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Flüchtlinge in Berlin-HellersdorfUnbekannte greifen Heim an

Erneut ist das Heim im Stadtteil Hellersdorf angegriffen worden, zwei Flüchtlinge wurden durch die Straßen gejagt. Die Polizei kam zu spät.

Das Flüchtlingsheim in Hellersdorf Bild: dpa

BERLIN taz | In der Nacht zu Freitag haben Unbekannte in Hellersdorf Flüchtlinge angegriffen. Nach Polizeiangaben sollen sie kurz nach Mitternacht zunächst Bierflaschen auf das Flüchtlingsheim in der Carola-Neher-Straße geworfen haben. Danach sollen mindestens sechs Männer versucht haben, in das Heim einzudringen. Ein Bewohner und ein Wachschützer verriegelten jedoch rechtzeitig die Tür. Die Polizei traf erst 20 Minuten später am Tatort ein. Da waren die Übeltäter bereits über alle Berge.

Der linke Bezirksverordnete Klaus-Jürgen Dahler erzählt, dass dem Vorfall eine regelrechte Hetzjagd auf zwei jugendliche Bewohner des Flüchtlingsheimes vorausgegangen war. „Die beiden Männer wurden nach ihrer Darstellung vom U-Bahnhof an von ca. 15 Leuten verfolgt, bedroht und mit Flaschen beworfen.“ Sie hätten sich in das Heim retten können und blieben unverletzt, sagt Dahler. „Natürlich sind sie jetzt verängstigt. Und andere Heimbewohner auch.“ Die Ermittlungen liegen beim polizeilichen Staatsschutz, weil von einem politischen Tatmotiv ausgegangen wird.

Hakan Tas von den Linken im Abgeordnetenhaus erneuert die Forderung seiner Partei, das Flüchtlingsheim in Hellersdorf besser zu bewachen. Für einen Linken untypisch fordert er „vor dem Flüchtlingsheim mehr Polizeipräsenz, eine Kameraüberwachung und eine Alarmanlage.“ Er könne nicht verstehen, warum die Polizei wiederholt zu spät am Ort war, um die Angreifer zu stoppen.

Auf der Facebookseite der rechten Bürgerbewegung Hellersdorf zeigt man hingegen viel Verständnis für den Anschlag. Dort finden sich Einträge wie: „Der Hass wird immer größer! Das zeigt doch wieder, dass dieses Heim hier einfach nicht erwünscht ist.“ Auch ein Gewaltaufruf steht dort: „Macht weiter so …... Schmeißt den Dreck raus!“ Jemand anderes gibt den Opfern die Schuld: „Die Polizei sollte aufklären, was die beiden Typen um 0.10 Uhr draußen zu suchen hatten.“ Der Bürgerinitiative war es letzte Woche zum wiederholten Mal gelungen, in das Heim zu gelangen und dort zu fotografieren. Die Bilder stellte sie ins Internet.

Beste Vernetzung

Der Anschlag ist nicht der erste auf das Hellersdorfer Heim, aber er hat eine neue Qualität. Bisher waren es Einzeltäter oder Duos, die etwa in der Silvesternacht Eingangstüren mit Böllern zerstört hatten oder im Januar vor dem Heim grölten und urinierten. Diesmal ist es eine größere Gruppe. Und die Opfer verdanken es lediglich ihrer guten Kondition, dass sie zumindest körperlich unverletzt blieben.

Nein-Zum-Heim-Seiten gibt es inzwischen in Hellersdorf, Köpenick, Neukölln, Pankow und seit wenigen Tagen auch in Lichtenberg. Diese Seiten verbreiten ihre Hetze anonym im Internet und sind bestens miteinander vernetzt. Innensenator Frank Henkel (CDU) sprach im letzten Verfassungsschutzausschuss von einer „Kampfansage an die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“

Dennoch scheint sein Ermittlungseifer Grenzen zu haben. Nach eigenen Angaben sehe er kaum rechtliche Handhabe, gegen die anonymen Betreiber vorzugehen. Denn der Server, auf dem die Dateien liegen, stehe im Ausland.

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8 Kommentare

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  • M
    Moinmoin

    Das nächste mal stellen sich die Angreifer vor: "Guten Tag mein Name ist Herbert Pottenkieker und ich werde sie jetzt schonungslos angreifen!"

  • S
    Smokee

    oha... es wird tatsächlich ein politisches tatmotiv für möglich gehalten? von deutschen behörden!??? die haben doch bestimmt nur nen scherz gemacht

  • R
    Rst

    Die Unterkunft würde durch mehr Polizei/Wachschutz bestimmt sicherer werden, aber die Bewohner haben trotzdem noch das Problem, dass sie sich im Bezirk einfach nicht frei bewegen können. So lange die schweigende Masse solche Menschenjagden duldet oder gar begrüßt, kann sich an dieser Situation kaum was ändern.

  • G
    Gast

    Die einzige Lösung ist eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Das erspart den Flüchtlingen eine entwürdigende Wohnsituation und nimmt den Leuten, die gern andere für ihr armseliges Leben verantwortlich machen, die Projektionsfläche für ihren Frust.

  • OF
    Offene Fragen

    Warum bemühen sich um dieses Flüchtlingsheim nicht investigative JournalistInnen und decken auf, wer hinter der Facebook-Gruppe steckt, was dessen/deren Motive und Lebenssituationen sind, warum die Personen xenophob/rechtsextrem wurden, welche Einrichtungen in dem Kiez fehlen, sodass sich alle wohlfühlen? Ein Familienzentrum, Jugendclubs, Bibliotheken, Infrastruktur zur Nahversorgung, Freizeitorte wie Sportplätze und Gastronomie, Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung, Kitas, Sprachkurse, besseres Quartiersmanagement?

     

    Längst passiert? Wo? Über Verweise zu den Artikeln wäre ich dankbar.

  • E
    emil

    die argumentationslinie dieser bürgerwehr ist schon einigermaßen widerlich. wie wäre es mal zur abwechslung die eigene haltung und handlung zu reflektieren?

  • EP
    Endlich polizeilicher Objektschutz für Flüchtlingsunterkünfte?

    Endlich wird zumindest politisch (wenn schon nicht journalistisch) die Frage nach dem polizeilichen Objektschutz für gefährdete Flüchtlingsunterkünfte und deren Bewohner gestellt. Oder werden die im Artikel erwähnten Flüchtlingsunterkünfte nicht als gefährdet eingestuft?

    • @Endlich polizeilicher Objektschutz für Flüchtlingsunterkünfte?:

      Ich hoffe das wird nie passieren, aber sollten wir jemals in die Lage kommen aus unserem Land flüchten zu müssen, dann hoffe ich, das wir nicht so asozial empfangen werden!