Festnahmen in Baku: Aserbaidschan wird immer gefährlicher für Journalisten
Den Mitarbeitern von Meydan TV wird vorgeworfen, illegale Devisen einzuführen. Doch es zeigt nur die zunehmende Repression gegen unabhängige Medien.
Erneut sind in Aserbaidschan Journalisten unabhängiger Medien verhaftet worden. Am Freitag wurde der Journalist Ramin Jabrayilzade (auch bekannt als Ramin Deko) bei seiner Ankunft aus dem benachbarten Georgien, wo er über die proeuropäischen Proteste berichtet hatte, am Flughafen von Baku festgenommen. Ungefähr zur selben Zeit wurden in Baku die Journalisten Natig Javadli, Khayala Aghayeva, Aytaj Tapdig, Aynur Elgunesh und Aysel Umudova festgenommen.
Sie arbeiten für das in Berlin ansässige unabhängige aserbaidschanische Medienunternehmen Meydan TV. Sie werden beschuldigt, illegal Devisen in das Land eingeführt zu haben. Dies berichtet das Internationale Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) unter Berufung auf eine Erklärung von Meydan TV und dem Chefredakteur des in Baku ansässigen Medienmagazins Argument.az Shamshad Agha.
Außerdem fanden nach Angaben der Redaktion von Meydan TV in mehreren Wohnungen der beschuldigten Journalisten Hausdurchsuchungen statt. Die Festnahme der Journalisten war nur zwei Tage nach der Verhaftung des Menschenrechtlers Rufat Safarow erfolgt.
Das aserbaidschanische Innenministerium bestätigte die Festnahmen. Es seien Ermittlungen wegen einer Einfuhr illegaler Devisen im Gange. Meydan TV wies in der Erklärung alle Anschuldigungen zurück und bezeichnete die Festnahme und das Verhör der Journalisten als „illegal“.
Derzeit befinden sich nach Angaben des CPJ in Aserbaidschan 13 Journalisten in Untersuchungshaft. Sie sind Opfer einer Gesetzgebung, die unabhängiges journalistisches Arbeiten in Aserbaidschan weitgehend unmöglich macht.
Jeden Tag Dissidenten verhaftet
Begonnen hatten die Einschränkungen der Freiheit von Medien und Nichtregierungsorganisationen 2014 mit dem Gesetz zu Stiftungsgeldern. Nun mussten alle Nichtregierungsorganisationen Gelder von ausländischen Stiftungen vom aserbaidschanischen Justizministerium genehmigen lassen. Infolge dieses Gesetzes haben viele internationale Organisationen und Stiftungen ihre Büros in Baku geschlossen.
2022 verbot ein weiteres Gesetz Journalisten, Gelder aus dem Ausland anzunehmen. Wer es trotzdem macht, läuft Gefahr, wegen Devisenschmuggel angeklagt zu werden.
Das ist der Vorwurf gegen die sechs Journalisten. Ein solches Vergehen könnte bis zu acht Jahre Gefängnisstrafe nach sich ziehen. Offensichtlich wollen die Machthaber mit den jüngsten Verhaftungen ein warnendes Zeichen gegenüber anderen Journalisten setzen, glaubt Eldar Sejnalow, Direktor des aserbaidschanischen Menschenrechtszentrums, gegenüber der BBC.
„Während in Syrien nach dem Sturz des Diktators die Menschen jubeln, werden in Aserbaidschan auf Anordnung eines anderen nicht jede Woche, sondern jeden Tag Dissidenten verhaftet“, kommentiert der im niederländischen Exil lebende Arif Yunusov auf seiner Facebook-Seite. Gegenüber der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Turan vergleicht der Historiker Jamil Gasanli die massenhafte Verhaftung von Journalisten mit Stalins Verfolgungen 1937.
Der russische Dienst von BBC spricht von aktuell 300 politischen Gefangenen in Aserbaidschan. So viele, so der BBC, habe es bisher unter Präsident Ilham Alijew noch nie gegeben.
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