Flüssiggas-Herstellung in den USA: Für Gasexporte Luft verpesten
Eine US-Firma will Grenzwerte für krebserregende Gase aussetzen lassen. Sie begründen das mit den steigenden Exporten nach Europa.
Die Richtlinie der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA betrifft Turbinen, die Erdgas verflüssigen und es so verschiffbar machen. Während dieses Vorgangs werden die Gase Formaldehyd und Benzol frei, die beim Menschen krebserregend wirken. Um das Krebsrisiko zu verringern, begrenzt die EPA-Richtlinie den Ausstoß der Gase.
Die Grenzwerte existieren eigentlich seit 2004, wurden aber von der EPA bis März dieses Jahres ausgesetzt. Nun müssen die Flüssiggas-Hersteller innerhalb von sechs Monaten nachweisen, dass ihre Turbinen die Verschmutzungsgrenzwerte einhalten. Die Industrie hält das für zu kurzfristig, um die Technik dementsprechend umzurüsten. Umweltschützer*innen entgegnen, dass Richtlinie und Frist spätestens seit 2007 bekannt gewesen seien.
Die Auseinandersetzung spielt sich vor dem Hintergrund größerer Flüssiggas-Exporte aus den USA in die Europäische Union ab. Chenieres Anwältin Brittany Pemberton schrieb der EPA, die Umweltschutzregelung treffe die Flüssiggas-Industrie zu einem Zeitpunkt, da die USA eine wichtige Rolle in der Energieversorgung Europas zu spielen haben.
Diese wichtige Rolle haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden Ende März vereinbart. Bis mindestens 2030 werde die EU jährlich 50 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas importieren. Das entspricht etwa einem Drittel des europäischen Imports von russischem Gas. Biden und die Kommission betonen in ihrem Statement auch, dass die wachsende Flüssiggas-Nachfrage „in Einklang mit unseren gemeinsamen Netto-null-Emissionszielen“ stehen soll. Aufgrund der steigenden Exporterwartungen werden in den USA aktuell 27 Flüssiggas-Terminals gebaut oder erweitert, die allein bis zu 117 Millionen Ton CO2 ausstoßen können.
Die Sprecherin für Energie und Klima der Grünen-Fraktion, Ingrid Nestle, sagte der taz, dass Deutschland kurzfristig Flüssiggas brauche, das aber weder in Deutschland noch in den Exportländern dazu führen dürfe, Umweltstandards zu ignorieren. Deswegen sei es gut, dass die USA unter Biden wieder Emissionsgrenzwerte eingeführt haben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich bis Redaktionsschluss gegenüber der taz nicht geäußert. Auch die Frage, ob Umweltschutzmaßnahmen in Kaufverträge mit den USA einfließen könnten, ließ es unbeantwortet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen