piwik no script img

Falschangaben von Trump-AnwaltKistenweise Geheimdokumente

Mindestens ei­ne*r von Donald Trumps An­wäl­t*in­nen hat falsche Angaben über die angebliche Rückgabe von Dokumenten gemacht. Für Trump wird es eng.

Da stimmt was nicht: Die Liste der beschlagnahmten Dokumente passt nicht zu Trumps Angaben Foto: Jim Bourg / reuters

Berlin taz | Da können Donald Trump und seine republikanischen Parteifreunde und Un­ter­stüt­ze­r*in­nen noch so laut „Hexenjagd“ rufen und FBI und Justizministerium politische Motive unterstellen: Was bei der Durchsuchung seines Anwesens Mar-a-Lago in Florida am vergangenen Montag gesucht und gefunden wurde, bringt den Ex-Präsidenten in eine juristisch ausgesprochen missliche Lage.

Bis zum vergangenen Freitag war in der Öffentlichkeit unklar, was genau die FBI-Agenten in Trumps Privatsitz, den er während seiner Präsidentschaft auch immer wieder als Arbeitssitz genutzt hatte, eigentlich hatten finden wollen. Am Freitag nun veröffentlichte US-Justizminister Merrick Garland den von ihm persönlich gebilligten Durchsuchungsbeschluss. Daraus geht klar hervor, dass es die Er­mitt­le­r*in­nen auf als geheim eingestufte Dokumente unterschiedlicher Sicherheitsstufen abgesehen hatten, die der ehemalige Präsident nach dem Ende seiner Amtszeit überhaupt nicht mehr hätte in seinem Besitz haben dürfen.

Und laut der ebenfalls veröffentlichten Liste des in Mar-a-Lago beschlagnahmten Materials fanden die Er­mitt­le­r*in­nen auch genau das: Diverse als „geheim“, „streng geheim“ oder „vertraulich“ eingestufte Dokumente – allesamt also solche, die, wenn veröffentlicht oder in den falschen Händen, ein Risiko für die Sicherheit der USA darstellen.

Laut New York Times kommt für Trump noch erschwerend hinzu, dass im Juni mindestens eine Anwältin oder ein Anwalt im Dienste Trumps den Behörden versichert haben soll, dass sich keine weiteren Dokumente mehr in Mar-a-Lago befunden hätten – angesichts der beschlagnahmten Dokumente wäre das eine klare Lüge.

Noch keine Anklage erhoben

Denn schon seit geraumer Zeit ist das Nationalarchiv – wohin nach dem Ende einer Präsidentschaft alle Aufzeichnungen und Dokumente gehen – mit Trump und seinen Anwälten im Kontakt über fehlende Unterlagen. Zunächst 15 Kisten waren schon vor Monaten übergeben worden, mit der Behauptung, weiteres sei nicht vorhanden.

Unklar ist, ob die Durchsuchung ausschließlich der Wiederbeschaffung der Dokumente galt oder ob nun auch strafrechtlich gegen Trump ermittelt wird. Nach Expertenaussagen stehen verschiedene Straftatbestände in Betracht bis hin zum Verstoß gegen das Spionagegesetz. Bei voller Verurteilung könnten Trump viele Jahre Gefängnis drohen.

Aber noch ist keine Anklage gegen ihn erhoben worden – und er selbst wähnt sich im Recht: Habe es doch in seiner Kompetenz als Präsident gelegen, als geheim eingestufte Dokumente zu deklassifizieren – das habe er mündlich getan und habe sie dann einfach mitnehmen dürfen.

Das entspricht nicht den Tatsachen: Zwar hat ein Präsident die Befugnis, Dokumente freizugeben, aber dabei muss er genau festgelegten Regularien folgen. Eine einfache mündliche Ansage reicht nicht – nach dem Ausscheiden aus dem Amt ohnehin nicht mehr.

