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Finanzierung von KlimaschädenNeue Modelle sind nötig

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Um Folgeschäden der Erderwärmung vorzubeugen, braucht es bezahlbare Pflichtversicherungen. Fair wäre, die Ver­ur­sa­che­r*in­nen zur Kasse zu bitten.

Altenahr, am 3. Dezember: Die Folgen des Hochwassers sind noch immer sichtbar Foto: Boris Roessler/dpa

Z u glauben, dass die Klimakrise in erster Linie die kommenden Generationen treffen wird, ist ein gewaltiger Irrtum. Die Erderwärmung hat bereits im Hier und Jetzt verheerende Folgen, wie die Schadensstatistiken der Versicherungswirtschaft dokumentieren. Die Überflutung an der Ahr im vergangenen Sommer zeigt, dass das keineswegs ein Problem nur im Globalen Süden ist. Auch der Norden bekommt die Auswirkungen in Form von extremen Unwettern immer mehr zu spüren.

Niemand ist davor sicher, denn Starkregen oder schwerste Gewitter können je­de:n jederzeit treffen. Deshalb wird es nicht nur höchste Zeit, Maßnahmen gegen die Erderwärmung mit Hochdruck voranzutreiben. Es müssen auch neue Modelle für die Finanzierung der Klimaschäden her. Denn die Klimakrise stellt die bisherige Form der Versicherung infrage. Die traditionellen Instrumente der Assekuranz wie Preisbildung nach Risikoeinschätzung helfen der Gesellschaft und vor allem den Betroffenen nicht mehr weiter.

Ein Modell mit Charme

Beispiel Überflutung: Sind Gebäude stark gefährdet, bekommen Ei­gen­tü­me­r:in­nen keinen oder nur sehr teuren Versicherungsschutz, weil den Unternehmen das Risiko zu groß ist. Durch die Klimakrise wird die Zahl stark gefährdeter Gebäude wachsen, nicht sinken. Und: Tritt ein Schaden ein, können die Unternehmen den Vertrag kündigen. Das Klimakrisenrisiko wird so auf die Bür­ge­r:in­nen abgewälzt. Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen fordern deshalb eine bezahlbare Pflichtversicherung für Gebäude.

So könnten die Prämien bezahlbar bleiben, alle hätten Versicherungsschutz. Dieses Modell hat den Charme, sofort umsetzbar zu sein. Aber das grundsätzliche Problem, dass Bür­ge­r:in­nen die Klimakrise finanzieren müssen, würde bleiben. Gerechter wären neue Modelle der finanziellen Schadensvorsorge. Eine Möglichkeit: Die Ver­ur­sa­che­r:in­nen der Erderhitzung zahlen in einen Fonds Geld ein, mit dem die Folgenbewältigung bezahlt wird.

Denn langfristig müssen noch viel mehr Klimaschäden finanziert werden, etwa ausbleibende Ernten oder zerstörte Industriekomplexe.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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7 Kommentare

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  • Auch beim Gegenvorschlag zahlen die Beiträge die Bürger. Worin sollte also der Vorteil liegen?

    • @DiMa:

      Nicht ganz: wenn reiche Länder (mit hohem CO2-Ausstoß seit vielen Jahrzehnten) entsprechend mehr einzahlen als arme Länder (mit bislang fast keinem Ausstoß), zahlen global die Reichen. Nur eben - erst ab dieser Generation. Das lässt sich nicht mehr ändern.



      Aber wenn auch Firmen nach CO2-Abdruck zahlen müssen, dann werden große schwere Autos teurer, Fahrräder aber nicht, Kreuzfahrtschiffe baut einfach keiner mehr und Flüge kosten so viel, wie sie eben wirklich kosten.



      Aber ja: es wird alles teurer. Das hat aber einen einfachen Grund: wir bekommen hier im globalen Norden zurzeit und schon sehr lange alles viel zu billig, denn wir lassen die Natur, andere Menschen und zukünftige Generationen einen Großteil unserer Kosten tragen.



      Die Forderung nach einem Ausgleichsfonds ist deswegen eigentlich schlüssig. Er müsste nur eben so intelligent gestaltet sein, wie man es den aktuellen Gestaltern kaum zutrauen mag, und das ist das große Problem...

      • @Annette Thomas:

        So eine Schadensvorsorge ist immer eine nationale Angelegenheit. Andere Länder haben mit einer Versicherung unserer Häuser nichts zu tun.

        Und wenn irgendwelche Firmen in Anspruch genommen werden sollten, zahlen es am Ende eh nur die Kunden, ergo die Bürger.

  • Bisschen kurz in der Schlussfolgerung.



    "Eine Möglichkeit: Die Ver­ur­sa­che­r:in­nen der Erderhitzung zahlen in einen Fonds Geld ein"



    Wer sind denn die Verursacher?



    Norwegen, weil es das Erdölfeld freigegeben hat?



    Shell, weil es das Öl verkauft hat?



    Der Händler, weil er es transportiert hat?



    Jede::r, weil er/sie das Öl verbraucht hat?

    Und wenn alle, wie soll es aufgeteilt werden?



    Und wenn ja, wie lange rückwirkend?

    Oder gilt die auf allen Prozessen erhobene Steuerals Versicherungsprämie? Mit der Steuer hat der Staat das Produktions- und Verkaufsmodell auch anerkannt und davon profitiert.

    • @fly:

      Anthropogene Treibhausgasemissionen pro Kopf. Problem gelöst.

  • Alle sind Verursacher. Unternehmen stoßen bei der Produktion von Energie/Produkten/Dienstleistungen CO2 aus, aber wir alle kaufen die Produkte der Unternehmen, nutzen den Strom usw.

    • @gyakusou:

      Und wir alle, die wir auf Erdöl basierende Produkte in großem Stil nutzen, leben auf Kosten aller anderen. Seit vielen Jahrzehnten. Ergo: Ja, wir alle müssen zahlen, nämlich den Preis, den die Dinge wirklich haben - nicht den Preis abzüglich dessen, was wir auf Natur, zukünftige Generationen und andere Länder abwälzen.



      Sie haben also völlig recht - und der Artikel auch.