Flüchtlingspolitik in Deutschland: Wenn die Asyllobby zuschlägt
Ein interner Bericht einer Arbeitsgruppe von Polizei und Ausländerbehörden übt heftige Kritik an der Abschiebepraxis in Deutschland. Sie sei zu lasch.
BREMEN taz | Bei der am Dienstag beginnenden Innenministerkonferenz steht das Thema Asyl gleich mehrfach auf der Tagesordnung. Anregungen für diese Debatte wollte kürzlich die "AG Rück" liefern - eine bundesweite Arbeitsgruppe von Länder- und Polizeibeamten zur Koordinierung von Abschiebungen. Im Mai spielte sie Spiegel Online einen als "schonungslose Bilanz" hingestellten, aber geheimen Bericht zu. Darin griff die AG Rück die deutsche Abschiebepraxis als zu lasch an - und unterlegte dies mit falschen Abschiebezahlen.
Das Bild, das die Beamten in dem Bericht, der auch der taz vorliegt, zeichnen, ist das einer mächtigen Lobby, die ihnen die Arbeit unmöglich macht. "Interessierte Kreise" hätten ein "länderübergreifendes Netzwerk" aufgebaut. Selbst Landesregierungen würden sich dem beugen und die Hürden für die Behörden immer "höher und höher hängen", so dass diese "allenfalls noch Straftäter oder Terrorverdächtige" abschieben könnten.
Medien berichteten oft "tendenziös" über Abschiebungen und "schrecken auch vor der Verbreitung gezielter Unwahrheiten nicht zurück". Staatsanwaltschaften hätten "häufig kein Verfolgungsinteresse" bei Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht. Wohnungen von Ausländern würden sie "zu selten" nach verschwiegenen Passpapieren durchsuchen lassen.
Viele Ärzte würden "aus weltanschaulicher/berufsethischer Sicht" nicht zu Abschiebungen beitragen. Asylbewerber machten sich dies zunutze und versuchten "inflationär", ihre Abschiebung mit dem Hinweis auf "schwer überprüfbarer psychische Erkrankungen" wie PTBS oder Suizidalität zu verhindern.
Die AG Rück reagiere mit dem Bericht "offenbar auf einen drohenden Verlust ihrer beträchtlichen informellen Macht", glaubt Bernd Mesovic von Pro Asyl. "Nach den jüngsten Regierungswechseln in einigen Bundesländern könnte der Einfluss der Hardliner schwinden." Wohl deshalb mahnten die Abschiebe-Beamten gerade jetzt die Unterstützung der Politik an.
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