Rhetorik trägt Früchte

All diesen Vorhalten zum Trotz wetterte Trump weiter öffentlich gegen Justizministerium und FBI. Er sei ein Märtyrer und im Recht, und wer im Recht sei, werde am Ende gewinnen. Dabei kann Trump auf die Unterstützung fast aller wichtigen republikanischen Amtsträger und des gesamten konservativen Medienapparates zählen.

Auf die konkreten Vorwürfe und die Liste der gefundenen Materialien gehen diese Medien nicht weiter ein. Stattdessen werden stets neue, sich verselbstständigende Gerüchte in die Welt gesetzt: Bei einem Interview mit dem Sender Fox News etwa behauptete der Moderator Jesse Watters, das FBI habe die „sogenannten Beweise“ vermutlich selbst mitgebracht, um sie dann bei der Durchsuchung zu „finden“. Es sei schließlich bekannt, was für ein korrupter und parteipolitisch motivierter Haufen das FBI sei. Der Interviewte republikanische Senator Lindsay Graham aus South Carolina, selbst Mitglied des Justizausschusses, widersprach mit keinem Wort.

Diese Rhetorik trägt Früchte: Bereits am vergangenen Donnerstag hatte ein Mann versucht, bewaffnet in ein FBI-Büro in Cincinnati im Bundesstaat Ohio einzudringen. Am Samstag versammelten sich Dutzende schwer bewaffnete Trump-Anhänger*innen vor einem FBI-Büro in Phoenix, Arizona.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Das fiese ist: hier fallen dem FBI alle Beweisfälschungen auf die Füße, die seit Jahrzehnten von Linken bei der Polizei beklagt werden — und die Rechtsextremen nutzen das jetzt für sich.

    Schlechte Arbeit der Polizei — egal gegen wen — nutzt immer den Feinden des Rechtsstaates.

  • Daraus geht klar hervor, dass es die Er­mitt­le­r*in­nen auf als geheim eingestufte Dokumente unterschiedlicher Sicherheitsstufen abgesehen hatten, die der ehemalige Präsident nach dem Ende seiner Amtszeit überhaupt nicht mehr hätte in seinem Besitz haben dürfen.



    ---



    Mhmmm, da DT noch fest daran glaubt, das ER immer noch Persildent ist, Biden die Wahl gestohlen hat, wird ER wohl versuchen, sich damit heraus zu reden!



    Er der Persildent darf solche Dokumente besitzen & lagern!



    Rechtsirrtum, kann ja mal vorkommen! :-(



    Und SO wie das U-SAmericanische Rechtssystem funktioniert, mit "unabhängigen, unvoreingenommenen" Geschworenen, könnte er sogar damit durchkommen! :-((



    .



    Wenn's anders ausgeht ist es "politisch Justiz" = Hexenjagd!



    .



    Mach mir ziemliche Sorgen um den demokratischen Rechtsstaat in U-SA! Auch hier scheine zu VIELE so was ähnliches wie o.a. über /von DT zu "glauben"!



    .



    Fazit: Poor america! :-((

  • Dass bei FOCUS, Welt, BILD, FAZ und wie sie alle heißen, Trump immer noch viel Zuspruch bekommt, geschenkt. Dass manche in der taz immer noch glauben, er komme mit seinen zig Tausend Lügen davon, das ist schon sehr schwer auszuhalten. Die glauben sicher auch, dass Lindner mit seiner "Gratismentalität" durchkommt.

  • ... ziemlich keine Person mehr, die noch halbwegs bei klarem Verstand ist....

    Na, da hoffen wir mal, dass in den USA noch genug davon vorhanden sind.

  • Bin vermutlich zu naiv / doof. Ich verstehe nicht, dass der Schiebedachfrisur-Honk immer noch frei rumläuft. Laufen darf.

    • @Anidni :

      Naja, als Präsi haben sie ja jede erdenkliche Möglichkeit Dinge zu vertuschen.

      Und bis Das dann aufgedeckt ist, vergeht halt einige Zeit.

