Film „Das Schwarze Quadrat“: Kunstraub mit Bowie und Elvis
Lustiges Stehlen, Fälschen und Morden auf dem Kreuzfahrtschiff: Peter Meisters Komödie „Das Schwarze Quadrat“ ist hochkomisch und zugleich klug.
Was passiert, wenn jemand als David-Bowie-Imitator auf eine Bühne geschoben wird, der aber gar keine Ahnung hat, wer der „Thin White Duke“ überhaupt war? Und wie kommt es dazu, dass das Gemälde „Das Schwarze Quadrat“ von Kasimir Malewitsch ein wenig nach Urin stinkt? „Je größer die Fallhöhe, desto besser die Pointe“ ist ein Merksatz des Komödienschreibens.
Peter Meister setzt mit den Pop-Legenden Bowie und Elvis sowie einer der berühmtesten Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts sehr hoch an. Dass sein Langfilmdebüt „Das Schwarze Quadrat“ dann vor allem auf einem Kreuzfahrtschiff spielt und seine Filmfiguren kleine Gauner*innen, Verlierer*innen und Gernegroße sind, bestätigt nur, wie gut er diesem Grundprinzip des komischen Kinos hier gefolgt ist.
Nur die ersten paar Minuten des Films spielen an Land, genauer: in Hamburg. Dort soll das gestohlene Gemälde auf ein Kreuzfahrtschiff geschmuggelt werden. Dies gelingt den beiden Dieben Vincent und Nils zwar, denn der Zollbeamte hält die monochrom bemalte Leinwand für eine Kinderkleckserei. Aber da beide ohne Pässe und Tickets vor dem Check-in-Counter stehen, überfallen sie schnell zwei andere Passagiere und gehen mit deren Papieren aufs Schiff. Diese sind nun ausgerechnet als Bord-Entertainer angestellt. Und so kommt es zu dem katastrophalen und deshalb sehr komischen Pseudo-Bowie-Auftritt.
Denn die beiden sind alles andere als kompetente Profi-Schurken, und so kann Peter Meister mit einem anderen Rezept des erfolgreichen Komödienschreibens arbeiten, dem „Alles geht schief“. Schnell wissen gleich vier Mitglieder des Bordpersonals von dem gestohlenen Bild, das dann auch prompt noch einmal (und noch einmal) gestohlen wird, sodass Vincent, der ein gescheiterter Künstler ist, gleich zwei Fälschungen vom „Schwarzen Quadrat“ malt, während an Bord immer hektischer gelogen, gefesselt und gemordet wird.
Weniger Geld, mehr Lacher
Die drei Bilder werden so oft versteckt, geklaut, ausgetauscht und verwechselt wie die roten Koffer in Peter Bogdanovichs „Is was, Doc?“ – und amerikanische Screwball-Komödien wie diese sind offensichtlich Peter Meisters wichtigste Inspiration. Auch bei ihm sind alle Filmfiguren skurrile Charaktere, die unbeholfen durch die Handlung stolpern und mit ihrer naiven Gier eher liebenswert als wirklich böse sind. Dabei kommt es dann vor allem auf möglichst absurde Situationen und komische Dialoge an. Auf beiden Ebenen entpuppt sich Peter Meister, der auch das Drehbuch schrieb, als ein talentierter Komödienregisseur.
Auch bei der Besetzung hat er einen guten Riecher: Bernhard Schütz als der gescheiterte Künstler und Kunstdieb Vincent (!) und Jacob Matschenz als sein junger und naiver Komplize Nils gelingt es, sich ständig zu Narren zu machen – und dennoch keine Witzfiguren zu werden. Und Sandra Hüller gibt als Killerin mit der Pistole in der Hand wie schon in „Toni Erdmann“ eine vermeintlich hochprofessionelle Karrierefrau, der man/frau gern dabei zuschaut, wie sie langsam die Fassung verliert.
Auch die Subtexte machen diesen Film interessant. Denn nebenbei erzählt Meister hier klug vom Kunstmarkt, Original und Fälschung, Hoch- und Populärkultur sowie dem Soziotop Kreuzfahrtschiff.
„Das Schwarze Quadrat“: Peter Meister (R), Deutschland 2021; der Film läuft seit 25. 11. in vielen Kinos
„Das Schwarze Quadrat“ ist im Vergleich zu seinen amerikanischen Vorbildern oder etwa den Komödien von Til Schweiger eine Low-Budget-Produktion, aber auch hier gilt eine Hollywood-Maxime: „Mehr Geld gleich weniger Lacher“.
Nur an einer Stelle merkt man, dass Peter Meister sich einen besseren Gag nicht leisten konnte: Wenn Bernhard Schütz als Vincent versucht, einen Song von David Bowie zu singen, dann ist dies keiner von dessen Hits, weil die Rechte für Bowies Kompositionen zu teuer gewesen wären. Stattdessen brummelt er das eher unbekannte „It Ain’t Easy“, eines der wenigen Lieder, die David Bowie zwar (auf dem Ziggy-Stardust-Album) gesungen, aber nicht geschrieben hat. Der Lacher wäre viel großer gewesen, wenn er sich etwa an „Heroes“ vergangen hätte.
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