Flüchtlingspolitik in Deutschland: Kanzleramt übernimmt Koordination
Kanzleramtschef Peter Altmaier soll künftig der zentrale Ansprechpartner in der Flüchtlingspolitik sein. Wird damit Innenminister de Maizière übergangen?
Berlin dpa | Kanzlerin Angela Merkel (CDU) macht die Flüchtlingspolitik zur Chefsache. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) soll künftig als Gesamtkoordinator die auf verschiedene Ministerien verteilten Aufgaben bündeln und besser als bisher koordinieren.
Das geht aus einer Vorlage hervor, die an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll und der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Dienstag vorlag. Zuerst hatte Spiegel Online über den Vorstoß berichtet.
Während Spiegel Online von einer „Ohrfeige“ für Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach, hieß es in Regierungskreisen, es gehe nicht darum, den Minister zu schwächen, sondern darum, dessen Ministerium auch personell zu stärken und zu entlasten. Außerdem gebe es Dinge, die das Innenressort gar nicht alleine entscheiden könne. Die Verantwortlichkeiten der übrigen Ministerien sollten verstärkt werden.
In einem Brief Altmaiers an alle Bundesminister heißt es, mit dem Konzept sollten vor allem auch die Ressourcen der Ressorts bei der Bewältigung der Flüchtlingslage besser genutzt werden. In den vergangenen Wochen hatten Kritiker de Maizière Überforderung und ein oft zu zögerliches und zu spätes Vorgehen vorgehalten. Zudem fehle ein schlüssiges Gesamtkonzept.
Auch Ministerien sind einbezogen
Ständiger Vertreter Altmaiers als Flüchtlingskoordinator soll der im Kanzleramt für die Bund-Länder-Koordinierung zuständige Staatsminister Helge Braun (CDU) werden. Zur Unterstützung werde im Kanzleramt zudem ein eigener Stab „Flüchtlingspolitik“ eingerichtet. Bis auf weiteres werde das Kabinett die Flüchtlingslage in jeder Sitzung als ständigen Tagesordnungspunkt behandeln.
In der Vorlage heißt es, das Innenministerium bleibe für die „operative Koordinierung fachlicher, organisatorischer, rechtlicher und finanzieller Aspekte der Flüchtlingslage“ zuständig. Mit der Neuregelung solle „die verantwortliche Mitwirkung der übrigen Ressorts verstärkt“ werden, schreibt Altmaier. Der im Innenministerium angesiedelte Lenkungsausschuss „Bewältigung der Flüchtlingslage“ werde weiterhin von Innen-Staatssekretärin Emily Haber geleitet. Auch hier soll künftig aber unter anderem Braun ständiger Vertreter sein.
Nach dem Konzept werden den Ministerien im Lenkungsausschuss konkrete Verantwortlichkeiten zugeteilt. So soll das Innenministerium unter anderem federführend für die Flüchtlingsaufnahme, die Asylverfahren, die Verteilung der Flüchtlinge, deren eventuelle Rückführung und für die Sicherheit sowie die Integration in die Gesellschaft zuständig sein. Das Finanzministerium ist demnach hauptverantwortlich für die finanziellen Ressourcen der Flüchtlingshilfe.
Das Verteidigungsministerium ist nach der Vorlage federführend bei der Unterbringung und der Organisation der Liegenschaften, das Verkehrsministerium für den Transport der Flüchtlinge. Das Arbeitsministerium soll sich demnach unter anderem um die Integration in den Arbeitsmarkt und den Gesundheitsbereich kümmern. Außenamt und Entwicklungsministerium teilen sich die Zuständigkeiten für die internationale Bekämpfung der Migrations- und Fluchtursachen.
Leser*innenkommentare
Annabell Wissman
Und wieder einmal reagiert Frau Merkel.... zu spät. Es musst erst wieder die Empörung große genug sein, damit etwas passiert. Jetzt bin ich gespannt, was da an neuen Maßnahmen folgt. Bisher halte ich das eher für eine Meldung um die Öffentlichkeit zu beruhigen und das das Image der Kanzlerin nicht noch mehr Schaden nimmt.
Georg Schmidt
frau Merkel ist am Ende mit ihrer Politik. schon bei der Banken rettung war sie total überfordert jetzt ist sie einfach hilflos, aber wir haben halt in d niemanden der es besser machen kann in Berlin die Ministerriege ist ein DEsaster aber es hilft alle nix !
produster
Jetzt wird alles gut. Endlich wieder ruhig schlafen.
Urmel
Na, da bin ich aber jetzt total beruhigt: Wenn Frau Merkel nun das Ruder in dieser Sache übernimmt, muss ja etwas Gescheites herauskommen.
Zwei Beispiele aus der Vergangenheit mögen das beispielhaft belegen: 1. Der milliardenschweren Bankenrettung folgte die Zusage, dass die Geldhäuser jetzt endlich an die Kandare genommen sollten. 2. Dem NSA-Abhörsskandal folgte die Erklärung, dass jetzt sofort Verhandlungen mit den USA geführt werden sollten, um die Daten deutscher Bürger in Zukunft nachhaltig zu schützen.
Aber wie sagte schon Theo Waigel anno dazumal: „Es muss was passieren, aber g’schehn darf nix.“
Exakt so wird es jetzt wieder laufen. Frau Merkels Fähigkeit, die deutschen Bürger in einen kollektiven Dämmerschlaf zu versetzen, kann man nur noch bewundern.