    • @Anidni :

      Vermutlich weil er seine Hörigen inzwischen dermassen aufgestachelt hat, dass eine Einbuchtung des Messias zu Bürgerkrieg und Zusammenbruch der USA führen würde.

  • schade an der Geschichte ist, dass seine Anhänger gar keine Demokratie wollen. Sie wollen den starken Führer, der darf für deren guter Sache - eine totalitäre USA, alles tun. Und es ist nur billig, dass ER die Hand am roten Knopf hat...

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    “As the Story itself, it was entitled “The Dancing Fool”. Like so many Trout stories, it was about a tragic failure to communicate.



    Here was the plot: A flying saucer creature named Zog arrived on Earth to explain how wars could be prevented and how cancer could be cured. He brought the information from Mar[-a-La]go, a planet where the natives conversed by means of farts and tap dancing.



    Zog landed at night in Connecticut. He had no sooner touched down than he saw a house on fire. He rushed into the house, farting and tap dancing, warning the people about the terrible danger they were in. The head of he house brained Zog with a golfclub.”



    [….]And Trout made up a new novel while he sat ther. It was about an Earthling astronaut who arrived on a Planet where all the animal and plant life had been killed by pollution except for humanoids. The humanoids ate food made from petroleum and coal.



    They gave a feast for the astronaut, whose name was Don. The food was terrible. The big topic of conversation was censorship. [….] They asked Don if dirty movies were a problem on Earth, too, and Don said, “Yes”. They asked him if the movies were really dirty, and Don replied, “As dirty as movies cold get.”



    (aus Kurt Vonnegut “Breakfast Of Champions”)

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Küsschen! :-*

  • Trump und seine Entourage hätten ohne mit der Wimper zu zucken Europa an die Russen verkauft.



    Die EU sollte diese Leute zu unerwünschten Personen erklären und ihnen die Einreise in die EU untersagen!

    • @Thomas Rausch:

      Hätten? Haben sie das nicht — dann aber ihre Seite des Deals nicht einhalten können, weil Trump abgewählt wurde?

  • Trump wird sich auch aus dieser Geschichte irgendwie rauswinden können und schaden wird es ihm nicht.

    • @gyakusou:

      Nö, bei Top Secret/SCI hat der Spaß schon lange aufgehört.

      Das sind Akten über die technischen Spezifikationen von Nuklearwaffen, über geheime/illegale/verdeckte Operationen, "schwarze" Rüstungsprojekte, Agententätigkeit in befreundeten und anderen Staaten, usw.



      Dokumente, deren bloße Existenz im Ernstfall meineidig abgeleugnet werden muss. Die noch nicht einmal aus der zuständigen Behörde in eine andere überführt werden dürfen.

      Die bloße Anwesenheit solcher Dokumente in Mar-a-Lago ist ausreichender Beweis für einen Verstoß gegen 18 U.S. Code § 793(f), *mindestens*.

      Ja, Trumps Anhänger werden behaupten, der "Deep State" hätte ihrem Führer kistenweise Geheimdokumente untergejubelt. Aber was diese Bekloppten glauben, interessiert so ziemlich keine Person mehr, die noch halbwegs bei klarem Verstand ist.

  • Und das Schlimme ist: es wird ihm nicht schaden und auch zu keinem Umdenken bei seinen Anhängern führen. Das wird einfach ins Narrativ vom Deep State eingearbeitet, der sich gegen die Aufrechten zur Wehr setzt.

    • @metalhead86:

      Ich denke nicht das Trump ungeschoren davon kommt. Trump als Putins Mann wird möglicherweise wegen Hochverrat zur Rechenschaft gezogen. Wäre Trump nämlich erfolgreich gewesen hätte das die Sicherheit durch Abspaltung der EU massiv gefährdet. Im Zusammenhang gedacht wird die EU dringend als Verbündeter gebraucht sonst fliegt der ganze Laden auch für die USA in die Luft, auch und gerade wegen China.