Flüchtlinge auf der Westbalkanroute: Militäreinsatz und Pläne für Zäune
Zuspitzung auf der Flüchtlingsroute: Slowenien will die Armee an die Grenze schicken. Kroatien überlegt, den Weg aus Serbien zu sperren.
Waren die Auffanglager in den vergangenen Tagen noch massiv unterbelegt, ist nun das Gegenteil der Fall. In Brežice, nahe der kroatischen Grenze, waren bislang Plätze für 450 Menschen vorgehalten worden, zeitweise sollen dort bis zu 3.000 Flüchtlinge eingetroffen sein.
Unter diesen Umständen bereitet die Regierung in Ljubljana ein Gesetzespaket vor, dass unter anderem der slowenischen Armee Befugnisse für Polizeiaufgaben und den Grenzschutz überträgt. Bisher ist dem Militär nur der humanitäre Einsatz gestattet.
Schon am Dienstag Nachmittag wird das Parlament über die Vorlage abstimmen. Damit das Gesetz wie geplant sofort in Kraft treten kann, ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Zustimmung auch der Opposition gilt jedoch als sicher.
Die operative Abstimmung zwischen Kroatien und Slowenien ist seit Montag zum Erliegen gekommen. Die Kommunikation findet derzeit vornehmlich über emotionale Pressekonferenzen statt, auf denen die Verantwortung für die Verschärfung der Lage dem jeweiligen Nachbarn zugeschrieben wird. Während die slowenische Innenministerin Vesna Györkös Žnidar Kroatien nach deren Grenzöffnung zu Serbien vorwarf, lediglich „Transportunternehmen zu spielen“ und sich nicht um die Folgen zu kümmern, antwortete ihr kroatischer Amtskollege Ranko Ostojić: „Ihr macht doch das selbe, nehmt Menschen in Empfang und schickt sie einfach weiter.“
Kroatien erwägt Zaunbau
Der Versuch des slowenischen Grenzschutzes, die Zahl der Grenzübertritte zu limitieren, führte zwischen Montag und Dienstag erneut zu Stauungen an den offiziellen Grenzübergängen. Flüchtlinge müssen teils über Stunden im kalten Regen auf Durchlass und auf der slowenischen Seite erneut auf ihre Registrierung warten. Dabei kommt es wiederholt zu kleineren Rangeleien. Außerdem machten sich mehrere Tausend Menschen auf den Weg über die grüne Grenze.
In Kroatien berichtet derweil die liberale Tageszeitung Jutarnji list unter Berufung auf Regierungskreise, dass das Land bereit sei, innerhalb von 14 Tagen die Grenze zu Serbien komplett abzuriegeln. Bisher hatten kroatische Politiker die Existenz solcher Pläne weit von sich gewiesen. Nun wird kolportiert, dass Kroatien im Falle einer Grenzschließung in Slowenien und Österreich nichts anderes übrig bleibe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern