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Festnahme von BuchhändlernRazzia in Jerusalemer Buchhandlung

Die israelische Polizei nimmt zwei palästinensische Besitzer fest. Stein des Anstoßes: Ein Malbuch mit dem Slogan „From the river to the sea“.

Die inhaftierten Buchhändler Ahmad und Mahmoud Muna Foto: Mahmoud Illean/ap

Jerusalem taz | Israelische Polizisten haben zwei bekannte palästinensischen Buchläden in Jerusalem durchsucht und deren Betreiber festgenommen. Ahmed und Mahmoud Muna – Vater und Sohn – wurden am Montag in Jerusalem vor Gericht vorgeführt. Das Gericht verlängerte ihre Untersuchungshaft bis Dienstag. Menschenrechtsgruppen und die Familie der Festgenommenen sprachen von einer Kam­pagne gegen freie Meinungsäußerung und palästinensisches Kulturleben.

Murad Muna, Bruder und Onkel der Festgenommenen, steht am Montag im Flur vor dem Gerichtssaal und zeigt Bilder von auf den Boden geworfenen Büchern. Aufnahmen von Sicherheitskameras zeigen Polizisten, die am Sonntag die Bücherregale von zwei der drei Filialen der Familie durchsuchen. „Sie haben schlicht alles konfisziert, worauf die palästinensische Flagge oder das Wort Palästina zu sehen war“, sagt er – darunter auch eine Ausgabe der israelischen Zeitung Haaretz.

Mahmoud und Ahmed wurden laut einer Mitteilung der Polizei festgenommen, weil sie Bücher verkauft haben sollen, in denen gehetzt und Terrorismus unterstützt worden sei. Vor Gericht wurde der Vorwurf dann in „Störung der öffentlichen Ordnung“ geändert. Die Beweislage scheint zunächst dünn: Das einzige Foto, das die Jerusalemer Polizei zusammen mit den Vorwürfen gegen die Betreiber veröffentlichte, zeigt ein Kindermalbuch. Der Titel lautet „From the River to the Sea“. Unter Palästinensern wie Israelis wird dieser Slogan als Bezeichnungen für das Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer verwendet. Je nach Kontext kann er als Aufruf zur Zerstörung Israels ausgelegt werden.

Die Familie Muna betreibt seit 1984 insgesamt drei auch bei internationalen Besuchern bekannte Buchläden in Ostjerusalem, zwei auf der Salah-el-Din-Straße und einen auf dem Gelände eines bekannten Hotels. „Ich denke, es ist ein politischer Schritt“, sagte Murad. „Die meisten unserer Bücher gibt es auch im Buchladen der Hebräischen Universität oder online, wir verkaufen auch zahlreiche israelische Autoren.“ Keines ihrer Bücher rufe zu Gewalt auf. Die Behörden würden schlicht „alles unterbinden, was palästinensisches Leid und palästinensische Kultur zeigt.“

Harte Maßnahmen gegen Palästinenser

Seit dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 gehen israelische Sicherheitsbehörden hart gegen Palästinenser vor, einschließlich gegen solche, die die israelische Staatsbürgerschaft haben. Hunderte Menschen wurden wegen Onlineposts zu Haftstrafen verurteilt, Filmvorführungen verboten und Demonstrationen untersagt.

Zum Gerichtstermin erschienen auch zahlreiche Mitarbeiter diplomatischer Vertretungen, unter anderem aus Frankreich, Schweden, der Schweiz und Großbritannien. „Wir haben bereits viel gesehen, aber Razzien gegen palästinensische Buchläden sind ein neuer Tiefpunkt“, sagte ein Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Der Deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, schrieb bei X, er sei „besorgt“. Er kenne die Muna-Familie „als friedliebende stolze Jerusalemer Palästinenser, offen für Diskussion und intellektuellen Austausch“.

Vor dem Eingang zum Gericht versammelten sich am Montag Dutzende Demonstranten und Unterstützer der Familie. Die Buchhandlung und ihre Betreiber seien „ein wichtiger Teil der gemeinsamen Zukunft, die wir uns für Jerusalem wünschen“, schrieb die Gruppe. Murad Muna machte sich nach dem Gerichtstermin auf den Weg zur Salah-al-Din-Straße: „Wieder aufzumachen ist das Beste, was wir tun können“, sagte er gegenüber der taz.

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