Fleisch im Supermarkt: Koalition will Tierhaltungs-Kennzeichnung verschieben
Die Regierungsfraktionen wollen das staatliche Tierhaltungslabel später vorschreiben als derzeit geplant. Die Union will es komplett überarbeiten.

Nach dem von der Ampelkoalition beschlossenen „Tierhaltungskennzeichnungsgesetz“ hätte das Fleisch ab 1. August 2025 das neue Logo tragen müssen. Erklärtes Ziel des damaligen Agrarministers Cem Özdemir (Grüne) war es, dass die Konsumenten leichter tierfreundlichere Produkte auswählen können, dieses Fleisch deshalb öfter gekauft wird und am Ende mehr Tiere artgerechter gehalten werden. Das schwarz-weiße Label mit fünf Stufen von „Stall“ über „Auslauf/Weide“ bis „Bio“ sollte sich zunächst nur auf die Mast von Schweinen und unverarbeitetes „frisches“ Fleisch im Handel beziehen, später aber auch andere Lebensabschnitte, Tierarten, Produkte und die Gastronomie erfassen.
Özdemirs Nachfolger, Alois Rainer (CSU), begründete die Verschiebung jetzt damit, dass die Länder um mehr Zeit gebeten hätten, das Gesetz umzusetzen. Ihre Behörden müssen die Höfe registrieren und überwachen. „Die Zeit wollen wir ihnen geben, damit es dann auch ordentlich vom ersten Tag an funktioniert“, sagte der Minister. Freiwillig könne das Fleisch aber schon vor März 2026 gekennzeichnet werden. Der SPD-Abgeordnete Jens Behrens führte an, die Verschiebung betrage nur 7 Monate.
Die Grüne Zoe Mayer warf der Union und ihren Landesministerien vor, alles getan zu haben, „dass dieses Projekt sich verzögern muss“. Das würde gerade die Planungssicherheit konterkarieren, auf die sich CDU und CSU sonst gern beriefen. Ina Latendorf von der Linken bezeichnete die Verschiebung als „nachvollziehbar“, auch wenn sie schon lange auf die Probleme bei der Umsetzung hingewiesen habe. Der AfDler Julian Schmidt begrüßte die Verschiebung, weil das Vorhaben in seiner jetzigen Form nur mehr „Bürokratie und Kontrollen“ bringe.
Privates Label ist schon weiter
Nach der Verschiebung will die Union das Gesetz „vom Kopf auf die Füße stellen“, wie der CDU-Abgeordnete Benedikt Büdenbender sagte. „Zum Beispiel sollte das Verbot des Downgradings entfallen“. Es sollte erlaubt sein, Fleisch aus einer höheren Haltungsform in einer niedrigeren zu verkaufen. Büdenbender kritisierte zum Beispiel, dass Fleisch aus dem Ausland nach dem jetzigen Gesetz nicht gekennzeichnet werden müsse. Er wandte sich auch dagegen, dass Ferkel, die im Ausland ohne Betäubung kastriert und dann in Deutschland gehalten werden, am Ende in einer hohen Haltungsstufe vermarktet werden dürften. Der Christdemokrat ergänzte, es gebe schon private Initiativen wie die „Haltungsform“-Kennzeichnung. „Diese Systeme werden wir jetzt klug integrieren“, so Büdenbender.

Das Label zur Tierhaltungskennzeichnung
„Bei den teilnehmenden Lebensmitteleinzelhändlern deckt die privatwirtschaftliche ‚Haltungsform‘ über 90 Prozent der Ware bereits ab, die mit der staatlichen Kennzeichnung versehen werden soll“, teilte ein Sprecher der Initiative der taz mit. Diese Unternehmen hätten einen Anteil von ungefähr 80 bis 85 Prozent des Gesamtmarktes des Lebensmitteleinzelhandels. „Fazit: die allermeisten Produkte im Lebensmitteleinzelhandel werden durch das privatwirtschaftliche System bereits abgedeckt.“ Nicht dabei sei aber zum Beispiel das Fleischerhandwerk.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Familienreservierungen bei der Bahn
Völlig überzogene Kritik
Eskalation in Nahost
Israel muss Irans Volk schonen
Angriff auf den Iran
Weil Israel es kann
Antimilitaristisches Aktionsnetzwerk
Der nächste Veteranentag kommt bestimmt
Debatte um Wehrpflicht
Wehret der Pflicht
Strafbarkeit von Holocaustvergleichen
Wir brauchen keine Metaphernpolizei