Flüchlinge und Corona: Der Wille zum Abstand
Nachdem sich der rot-grün-rote Bremer Senat lange geziert hat, erlässt er nun Regeln für Geflüchteten-Unterkünfte, die Infektionen verhindern sollen.
Präventiv wird diese Neuregelung kaum noch Wirkung entfalten. Denn in der Landeserstaufnahmestelle in der Lindenstraße im Norden der Stadt sind 170 Bewohner*innen bereits mit Corona infiziert, elf werden im Krankenhaus behandelt. Und mittlerweile müssen sich die 200 Zimmer dort auch nur noch rund 300 Menschen teilen; im Laufe des Monats will man auf 250 kommen. Im März waren es noch 700 gewesen.
Zum Vergleich: Saisonarbeitskräfte dürfen nach Bundesrecht nur in Einzelzimmern untergebracht werden. Allerdings leben in der Lindenstraße auch einige Mütter mit Säuglingen oder Kleinstkindern. Auf ihre Nöte und Ängste hatten die Bewohner*innen seit Anfang März aufmerksam gemacht, mit Demos und Kundgebungen.
Diese wurden vom Ordnungsamt und der Polizei mit seuchenrechtlich begründeten Auflagen stets massiv eingedämmt, nur ein kleiner Bruchteil der ursprünglich angemeldeten Teilnehmer*innen durfte sich beteiligen. Anschließend wurden die Aktionen von der zuständigen Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), einer „kleinen lautstarken Gruppe“ zugeschrieben, und die Bedenken bagatellisiert. Als die Infektionszahlen explodierten, bezeichnete Stahmann den Wert dann als „interessant für Virologen“.
Der politische Willen war schwach
Die Forderung, die Anlage zu schließen, hatte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) zuletzt mit dem Verweis auf die fehlende Rechtsgrundlage gekontert. Die ist nun geschaffen. Dass der Senat das Abstandsgebot aber so spät erst in die Verordnung aufgenommen hat, die das zivile Leben im Land ohne viel Federlesens gestoppt hat, bedeutet nicht, dass das juristische Problem hier komplex, sondern eher, dass der politische Willen schwach war.
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