Flüchtlingspolitik-Treffen in Rom: Wer überlebt, soll zurück
Tausende flüchten übers Mittelmeer. Die EU versucht sie aufzuhalten. Ein Problem dabei ist das politische Chaos im Transitland Libyen.
Damit sind auf dieser Route fast fünfmal so viele Bootsflüchtlinge wie in den ersten Monaten 2016 umgekommen. 16.185 Menschen erreichten Italien lebend, rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Von denen, die sich auf die riskante Passage nach Europa machten, starb jeder Dreiunddreißigste – auch dies ein neuer Rekord.
Ein Grund dafür, dass derzeit besonders viele Boote von der libyschen Küste aus ins Meer stechen, ist das relativ gute Wetter. Allein am vergangenen Wochenende wurden binnen 24 Stunden mehr als 3.000 Menschen bei über 20 Einsätzen geborgen. Die Seenotretter der deutsch-französisch-italienischen Initiative SOS Mediterranee retteten fast 1.000 Migranten von neun Booten. Darunter waren etwa 200 Kinder und Jugendliche.
Europäische und afrikanische Politiker haben nun am Montag in Rom darüber beraten, wie sie die Flüchtlinge daran hindern können, sich auf den gefahrvollen Weg zu machen. Die Innenminister von Italien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Malta, Slowenien und der Schweiz waren ebenso vertreten wie Politiker der Maghrebstaaten Algerien, Tunesien und Libyen.
Europas Vertragspartner ist in Libyen machtlos
Wer in Europa keine Chance auf Asyl hat, müsse schon früh daran gehindert werden, „sich durch Libyen auf den Weg zu machen“, erklärte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière: „Wir müssen den Grenzschutz verstärken, den Küstenschutz auch Libyens – und wir müssen entschlossen diejenigen zurückführen aus Europa, die dann doch angekommen sind.“
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Italien will eine neue ständige europäisch-nordafrikanische Kontaktgruppe aufbauen. „Wir wollen aus dem Gegeneinander – hier die Europäer, dort die Nordafrikaner – eine Gemeinsamkeit stiften“, sagte de Maizière. Die Botschaft: dass der Weg durch Libyen schwer ist. Und dass die Migranten an der Küste von ihrer Flucht abgehalten werden und in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, sollten sie es bis nach Europa schaffen.
Die EU versucht schon seit fast zwei Jahren, im Haupt-Transitstaat Libyen, in dem ein Bürgerkrieg herrscht, gegen die Schleuser vorzugehen. Im Februar hat sie dafür noch einmal 200 Millionen Euro bereit gestellt – und erklärt, künftig Flüchtlinge auch nach Libyen zurückbringen zu wollen.
Einheiten der EU-Anti-Schlepper-Mission Operation Sophia sollten eigentlich mit libyschen Küstenwächtern gemeinsam patrouillieren. Ein von der EU unterstütztes Abkommen zwischen Libyen und Italien sieht zudem Lager unter libyscher Kontrolle vor, von denen aus Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückgebracht werden sollen. Europas Vertragspartner ist aber der libysche Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch, der im eigenen Land praktisch machtlos ist.
„EU zwingt Refugees auf seeuntaugliche Boote“
Die Gewalt liegt in den Händen undurchsichtiger Milizen. Das im ostlibyschen Tobruk ansässige Nationalparlament lehnt es ab, mit Europa zusammenzuarbeiten. Es erklärte das vom Premier geschlossene Abkommen mit Italien für „null und nichtig“.
Innenminister Thomas de Maizière
Der deutsche Innenminister behauptete am Montag, die libysche Regierung stabilisiere sich. Der libysche Premier hat es aber es trotz westlicher Unterstützung nicht geschafft, seine Macht auszubauen.
Was ist für die nun beginnende Saison der Flüchtlingsüberfahrten Richtung Italien zu erwarten? Zwischen den privaten Seerettern und den EU-Grenzschützern von Frontex ist der Ton schärfer geworden: „Die EU zwingt Refugees auf seeuntaugliche Boote, wir werden aber retten, egal was Frontex sagt“, erklärte die deutsche Rettungsorganisation Sea Watch am Montag.
Fabricio Leggeri, der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, hatte kürzlich in einem Interview erklärt, er wolle „verhindern, dass wir die Geschäfte der kriminellen Netzwerke und Schlepper in Libyen noch dadurch unterstützen, dass die Migranten immer näher an der libyschen Küste von europäischen Schiffen aufgenommen werden“.
Das „aktuelle Konzept der Rettungsmaßnahmen vor Libyen“ gehöre „auf den Prüfstand“, sagte Leggeri, die Rettungseinsätze der Helfer führten zu „Problemen beim Kampf gegen die Schlepperbanden“.
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