Flüchtlingshilfe durch Linkenpolitiker: Schleuser und stolz darauf
Der Linke Diether Dehm hat einen minderjährigen Flüchtling nach Deutschland transportiert. Er hatte ihn im Kofferraum seines Autos versteckt.
Von einer Anzeige gegen ihn, sei ihm bisher nichts bekannt, sagt Diether Dehm. Und selbst wenn: „Ich sehe das völlig gelassen“, so Dehm zur taz. Wie mehrere Medien am Sonntag berichteten, hat Dehm, der für die Linke im Bundestag sitzt und auch Schatzmeister der europäischen Linken ist, in der zweiten Augusthälfte einen minderjährigen Flüchtling von Italien nach Deutschland gebracht.
Eine menschliche, aber nicht legale Aktion, wie auch Dehm bewusst gewesen war, der seinen Passagier in Grenznähe bat, im Kofferraum Platz zu nehmen. Nach der Dublin-Verordnung müssen Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen, in dem sie zuerst registriert werden und können dorthin zurückgeschickt werden. Doch der Geflüchtete war von den italienischen Behörden offenbar noch nicht erfasst worden.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt machte gegenüber der Bild-Zeitung seiner Empörung Luft: „Der Fall zeigt auf erschreckende Weise, wie ein gewählter Parlamentarier die Rechtsordnung verachtet.“ Das Vorgehen erfülle vermutlich den Strafbestand der Schleusung und müsse entsprechend mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werde. Auf Nachfrage sagte die Gewerkschaft, Wendt habe keine Anzeige gegen Dehm erstattet und dies auch nicht vor.
Der junge Mann, den Dehm befördert, war nach dem Tod der Mutter aus einem Bürgerkriegsland über das Mittelmeer geflohen und wollte weiter nach Deutschland, wo sein Vater lebt. Eine Freundin, die für eine Flüchtlingsorganisation aktiv sei, habe ihn gebeten, dem jungen Mann ein Obdach zu geben, berichtet Dehm. Der Linkenpolitiker, der auch Manager, Komponist und Musikproduzent ist und mit diesen Nebentätigkeiten jährlich fünfstellige Einnahmen erzielt, besitzt ein Haus am Lago Maggiore.
Dehm überlegte nicht lange. „Der Junge war völlig übernächtigt und hat erst einmal 20 Stunden geschlafen.“ Nachdem der junge Mann sich ausgeschlafen hatte, transportierte Dehm ihn im Fond seines Autos über mehrere Grenzen und übergab ihn in Deutschland an Flüchtlingshelfer.
Endlich beim Vater angelangt
Genaue Angaben will Dehm im Interesse des Jugendlichen und der Flüchtlingsorganisation nicht machen. Nur soviel: „Es gab eine überschwängliche Reunion mit dem Vater, es geht ihm gut und die Inititative kümmert sich weiter.“ Der Vater habe einen Job in Deutschland und könne für den Jungen sorgen, staatliche Leistungen müssten nicht in Anspruch genommen werden.
Dies sagt Dehm auch an die Adresse jener, die Obergrenzen für die Aufnahme von Geflüchteten einziehen wollen. Auch Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Linkspartei im Deutschen Bundestag, hatte in der Vergangenheit laut über Kapazitätsgrenzen nachgedacht. „Ich stehe fest an der Seite Sahra Wagenknechts“, bekräftigt Dehm. Es gebe nun einmal begrenzte Ressourcen, da müsse man verantwortlich handeln. „Aber wenn Schutzbedürftige Hilfe brauchen, muss man ihnen helfen. Das sieht Sahra Wagenknecht genauso.“
Auf Dehms Facebook-Account, der nach seinen Angaben vollständig von einer Mitarbeiterin gewartet wird, erschien nach der geglückten Deutschlandfahrt ein Bild eines Menschen im Kofferraum eines Autos. Das Foto wurde gelöscht, ist inzwischen aber wieder zu sehen. Genauso wie alle Artikel zum Thema. Die meisten Kommentatoren sind begeistert. „Hallo Diether, das nenne ich Zivilcourage. Gut gemacht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja