Finanzierung rechter Privatmedien: Den Superreichen Paroli bieten
Milliardenschwere Unternehmer wie Frank Gotthardt versuchen, die mediale Berichterstattung nach rechts zu verschieben. Man sollte sie ignorieren.
Julian Reichelt, der unrühmlich geschasste Ex-Chefredakteur der Bild, sucht die deutsche Öffentlichkeit noch immer heim. Das kann er, weil er ein Onlineportal betreibt, Nius. Dahinter steckt ein Milliardenvermögen: Der Unternehmer Frank Gotthardt finanziert den Mist, mit dem unsere Agora in letzter Zeit geflutet wird. In einem Podcast aus seiner Heimatstadt Koblenz äußerte er sich jüngst ganz unverblümt. Er empfinde es als „staatsbürgerliche Pflicht“ gegen Medien, die seiner Ansicht nach zu weit nach links gewandert seien, eine Alternative zu finanzieren.
Was ist demokratisch daran, wenn nur eine Handvoll Superreicher darüber entscheiden sollten, worüber im Land gesprochen wird? Silvio Berlusconi hat schon in den 1990er Jahren vorgemacht, wie man sich mit boulevardesken Privatmedien Macht und Pfründen verschafft. In den USA und in Großbritannien hat Rupert Murdoch mit seinem Medienimperium um Fox News oder The Sun maßgeblich dazu beigetragen, die Politik dieser Länder zu polarisieren.
Dass die Reichen die Medien kontrollieren, um ihre Interessen durchzusetzen, war im Kapitalismus schon immer so. Am besten verhindert man, dass es Milliardäre überhaupt gibt, mit Vermögensabgaben und Erbschaftssteuern. Dass die Medienanstalt Berlin-Brandenburg Nius wegen möglicher Verstöße gegen die Medienethik unter die Lupe nimmt, ist jetzt ein Anfang.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte seine Aufgabe, den populistischen Privaten bei der Information und Meinungsbildung etwas entgegenzuhalten, stärker wahrnehmen. Die Krawallthemen von Nius und Co landen zu oft in den Talkshows öffentlicher Sendeanstalten. Murdochs Erfolg in Großbritannien war, dass Redakteur:innen der BBC seine Zeitungen gelesen und Themen übernommen haben.
Hierzulande haben die legacy press und noch viel mehr die öffentlichen Sender ein viel größeres Publikum als die rechten Kläffer, mögen die mit noch so viel Geld ausgestattet sein. Die Themen der Reichelts und Gotthardts kann man getrost ignorieren.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes konnte der Eindruck entstehen, der Unternehmer Frank Gotthardt habe die Formulierung „linksversiffte Medien“ gebraucht. Diese Worte hat er so nicht benutzt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Die entsprechende Stelle haben wir korrigiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste