgegeben. Gerade eine Physikerin sollte das besser einschätzen können.

  • Zum Thema Stromspeicher ist auch der Vortrag »Energiewende ins Nichts« von Ifo-Chef Hans Werner Sinn zu empfehlen: https://www.youtube.com/watch?v=m2eVYWVLtwE&feature=youtu.be&t=356

     

    Sinn rechnet u.a. durch, wieviele zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke Deutschland brauchte, um die Schwankungen von Wind- und Solarstrom aufzufangen (3000 nämlich) – und wie das aussähe, wenn man die Akkus von Elektroautos dafür nähme (auch nicht besser).

    • @Rainer Klute:

      weil sinn hat voll die ahnung

      • @the real günni:

        Die Daten liegen alle vor. Rechne selbst nach!

        • @Rainer Klute:

          Also hier ist wirklich nicht die platform um mit fakten oder durchrechnen zu argumentieren. Das ist die taz und nicht science. Die welt wird so gedacht wie sie uns gefaellt. Basta.

        • @Rainer Klute:

          Papier ist geduldig - und Zahlen auch.

        • @Rainer Klute:

          Sinn hat null Ahnung. Die Daten sind bekannt und es gibt genug Studien die beschreiben wie Erneuerbare zu 100% D versorgen und das auch noch günstiger.

          Besonders gut wirds in Willenbachers Buch beschrieben, hätte das der Sinn mal gelesen bevor er sich lächerlich macht.

          • @Joachim1960:

            Herr Sinn ist so eine Art Alleskönnter: Alleskönnter zehntausend mal besser machen, wenn er mal was richtig machen würde. Er sieht sich als Experte für alles und jedes, weil er die Grundrechenarten beherrscht und zu jedem Thema fröhlich herumrechnet. Was er nicht kann, ist tatsächlich wissenschaftlich vorgehen und sich bis zur tatsächlichen Expertise in ein Thema einarbeiten.

            Wunderbar auch immer der Satz "Die Zahlen liegen vor". Ja sicher liegen Zahlen vor. Dass wir alles über Pumpspeicherkraftwerke regeln sollen, hat aber nie irgendjemand behauptet, insofern polemisiert Sinny gegen einen Strohmann. Mannomann.

            Zu guter Letzt: Bitte nicht mehr vom Thema ablenken: Im Artikel ging es um Forschungsförderung zur Energiewende, nicht um "Hatdochehalleskeinensinnweilherrsinnxygesagthat".

  • Die meisten Menschen machen sich überhaupt keine Vorstellungen davon, wie gewaltig die Kapazitäten hinreichend großer Stromspeicher sein müßten. Solche Speicher sind völlig utopisch. Wir haben dafür nicht den Platz, wir haben dafür nicht das Geld, und wir haben dafür – je nach Speichertechnik – nicht die Ressourcen.

     

    Wer das rechnerisch nachvollziehen möchte, lese Tom Murphys Beiträge http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2011/08/nation-sized-battery/ und http://physics.ucsd.edu/do-the-math/2011/11/pump-up-the-storage/ in seiner Rubrik "Do The Math". Ja, die Mathematik anzuwenden und Dinge durchzurechnen, sollten wir unseren Politikern auch mal ans Herz legen!

    • @Rainer Klute:

      Deswegen gibt es ja die Forschungsförderung, unabhängig von möglichen Kritikpunkten daran. Und möglicherweise kommt bei ein oder zwei Projekten etwas mehr als "riesige Speicher bauen!" heraus (zumal das Speicherproblem auch ein infrastrukturelles ist, also eines, was nicht einfach über zentral verfügbare Kapazitäten lösbar ist.) Murphy sieht das auch. Dazu verweise ich auf die letzten beiden Abschnitte im von Ihnen genannten Artikel: http://physics.ucsd....-sized-battery/

      Dort betont er für die, die nicht selbst darauf kommen, dass seine Berechnungen lediglich zeigen, dass wir verdammt viel zu forschen haben, um das Problem zu lösen. Übrigens können Sie auch im obigen Artikel winzige Hinweise darauf finden, dass die Forschung sich darüber im Klaren ist, dass wir neue Ansätze brauchen.

