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Filmfestspiele von VenedigDressierte Hunde, geölte Motoren

Lidokino 4: Bei den Filmfestspielen von Venedig betreten Penelope Cruz und Adam Driver die Bühne. Derweil gibt es Überraschungen bei der Berlinale.

Katya Zvereva (r.) und Caleb Landry Jones, der Hauptdarsteller von Luc Bessons „Dogman“ Foto: Yara Nardi/reuters

E in paar Stars aus Hollywood sind also doch auf dem Lido dabei: Adam Driver, der die Titelrolle in Michael Manns „Ferrari“ spielt, und Caleb Landry Jones, der Hauptdarsteller von Luc Bessons „Dogman“, erschienen, nach einigem Hin und Her, zu den Premieren dieser Wettbewerbsfilme auf dem roten Teppich. Damit läuft der Betrieb bei der 80. Ausgabe der Mostra einigermaßen normal.

Was man von der Berlinale nicht gerade sagen kann. Nachdem im Frühjahr bekannt geworden war, dass die Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek nach 2024 ausscheidet, und im Juli gemeldet wurde, dass die Berlinale sparen muss, weshalb es in Zukunft rund ein Drittel weniger Filme gibt, die Perspektive Deutsches Kino als eigenständige Sektion aufgelöst und die „Berlinale Series“ komplett gestrichen wird, kam am Donnerstag die nächste Überraschung: Auf die Doppelspitze, die vor vier Jahren für die Berlinale-Leitung eingeführt wurde, folgt wieder eine Einpersonenlösung.

Gegen Ende der Ära des vorherigen Leiters Dieter Kosslick gab es ausdrückliche Forderungen nach einer Trennung von Geschäftsführung und künstlerischer Leitung, jetzt heißt es anscheinend Kommando zurück.

Wie der offiziellen Mitteilung des Festivals zu entnehmen ist, wird der bisherige künstlerische Leiter Carlo Chatrian diese Aufgabe, bei der alles, so Kulturstaatsministerin Claudia Roth, „in einer Hand liegen“ soll, nicht übernehmen.

Trennen statt vereinen

Manchmal ist es besser, die Aufgaben zu trennen. Manchmal kann dies auch neue Schwierigkeiten bereiten. Von solchen Komplikationen erzählt „Ferrari“, in dem man einer handfesten Ehekrise der Firmeninhaber Enzo (Adam Driver) und Laura Ferrari (Penelope Cruz) beiwohnen kann.

Er nimmt seine ehelichen Pflichten nicht sonderlich ernst, sie setzt ihm mit finanziellen Forderungen zu. Was ungelegen kommt, da das Unternehmen Verluste macht und Gefahr läuft pleitezugehen. Besonders die Erfolge des Konkurrenten Maserati machen dem passionierten ehemaligen Rennfahrer Ferrari zu schaffen. Man schreibt das Jahr 1957.

Michael Mann schaltet zwei Leidenschaften, die auf Kollisionskurs zu geraten drohen, gern mit Gegenschnitten nebeneinander: rasende rote Formel-1-Fahrzeuge auf Teststrecken hier, häusliche Szenen von eigener Brisanz da.

Tücken der Buchhaltung

Dramatischer Höhepunkt des Films ist eine Szene, in der Laura Ferrari bei einem Bankbesuch in den Konten zufällig auf einen ihr bisher unbekannten Immobilienbesitz stößt und so von einer Geliebten ihres Mannes erfährt, mit der er einen Sohn hat. Zusätzlich brisant macht die Sache, dass der eigene Sohn der Ferraris ein Jahr vor Beginn der Handlung an einer Krankheit starb.

Aus diesen Elementen gestaltet Mann eine Geschichte, die durch Tempo und gut gezeichnete Hauptfiguren überzeugt. Mit ein paar ­Abstrichen, da sie Laura Ferrari etwas stark auf die Rolle der eifersüchtigen Ehefrau begrenzt.

Und Enzo Ferrari wird zwar als Mann mit Schwächen gezeigt, man gewinnt beim Drehbuch jedoch den Eindruck, dass so etwas wie Verständnis für die doppelte Fami­lien­führung dieses temperamentvollen Mannes durchscheint.

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Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
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