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Flüchtlinge aus LesbosLederer: Aufnahme „unrealistisch“

Justizsenator Behrendt (Grüne) will 1.500 Geflüchtete aus Lesbos aufnehmen. Vizebürgermeister Klaus Lederer (Linke) hält das für unverantwortlich.

Geflüchtete auf Lesbos Foto: dpa

berlin dpa | Vizebürgermeister Klaus Lederer (Linke) hält es für unrealistisch, derzeit 1.500 Flüchtlinge aus Lesbos nach Berlin zu holen. Er widersprach damit am Dienstag nach der Senatssitzung dem grünen Justizsenator Dirk Behrendt, der das zuvor ins Spiel gebracht hatte. Lederer sagte: „Es geht nicht um 1.500 für Berlin, sondern es geht um 1.500 gemeinsam mit anderen Städten.“ Zur Begründung erklärte der Kultursenator: „Denn wir haben die Verantwortung dafür, dass wir den Menschen, denen wir in dieser Situation helfen, auch hier adäquat gerecht werden können.“

Mit Blick auf die Flüchtlingsunterkünfte ergänzte Lederer: „Wenn die eine nach der anderen in Quarantäne gesetzt werden, und man hat noch nicht die ausreichende Ausstattung, dann ergeben sich Folgeprobleme.“ Justizsenator Behrendt drängt auf schnelles Handeln bei der Hilfe für unbegleitete Minderjährige auf der griechischen Insel Lesbos. In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ vom Dienstag sagte er, wenn auf Bundesebene nicht schnell etwas passiere, sei Berlin bereit, eigene Schritte zu gehen und Menschen aus Lesbos auszufliegen: „Diskutiert wird – was die Rolle Berlins angeht – über Zahlen zwischen 500 und 1.500 oder auch noch mehr.“

Lederer betonte, die Grundhaltung des Senats sei klar: „Die Zustände in den Lagern auf Lesbos beispielsweise sind eine humanitäre Katastrophe.“ Es sei verantwortungslos, zuzulassen, dass die Flüchtlinge und insbesondere die unbegleiteten Minderjährigen dort unter nicht akzeptablen Bedingungen untergebracht seien. „Wir hoffen und erwarten, dass auf der Ebene der Bundesregierung der Weg freigemacht wird, dass die Länder und Kommunen, die helfen wollen, auch tatsächlich helfen können.“

Behrendt hatte kritisiert: „Es ist schon sehr begründungsbedürftig, warum es dem Bund in der Coronakrise binnen weniger Tage gelingt, mehr als 170 000 Urlauber aus allen Teilen der Welt heimzufliegen und es zugleich nicht gelingt, die Geflüchteten auf Lesbos aus ihrer unerträglichen Situation zu befreien und nach Deutschland zu holen.“

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3 Kommentare

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  • So sympathisch mir die Linke so im allgemeinen ist: bei so etwas bin ich immer wieder enttäuscht.

  • Unverantwortlich ist es nicht in der aktuellen Situation Flüchtlinge hier aufzunehmen. Unverantwortlich ist es sie in Lesbos und auf den Nachbarinseln ohne medizinische Versorgung, Wasserversorgung, Behausungen usw. womöglch sterben zu lassen.

    In den Flüchtlingsunterkünften in Berlin gibt es glücklicherweise ganz überwiegend eine Appartementstruktur. Unter Quarantäne steht daher immer nur die jeweilige Wohnung, nicht die ganze Unterkunft wie Herr Lederer behauptet. Ggf. wurde, wo es keine Appartements gibt, auch mal ein halber Flur auf einer Etage freigemacht für eine Quarantäne. Betroffen sind etwa ein dutzend Unterkünfte. Nur in zwei Unterkünften gab es bislang Vollquarantänen, ein schon wieder aufgehoben (ehemaliges Hotel mit Speisesaal für Vollverpflegung in Charlottenburg), eine (in Treptow-Köpenick) dauert an, si wurde trotz Appartementstruktur aus für alle Beteiligten nicht nachvollziehbaren Motiven verfügt.

  • Der vermeintlich libertär-emanzipatorische Herr Lederer entpuppt sich als Boris Palmer Berlins...