      • @Karl Kraus:

        Wir haben nicht "verdammt viel zu forschen", was zwar aus dem Munde eines Forschers nachvollziehbar ist, schließlich gehört Klappern zum Handwerk und er will ja auch künftig noch sein lukratives und risikoloses Einkommen. Was wir wirklich zu tun haben, ist den Verbrauch rigoros zu reduzieren - angefangen natürlich bei der Industrie. Gut 70% ihrer Produktion sind für den täglichen Gebrauch völlig überflüssig und dient nur dazu, das Wirtschaftswachstum künstlich am Leben zu erhalten.

      • @Karl Kraus:

        Ist die Forschung in Schland noch nicht so weit, daß sie rechnen kann?

  • Nochmal eine halbe Milliarde in den EE-Rauch gesteckt..

    Intelligenter wäre es, das Geld in die Fusionsforschung und Flüssigsalzreaktoren zu stecken. Eine nukleare Wende muss her!

  • Ohne Kohle geht gar nichts in der deutschen Wirtschaft. Alternative Energie wird nur gefördert, wenn Kohle im Spiel ist. Also liebe Freunde, die Kohle werden wir nicht los.

  • Wieder ein Mega-Projekt "die Eierlegende Wollmilchsau" mit zweifelhaften Zielen.

    Interessant die Teilnehmerliste. http://www.acatech.de/forschungsforum-energiewende

     

    Eines wird immer wieder übersehen.

    Deutschland ist ein Energie-Transit-Land auf Thomasstahl Stelzen vom Norden in den Süden.

    Wenn dann mal wieder eine HV Leitung ausfällt, sind südeuropäische und nordafrikanische Länder betroffen.

    Um was geht es nun genau im „Kopernikus-Projekte für die Energiewende“?

    Die Aussage "Neue Ansätze in der Energieforschung" interpretiere ich folgend:

    Neue interdisziplinäre Zusammenarbeit (Sozialisierung der Kosten der Forschung, Privatisierung der Ergebnisse, also nix neues) mit dem militärisch-energie Oligopol.

    Zahlt nun der Steuerzahler für die Forschung der Monopolisten und militärischen Industrie?

    Eventuell die neue Verarbeitung des vorhandenen Atommüll?

     

    Hauptsache den Bürger weiterhin wie ein Energie-Junkie abhängig halten.

    Energie ist in Deutschland europaweit am teuersten.

  • PtG ist sehr effizient. 80% Nutzungsgrad ist schon heute Standard. Der durchschn Wirkungsgrad dt Pumpspeicher liegt dagegen nur bei 70%.

    Grosstechnologie ist nicht nötig da dies sowieso besser dezentral verwirklicht werden sollte.

    Doch: Erst ab 70-80% Ökostrom benötigen wir mehr Speicher. Vor PtG kommt das noch effizientere PtH, 99% Wirkungsgrad! Was wir aktuell tun müssen ist nur, endlich wieder stärker Windkraft u PV ausbauen. Jährlich jeweils 10GW Zubau ist notwendig.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Aus Strom Methan zu machen ist ein blöde Idee. Erdgas gibt es genug. Elektroautos massiv fördern und ihre Akkus als Speicherflotte nutzen. Das ist die Lehre aus dem Dieseldebakel .

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @4813 (Profil gelöscht):

      Das aus Strom erzeugte Methan hätte den Vorteil CO2-neutral zu sein.

      Interessant wäre der Unterschied des Speicherungswirkungsgrades Akku-Methan.

  • Es ist absolut richtig, daß Forschung im Bereich der Speichertechnologien dringend benötigt wird. Aber die im Artikel von der Ministerin gegebene Begründung (von wegen Hacker) ist wirklich skurril. In Wirklichkeit sind erhebliche Fortschritte in der Speichertechnologie zwingend notwendige (und noch nicht erfüllte) Voraussetzung, um den Anteil erneuerbarer Energie an der Stromerzeugung weiterhin erhöhen zu können.

    Denn der Wind weht nicht immer und auch die Sonne scheint nicht rund um die Uhr.