Berlinale streicht Serien-Programm: Radikal reduziert

Sparzwang! Die Berlinale schafft die „Berlinale Series“ und „Perspektive Deutsches Kino“ ab. Die Belegschaft ist wenig begeistert.

Das Kino Zoopalast in Berlin. Das gebäude ist rot angeleuchtet. Es ist dunkel.

Im Berliner Zoopalast lief die „Berlinale Series“ Foto: Paul Langrock/Agentur Zenit

Alles begann mit der internationalen Premiere von „Better Call Saul“, der Serie über den erfolglosen und schlecht verdienenden Rechtsanwalt Saul Goodmann. Es folgten Premieren deutscher Großproduktionen wie „Bad Banks“ oder wie in diesem Jahr „Der Schwarm“. Doch das besondere an der Serien-Programmreihe der Berlinale waren nie die großen Hits, sondern kleinere internationale Produktionen, die so nie auf dem deutschen Markt gelandet sind.

Mit der Einführung der „Berlinale Series“ 2015, war die Berlinale das erste A-Festival mit einer eigenen Serien-Programmreihe. In Berlin hatte man verstanden, dass die Sehgewohnheiten des Publikums sich verändert haben und Serien Filmen in nichts nachstehen.

Doch damit ist nun Schluss, denn die „Berlinale Series“ wird ab 2024 abgeschafft. Das ist ein Teil einer strukturellen Umstrukturierungen, die die Geschäftsführerin Mariëtte Rissenbeek und der künstlerische Leiter Carlo Chatrian am Dienstag bekannt gaben.

Auch die Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ wird eingestellt. Deutsche Nachwuchsfilme und serielle Formate sollen in bestehenden Sektionen weiterhin gezeigt werden. Die Anzahl der Filme insgesamt soll allerdings radikal gekürzt werden. Künftig sollen rund 200 Filme gezeigt werden, in diesem Jahr waren es 287, vor nicht all zu langer Zeit waren es noch 400.

Hinter den Sparmaßnahmen stecken keine Budgetkürzungen, sondern generelle Kostensteigerung in der Veranstaltungsbranche. Zudem hatte der Spiegel schon am vergangenen Wochenende berichtet, dass Kulturministerin Claudia Roth (Grüne) dem Festival ein indirektes Sparprogramm aufgelegt hatte, in dem es keine so großen Zuschüsse wie im vergangenen Jahr geben werde.

Suboptimale Arbeitsbedingungen

Schon seit Langem gibt es die Kritik, die Berlinale sei mit seinem großen Angebot und den vielzähligen Sektionen unübersichtlich geworden. Doch die jetzigen Sparmaßnahmen und Umstrukturierungen sind hart und stoßen auch bei Teilen der Belegschaft auf Kritik.

In einer schriftlichen Erfassung der Stimmungslage der Mitarbeiter_innenschaft der Berlinale, die der taz vorliegt, heißt es: „Die Zukunft des Festivals erscheint gerade komplett richtungs- und planlos, es fühlt sich an wie die letzten Stunden auf der „Titanic“ mit hoffnungslos überforderten Kapitän*innen, die nicht genau wissen, wo die Rettungsboote zu finden sind.“ In dem Schreiben werden dann recht ausführlich suboptimale und prekäre Arbeitsbedingungen, fehlende Transparenz im Zuge der Umstrukturierungen sowie fehlendes Vertrauen in die Führungsqualitäten der Leitung kritisiert.

Auch der taz erzählen Mitarbeiter_innen des Festivals von Misstrauen gegenüber Rissenbeek und Chatrian. Es sei keine klare Vision für das Berliner Festival von der Doppelspitze erkennbar. Lange wird es die auch nicht mehr geben. Chatrians Vertrag läuft im März 2024 aus. Ebenso der der Niederländerin Rissenbeek. Die hat schon im März bekannt gegeben, ihren Vertrag nicht zu verlängern. Ob ihre Stelle nachbesetzt oder auch hier gespart wird, ist nicht bekannt.

Grund zur Zuversicht?

Klar ist jedoch schon jetzt, dass die Umstrukturierungen einen starken Einfluss auf das Festival haben werden. Mit dem Ende der „Berlinale Series“ geht der Berlinale eine Programmreihe verloren, mit der sie sich von anderen Festivals abgehoben hat.

Der Berlinale Series Market für das Fachpublikum soll weiter bestehen, doch die Anzahl der vorgeführten Serien werde reduziert und auch der erst 2023 eingeführte Serien Award, der dem Sechsteiler über den Kampf gegen die ’Ndrangheta „Good Mothers“ verliehen wurde, wird wieder abgeschafft.

Chatrian, der die Auswahl der seriellen Formate künftig mit Unterstützung eines Auswahlgremiums selbst übernehmen wird, betont auf Nachfrage der taz sein Interesse für episodische Formate. „Mit der Präsentation von Serien als Berlinale Special Gala können außergewöhnliche Serien noch stärker ins Rampenlicht gerückt werden.“ Das klingt erst einmal zuversichtlich, doch wenn es kurz darauf heißt „Die Berlinale wird sicher auch weiterhin ein Ort für außergewöhnliche Serien bleiben“, lässt das auch Raum für Zweifel.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.