Finanzierung von Integrationskursen: Politik untergräbt Arbeitsaufnahme von Geflüchteten
Politiker*innen fordern von Migrant*innen, schnell Jobs zu finden. Integrationskurse helfen dabei, zeigt eine neue Studie. Doch die Kurse sind bedroht.
Die Autor*innen verglichen in ihrer Studie Geflüchtete, die Integrationskurse besucht hatten, mit solchen, die an sogenannten provisorischen, also kürzeren Sprachkursen teilgenommen hatten, und einer dritten Gruppe, die gar keinen Unterricht besucht hatte. Bei den Besucher*innen von Integrationskursen lag die Erwerbsquote später 12 Prozentpunkte höher als bei den anderen beiden Gruppen.
Damit bestätigt die Studie, was eigentlich auf der Hand liegt: Wer besser Deutsch kann und eine Einführung in die deutsche Gesellschaft bekommen hat, findet schneller eine Arbeit. Man sollte meinen, dass die Sprachkurse deshalb auch den deutschen Politiker*innen ein Anliegen sind. Schließlich postulieren Vertreter*innen sämtlicher Parteien immer wieder, dass Geflüchtete zu arbeiten haben.
CDU-Chef Friedrich Merz sagte etwa kürzlich über Syrer in Deutschland: „Zwei Drittel arbeiten nicht. Von denen können viele zurück und müssen viele zurück.“ Grünen-Vizekanzler Robert Habeck äußerte sich ähnlich. Und schon im Mai hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) gesagt: „Wir wünschen uns, dass diejenigen, die aus der Ukraine hier sind, soweit sie arbeitsfähig sind, jetzt auch arbeiten.“
Finanzierungslücke bleibt
In Anbetracht dessen ist es nicht nur paradox, sondern geradezu zynisch, dass die Finanzierung der Integrationskurse derzeit infrage steht. Ursprung der Probleme ist, dass die Ampelparteien in ihrem ersten Entwurf für einen Haushalt 2025 mit 500 Millionen Euro nur halb so viel Geld für die Kurse vorsahen wie bisher. Zwar wurde der Entwurf ohnehin nicht mehr beschlossen, doch die Finanzierungslücke bleibt.
Auch eine vage Vereinbarung zwischen Bundesfinanzministerium und dem Bundesinnenministerium, dass die Kurse weiter finanziert werden, ändert kaum etwas an der Unsicherheit für Träger und Sprachlehrer*innen. Und eine neue Bundesregierung könnte es womöglich bei den Einsparungen belassen.
Davor warnen die Autor*innen der Studie. Sie verweisen auch darauf, dass die Folgen nur schwer umzukehren sein dürften. Niklas Harder vom DeZIM-Institut sagt: „Wenn dort nun gekürzt werden soll, muss allen klar sein: Gute, über längere Zeit gewachsene Angebote lassen sich im Bedarfsfall nicht einfach so reaktivieren.“
Aktualisiert und ergänzt am 08.01.2025 um 14:40 Uhr. d. R.
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