Fall Oury Jalloh: Neue Ermittlungen zur Todesursache
Wie starb der Asylbewerber Oury Jalloh? Seit Jahren gibt sein Tod in einer Polizeizelle Rätsel auf. Ein Polizist wurde verurteilt. Nun gibt es neue Ermittlungen.
DESSAU-ROSSLAU dpa | Neun Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle hat die Staatsanwaltschaft ein neues Ermittlungsverfahren zur Klärung der Todesursache eingeleitet. Dabei soll herausgefunden werden, wodurch das Feuer am 7. Januar 2005 in der Zelle genau ausbrach und Jalloh letztlich ums Leben kam. Dies geht aus einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau vom Donnerstag hervor.
Bisher gingen die Ermittler davon aus, dass der Asylbewerber das Feuer selbst gelegt hatte. Laut Obduktion starb er an einem Hitzeschock. Der Mann war an Händen und Füßen gefesselt und lag auf einer Schaumstoffmatratze in der Gewahrsamszelle.
Das Gutachten einer Initiative zum Gedenken an Jalloh hatte die neuen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ins Rollen gebracht. Laut Staatsanwaltschaft wurden keine Rückstände von Brandbeschleunigern im Bauschutt der Zelle gefunden. Die Initiative geht seit Jahren von einer Mordthese aus.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gab es bei der Obduktion von Jalloh auch Spuren von Zyanid. Das Gift entsteht zum Beispiel beim Verbrennen von Kunststoff. Es müsse geprüft werden, welchen Einfluss das Zyanid hatte und „ob sich daraus Zweifel an der bisher angenommenen Todesursache ergeben“, hieß es in der Mitteilung.
Im Dezember 2012 war nach einem langen Prozess ein Dessauer Polizist wegen fahrlässiger Tötung vom Landgericht Magdeburg zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt worden, weil er Jallohs Gewahrsamszelle nicht ausreichend überwacht hatte. Zuvor hatte sich das Landgericht Dessau mit dem Fall Jalloh befasst und diesen Polizisten im Dezember 2008 wie auch einen zweiten angeklagten Beamten freigesprochen.
Jalloh war in Gewahrsam genommen worden, weil er Frauen bei der Arbeit im Stadtgebiet belästigt haben soll. Laut einem rechtsmedizinischen Gutachten war er betrunken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen