Finanzexperte über MSV Duisburg: „Das Verfahren ist problematisch“

Der MSV Duisburg erhält keine Zweitliga-Lizenz. Der Sportfinanzexperte Marc Strauß kritisiert die Lizenzierung der Deutschen Fußball Liga.

„Aus eigener Kraft kann der MSV nichts mehr machen“, sagt der Sportfinanzexperte Marc Strauß von der Uni Saarbrücken. Bild: dpa

taz: Herr Strauß, der MSV Duisburg erhält keine Lizenz für Liga zwei. Kam die Entscheidung auch für Sie überraschend?

Marc Strauß: Teils, teils. Es war ja bekannt, dass der Verein von der Deutschen Fußball Liga (DFL) eine Liquiditätslücke berechnet bekommen hat. Daraufhin wurde die Bedingung gestellt, dass offenbar zwischen 2,5 und 3 Millionen Euro gedeckt werden sollten, um die Lizenz zu bekommen. Es ist jetzt aber schon überraschend, dass der MSV Duisburg sagt, die Bedingungen seien erfüllt worden, und die DFL zu einem anderen Schluss kommt.

Wie kann es sein, dass die Auffassungen so weit auseinander gehen? Zahlen lügen doch in der Regel nicht.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Liquiditätslücken zu schließen. Einmal über finanzielle Mittel, die auf ein Bankkonto der DFL eingezahlt werden, oder über Finanzierungszusagen von Banken. Da die Unterlagen offenbar rechtzeitig eingereicht wurden, kann es eigentlich nur sein, dass die Mittel insgesamt nicht ausreichend waren.

Viele Klubs sind in einer ähnlichen Lage wie der MSV. Sind die Auflagen der DFL in Liga zwei und drei so schwer zu erfüllen?

Die Auflagen sind ja allseits bekannt. Und sie sind auch nicht so schwer zu erfüllen. Der Fokus beim Lizenzierungsverfahren wird auf die Liquiditätsprüfung gelegt. Da gilt es, angemessen zu planen und das Budget einzuhalten. Es liegt wohl oft an mangelnder Planung und schlechtem Wirtschaften. Gerade in der Winterpause werden bei einem drohenden Abstieg oder einer Chance auf den Ausstieg noch Investitionen in Spielertransfers getätigt, die nicht im Plan enthalten waren – und so entsteht dann ein Verlust in der Bilanz. In der zweiten und dritten Liga ist es aber generell schwer für die Vereine, weil die TV-Gelder im Vergleich zur ersten Liga gering sind.

29, ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig am Zentrum für Bilanzierung und Prüfung an der Universität Saarbrücken, das die Zahlen von Profiklubs in Europa analysiert.

Fehlt da auch Expertise in den Geschäftsstellen der Klubs?

Es ist oftmals einfach so – und das ist ein Dilemma im gesamten Profisport –, dass die Leistung der Verantwortlichen in der Öffentlichkeit vor allem am sportlichen Erfolg gemessen wird. Um den zu erreichen, werden auch mal hohe wirtschaftliche Risiken eingegangen, die bei ausbleibendem sportlichen Erfolg schwere wirtschaftliche Folgen haben können.

Die deutschen Bundesligen gelten international als Vorbild für solides Wirtschaften. Ist das ein Trugbild?

Nein. Im Vergleich zu den anderen Top-5-Ligen steht Deutschland wirtschaftlich ganz klar besser dar. In Spanien stehen Real Madrid und der FC Barcelona natürlich sehr gut dar, aufgrund der enormen Umsätze. Aber danach geht die Schere extrem weit auseinander. Da geht es der Bundesliga schon besser, und das liegt auch an dem Lizenzierungsverfahren der DFL. Problematisch ist aber auch, dass hier fast nur die Liquiditätsprüfung für die kommende Saison zählt. Man sollte auch auf nationaler Ebene die Klubs – analog zum Financial-Fairplay-Konzept der Uefa – dazu verpflichten, nicht über ihre Verhältnisse zu leben, also Erträge und Ausgaben im Einklang zu halten.

Was kann der MSV Duisburg jetzt noch tun?

Aus eigener Kraft kann der MSV nichts mehr machen. Sie haben jetzt innerhalb einer Woche die Möglichkeit, das ständige Schiedsgericht anzurufen. Das entscheidet aber lediglich darüber, ob die Entscheidung der DFL rechtmäßig war. Sie können nicht mehr nachbessern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.